M! Cast – Videospiele für die Nachwelt erhalten

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Es ist noch gar nicht lange her, da wollte Sony plötzlich alle seine Stores auf der PS3, PS Vita und PSP dichtmachen: Über 100 rein digital erhältliche Spiele wäre dadurch für immer verloren gegangen (wenn man nicht auf dunkle Kanäle ausweicht) und erst nach ordentlich Aufruhr im Netz ruderte der PlayStation-Konzern zumindest teilweise zurück.

Wie kommt es, dass Publishern offenbar so wenig an ihrem digitalen Erbe liegt und wie schwierig ist es, Videospiele dauerhaft zu archivieren und sie für die Nachwelt zu erhalten? Um diese Fragen zu beantworten, haben Lennard und Thomas sich mit Experten zusammengesetzt: Dr. Winfried Bergmeyer ist ehemaliger Leiter der Internationalen Computerspielesammlung und Tobias Steinke arbeitet bei der Deutschen Nationalbibliothek im Bereich Langzeit- und Webarchivierung. Im Podcast geht es um Emulation, die Schwierigkeiten bei der Bewahrung von Online-Spielen und die Wertschätzung von Games in der Gesellschaft.

Und falls wer nicht sehen, sondern lieber nur hören möchte: Eine MP3-Fassung der Plauderei könnt Ihr hier herunterladen. Einen Feed gibt es noch nicht, denn gut Ding usw.

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captain carot
I, MANIAC
captain carot

Ich kaufe mittlerweile auch mehrheitlich digital. Dafür ab und an ein Spiel nachträglich noch physisch. Warum? Mal von Dingen wie Platz abgesehen, ich brauche und will gar nicht alles auf Disc. Meine letzten Blu Ray Käufe sind jetzt sogar anderthalb Jahre her.

Im Sinne der Archivierung kann es aber auf Dauer eh nur digital gehen. Selbst wenn Disketten bei guter Pflege lange halten (Magneten mögen die halt nicht), die Laufwerke sind auch nicht bis in alle Ewigkeit haltbar und werden mittlerweile nicht mehr gebaut. Module können natürlich an Kontaktkorrosion leiden, die halt ebenso wie eine auslaufende CMOS Batterie im Worst Case zum Totalausfall führen kann. Und ein Großteil der Technik ist noch vergleichsweise neu.

Übrigens gibt es auch Probleme bei Papier (Säuregehalt), altem Film etc, bei den digitalen Medien sind die Probleme aber unter anderem durch X Formate nicht gerade einfacher.

Die Frage ist zum Teil sicher auch, was man erhält. Persönlich brauche ich keine Originalmodule vom SNES mehr, obwohl das eine der Schlüsselkonsolen meines Zockerlebens war. Die Anleitungen fehlen mir dafür manchmal umso mehr. Von manchen PC- und Homecomputerboxen, denen wie bspw. bei Midwinter schon regelrechte Novellen beiliegen konnten, mal ganz zu schweigen. Hier muss langfristige Archivierung definitiv über das reine ROM hinausgehen.

Schwierig wird es dann spätestens bei Entwicklungsdokumenten. Für manches 8-Bit Spiel sind laut den Entwicklern die kompletten Unterlagen eine Handvoll Din A4 Blätter. Das mag teilweise überspitzt sein, aber in vielen Fällen wird es zumindest ohne ausgedruckten Quellcode nicht mal ansatzweise für nen vollen Ordner reichen und bei manchen Frühwerken mit wenigen Kilobyte an Code…

Verglichen damit haben Titel wie Cyberpunk schon alleine unzählige Design- und Produktionszeichnungen, die kompletten Produktionsunterlagen fressen wohl diverse TB an Platz und selbst das eigentliche Spiel braucht vermutlich mehr Speicherplatz als alle 16 Bit Fullsets zusammen. Und das ganz ohne Alphas, Betas…

Überhaupt, welche VErsion archiviert man? Bei Alien 3 gibt es als Lizenzspiel etwa eine ganze Reihe verschiedener Spiele, auch wenn die meisten Run & Gun Mechaniken haben. Damals halt so üblich. Bei modernen Titeln wie meinetwegen Skyrim sieht es dann wieder anders aus. Archiviert man hier nur ‘historisch besonders interessantes’, für alle Plattformen oder muss man einen Mittelweg gehen? Will man in ferner Zukunft besagtes CYberpunk auch auf Xbox One Level spielbar halten oder beschränkt man sich auf die technisch beste Version?

Reine Online Titel kann man ohnehin nur sehr bedingt für die Ewigkeit konservieren, ob das nun Pokemon Go ist oder der Fortnite Battle Royale.

