Michael allein zu Haus – mit dem allerbestesten Musikspiel aller Zeiten

Draußen hämmern Sonnenstrahlen an diesem Sommertag mit voller Wucht auf vorbeiflanierende Passanten ein, während ich mutterseelenallein in der Redaktion sitze und das World Wide Web nach berichtenswerten Neuigkeiten durchforste. Und tatsächlich: Es tut sich was. Zahlreiche Händler im Ausland redizieren die Preise für die PS3 und bündeln sie mit der Lizenzgurke Terminator: Die Erlösung, damit wenigstens irgendwer das Spiel kauft.

Ansonsten schaut Alles gespannt nach Köln, wo Sony heute Abend mit viel Tamtam kund tun wird, dass nichts und niemand der schwarzen Powermaschine PS3 und der neuen PSP Go das Wasser reichen kann. Auch meine Kollegen sind im Augenblick auf dem Weg in die rheinländische Metropole – nur ich halte hier die Stellung. Ich lutsche genüsslich an meinem Calippo Cola, während ich diese Zeilen schreibe und genieße die unbeschreibliche Ruhe. Newsticker Ulrich erspart mir heute die neuesten Veröffentlichungstermine, Matthias und Oliver übertrumpfen sich nicht gegenseitig mit flachen Witzen und der ohnehin meist schweigsame Philip geht nicht einmal ans Handy. Dafür hat er mir einen Zettel auf den Schreibtisch gelegt und bittet mich, den Basilikum auf seinem Schreibtisch zu gießen. Nur mein Ventilator surrt geduldig und versucht, den maniac.de-Server im Hintergrund zu übertönen.

Doch plötzlich werde ich alleiniger Zeuge einer Sensation: Ubisoft schickt per E-Mail eine Pressemitteilung. Das ist an und für sich noch keine Erwähnung wert, denn der französische Publisher befeuert meinen Posteingang nahezu täglich mit Nachrichten, die mich auf die Außergewöhnlichkeit seiner Produkte aufmerksam machen sollen. Doch diese Meldung genieße ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht, wird darin doch ein revolutionäres Produkt beschrieben: Just Dance heißt das Tanzspiel, das als “ultimativer Party-Spaß im eigenen Wohnzimmer für die ganze Familie” angepriesen wird und im November für Wii erscheinen soll.

“Bis zu vier Spieler können gleichzeitig tanzen und den Tanzschritten des Choreographen auf dem Bildschirm folgen”,  verspricht die Meldung und ich blicke skeptisch auf die Bilder, die sich im Anhang der Meldung befinden. Abgesehen von den zappelnden Unsympathen glaube ich nicht, was ich da sehe: Ich habe schon zu oft  EyeToy Play oder diverse Wii-Titel gespielt, um zu wissen, dass man für derartige Gruppenspäße deutlich mehr Platz benötigt als die Herrschaften auf diesen Bildern – zumal sich die vier Tanzbeinschwinger spätestens bei MC Hammers berühmten Chinese Typewriter Dance ordentlich in die Quere kommen dürften. Der ist nämlich mit von der Partie. So sind blaue Augen und gebrochene Nasenbeine garantiert, zumal es sich laut Yves Guillemot, dem Geschäftsführer von Ubisoft, um “ein mitreißendes Spiel für alle Altersgruppen (handelt), bei dem man echte Tanzschritte erlernt.”

Noch spaßiger wird die Meldung im nächsten Absatz, wo es heißt: “Das Spiel beinhaltet über 30 lizensierte Musiktitel”. Der Sprachpedant in mir zuckt zusammen und schreit “Lizenziert, das hat doch mit Zensur nichts zu tun!” Doch der Satz geht noch weiter: “darunter Dance-Klassiker wie ‘U Can’t Touch This’ von MC Hammer oder moderne Pop-Songs wie ‘Hot N Cold’ (Rock Version)” von Katy Perry. Zählt man die noch nicht angekündigten Titel hinzu, wird Just Dance einen der abwechslungsreichsten Soundtracks haben, der je für ein Videospiel zusammengestellt worden ist.”

Was für eine Null-Aussage!

MC Hammer und Katy Perry sind also vertreten, obendrein noch folgende Titel:
– The Trashmen: Surfin’ Bird
– Fame (In the style of Irene Cara)
– Cyndi Lauper: Girls Just Want to Have Fun
– Technotronic: Pump Up the Jam
– Deee-lite: Groove Is in the heart
– Blur: Girls & Boys

Ich möchte ungern vorschnell urteilen, aber der kürzlich angekündigte Soundtrack zu Brütal Legend umfasst rund dreimal so viele Lieder. Klar, die stammen alle aus dem Heavy-Metal-Genre, doch das ist mittlerweile so breit aufgestellt, dass hier doch deutlich mehr Abwechslung geboten sein dürfte, als in diesem poppigen Mainstream-Potpourri. Selbst die Tracklist von Guitar Hero: World Tour war ja schon recht breit gefächert, aber ebenfalls umfangreicher.

Kurzum: Da wird mal wieder vollmundig etwas behauptet, ohne den Beweis zu erbringen oder zumindest alle Fakten auf den Tisch zu legen. Man soll ja immerhin die noch nicht angekündigten Titel berücksichtigen! Wie das gehen soll, ist fraglich.

Soll ich also Yves Guillemot vertrauen, wenn er sagt: “Wir glauben, dass Just Dance jeden begeistern wird”? Gerne – wenn ich im fertigen Spiel auch Gothic-typisch “Zwei Schritte vor, drei zurück” tippeln darf oder zu infernalischem Gitarrensound mein Haupthaar schütteln kann. Polka muss natürlich auch sein und vielleicht sogar Ravels Bolero!

Nach Konamis Walk it out! also endlich ein weiterer Nonsens-Titel für Wii. Ich sehe mir jetzt die Pressekonferenz von Electronic Arts an…

Hier noch zwei Bilder: