EU vs. Glücksspiel: Aufklärung und Kontrolle statt Verbot

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Dieser Artikel stammt aus der M! 354 (März 2023).

STRASSBURG • Gatchagames, Loot-Boxen, Pay-to-Win: Game-Mechaniken und -Elemente, die für echtes Geld beziehungsweise deren virtuellen Währungsgegenwert spielerische Vorteile, Sonderwaffen, Upgrades, Fähigkeiten und Trophäen bringen (oder einfach nur schnelles Weiterkommen möglich machen) gelten seit gut fünf Jahren als höchst lukrativ. Umstritten sind sie jedoch vor allem deshalb, weil Kinder und Jugendliche einen Großteil der Zielgruppe ausmachen. Nachdem Staaten wie Belgien und die Niederlande schon vor Jahren mit der Regulierung, teils dem Verbot von kostenpflichtigen Glücks- und Zufallselementen begannen, will das Europäische Parlament nun länderübergreifend einheitliche Regeln zum Schutz der minderjährigen Spieler, wie das Nachrichtenmedium Heise.de berichtet. Ende Januar bejahte die Mehrheit der Abgeordneten einen Bericht des EU-Binnenmarktausschusses, der entsprechende Maßnahmen vorschlägt. Werden diese EU-Regeln zu Gesetzen, müssen Hersteller für jedes ihrer Spiele exakt angeben, welche Glücksspiel- und Pay-to-Win-Elemente sie enthalten, und den Eltern mehr Kontrolle darüber geben, wie viel Zeit und Geld ihre Kinder fürs digitale Spielen aufwenden oder – wie viele meinen – schlicht verschwenden.

Laut Angaben des EU-Parlaments spielen 73% der 6- bis 10-Jährigen in Europa auf Smartphone, PC oder Konsole – und 84% der Kinder und Jugendlichen zwischen 11 und 14! Diese Minderjährigen geraten in die Gefahr der Sucht sowie der Verschuldung, ”nur um bei einem Spiel erfolgreich zu sein”, warnt der binnenmarktpolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Andreas Schwab (CDU) laut Heise.de. Und auch René Repasi von der SPD fordert, dass ”Praktiken wie Loot-Boxen der EU-Glücksspielregulierung unterliegen müssten”. Wie der Jugendschutz 3.0 in der Praxis genau aussieht und greifen soll, diskutierte das Parlament bisher noch nicht. Aber selbst wenn die EU-Kommission den Parlamentsvorschlag in bindendes Gesetz verwandelt, sind strikte Pay-to-Win-Verbote oder ”Nur ab 18”-Vorgaben wohl unwahrscheinlich, denn ausbremsen möchte man die ”schnell wachsende Videospiel-Industrie mit mehr als 90 000 Angestellten in Europa” nicht: ”Zur Förderung der Branche [schlägt man] die Schaffung eines europäischen Online-Videospielpreises vor”, so der Heise-Bericht.