In dem Zusammenhang würde ich es übrigens auf jeden Fall begrüßen, wenn sich Sony und Nintendo zukünftig mehr am digitalen Konzept von MS orientieren. Das ist zwar auch noch weiter ausbaufähig, aber mittlerweile sind eine ganze Reihe Titel generationsübergreifend verfügbar, darunter auch schon der eine oder andere Titel, der physisch mittlerweile teurer wird oder nicht mehr ganz so gut zu bekommen ist. Gerade bei Nintendo, aus meiner Sicht aber auch bei Sony, hätten mittlerweile sicher mehr als genug Titel eine entsprechende Verfügbarkeit verdient.

Noch mal zwei der Themen aus dem Podcast kurz angeschnitten, aus meiner Sicht braucht es unbedingt eine zentrale Archivierung. Selbst wenn wir hier ‘nur’ von deutschen Titeln reden. Wobei aus meiner Sicht eher eine europaweite Lösung (für den Anfang) angebracht wäre. Andernfalls läuft man einfach Gefahr, zu vieles früher oder später zu verlieren, zumindest in legaler Form.
Außerdem braucht es dringend andere Regelungen für Abandonware. Momentan befindet man sich hier allzu oft bestenfalls in einer Grauzone, schlimmstenfalls aber im Bereich der Illegalität. Aber vom Lizenzspiel bis zum viellecht schon 1989 Pleite gegangenen Kleinpublisher, es gibt Unmengen Spiele, die aus verschiedensten Gründen nie neu aufgelegt wurden. Mir würden zum Beispiel eine Reihe Adventures oder Shmups aus der Homecomputer Ära einfallen.

Amigajoker
I, MANIAC
Amigajoker

Passt doch in die heutige, immer schnelllebigere, Zeit.
Umso schlimmer finde ich es das viele auf die Downloadangebote aufspringen. Die selten günstiger sind, nur schneller verfügbar, sofern man nicht auf dem Land lebt in Sachen Downloadgeschwindigkeiten….
Ich habe ein Zimmer voll gesammelt und empfinde das als Luxus. Dennoch komme auch ich an Grenzen und trenne mich von diversen Dingen.
Wenn ich mir überlege das Fotos zum Teil über 100 Jahre überdauern, so habe ich meine Zweifel ob in Zukunft dies überhaupt noch gewollt ist.
Und stellt jemand nen Server ab geht zack ein ganzes Stück Gamegeschichte verloren

hnh4u
I, MANIAC
hnh4u

Ich hab’s noch nicht angehört, möchte aber schon mal sagen, natürlich super, das Sony hier gegensteuert, hab direkt die PS3 angeschmissen und lade noch paar Titel.

Ärgerlich war es damals auf der Wii. Da baut man sich eine schöne digitale Klassiker Bibliothek auf, spart Platz, weil man die originalen Spiele verkaufen kann, da wird der Shop eingestellt. Sollte die Wii nun kaputt gehen, sind alle digitalen Inhalte für immer verloren. Das hier nicht protestiert wurde, wundert mich. Und klar gibt es jene, die sagen, die alten Spiele spielt man doch eh nicht mehr. Doch, tut man, das Angebot war da, die Nachfrage war da.

Was mich nervt, das man nicht die Chance hat, wenn man schon nach und nach auf digital gezwungen wird zu kaufen, das man es nicht schafft, seine digitalen Spiele auf die Nachfolge Systeme zu übertragen. Ich hab mittlerweile rund 15 TV Konsolen und kann die nicht alle gleichzeitig anschließen, bin zwar Gamer, aber auch Mensch und kenne noch andere Lebens-Qualitäten.

Tokyo_shinjuu
I, MANIAC
Tokyo_shinjuu

Wirklich tolles Thema das gewählt wurde und Respekt an Lennard das er den Aufwand betrieben hat die tollen Gesprächspartner zu wählen.
Auch inhaltlich super Podcast.??

The-Boy-Who-Lived
I, MANIAC
The-Boy-Who-Lived

Wow, darauf bin ich echt richtig gespannt! Ein Thema, welches mich ziemlich interessiert und ich absolut mehr als relevant finde, um sich damit auseinanderzusetzen. Kann mir vorstellen, dass sich hier natürlich auch die Frage stellt, ob die Zukunft wirklich nur noch digital ablaufen wird… Dazu dann Kenner vom Fach neben euch zu hören wird sicherlich interessant.

Freu mich drauf!

Siridean Sloan
I, MANIAC
Siridean Sloan

Spannendes Thema und super, das es das Ganze jetzt zumindest schon mal als separate MP3 gibt 😉 Wird mich die kommenden Tage beim pendeln sicher bestens unterhalten!