Embracer: Saudi-Einstieg und Asien-Expansion

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Dieser Artikel stammt aus der M! 347 (August 2022).

KARLSTAD / RIAD / SINGAPUR • Über das vielfache Videospiel-Investment des ”Saudi Arabia’s Public Investment Fund” (PIF) berichtete M! Games im letzten Monat. In schneller Folge geben der arabische Kronprinz Mohammed bin Salman Al Saud und seine Familie Milliarden US-Dollar für Anteile an den japanischen Firmen Nintendo, Capcom und Nexon aus und übernehmen das E-Sport-Unternehmen ESL sowie Reste, Namen und Marken von SNK. Zusammengeführt werden die Beteiligungen in der Savvy Gaming Group (SGG), die der langjährige EA-Manager und Ex-Activision-Studios-Chef Brian Ward leitet.

Nachdem die Saudis bereits 2021 in Activision Blizzard, EA und Take 2 investierten, steigen PIF und SGG nun auch beim größten europäischen Spielehersteller ein, der schwedisch geführten Embracer-Gruppe. Die ist ­ihrerseits seit zwei, drei Jahren auf Studio-Shoppingtour und strapaziert den Kreditrahmen ihrer skandinavischen Banken zuletzt durch den Kauf von Eidos und Crystal Dynamics (M! 345) für rund 300 Millionen US-Dollar. Noch etwas größer dürfte der Betrag sein, der Embracer nun aus Saudi-Arabien zufließt. Dass CEO Lars Wingefors dabei nicht ganz wohl ist, verrät seine wortreiche Presseerklärung am 10. Juni: ”Da ich in den letzten Tagen viele Fragen dazu erhielt, möchte ich unsere Gründe erläutern.” Angesichts der Tatsache, dass progressive und löbliche Vorhaben wie Abschaffung von Frauenfahrverbot, Verhüllungszwang und Todesstrafe für Kinder in Saudi-Arabien zwar angekündigt, aber nicht umgesetzt sind (was unter anderem dazu führte, dass sich Riot Games aus dem Megacity-Projekt Neom zurückzog), gäbe es ”zu diesem Thema” unterschiedliche Sichtweisen. ”Wir machten uns die Entscheidung nicht leicht: PIF ist einer der weltgrößten Geldgeber und unterstützt durch seine Game-Ambitionen das globale Ökosystem unserer Industrie. Weltweit gibt es nur eine Handvoll Akteure, die Beteiligungskapital in dieser Größe bereitstellen können. Das hilft dem Wachstum unserer Geschäfts. Meine Werte als schwedischer Unternehmer bleiben davon unangetastet”, verspricht Wingefors und bekräftigt ­”Embracers Prinzipien: Freiheit, Inklusion, Menschlichkeit und Offenheit – daran wird die SSG-Transaktion nichts ändern”. Die Araber halten nun 8% des Embracer-Kapitals und gut 5% der stimmberechtigten Anteile. Ob SGG-Chef Ward in den Embracer-Vorstand aufrückt, werden laut Wingefors die Aktionäre entscheiden.

124 Entwicklungsstudios in zehn Operationsgruppen und 14.000 Beschäftigte rund um den Globus hat Embracer Mitte 2022 und ist lediglich in Asien noch schwach aufgestellt. Das soll sich ändern: Während die Saudi-Transaktion Embracer den Markt naher und mittlerer Osten sowie Nordafrika (MENA) öffnet, kümmert sich die österreichische Konzernsäule THQ Nordic um Fernost, wo sie Ende 2019 eine Japan-Zweigstelle gründete. Nun kommt eine zweite Niederlassung in Singapur hinzu – Asiens einziges Land mit AAA-Bonitätsbewertung aller großen Agenturen. THQ Nordic SEA wird von Winson Lo geleitet, der vor zehn Jahren bei SCE anfing und zuletzt als Sales Manager Asien für Ubisoft arbeitete, und ist (vorerst) kein Entwicklungsstudio, sondern eine PR- und Marketing-Niederlassung, die Spiele von THQ Nordic und HandyGames im Großraum Südostasien verbreitet. Malaysia, Thailand, Indonesien, die Philippinen, Taiwan und Hongkong soll THQ Nordic SEA neben Singapur abdecken, sodass Embracer im Osten nur noch zwei wichtige Märkte fehlen: Russland und China.