Netflix: Spiele für Abonnenten

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LOS GATOS • Mit einem Absatz zu Netflix endet unser ”Medienriesen rüsten auf und um!”-Artikel in M! 334 und mit der Vermutung, dass der Videostreaming-­Gigant bald als Spieleplattform-Anbieter aktiv wird. ”Eine offizielle Ankündigung gibt es noch nicht”, meldeten wir vor zwei Monaten. ”Auch ist nicht bekannt, ob als TV-Streaming-Zugabe oder mit eigenem, kostenpflichtigen Abo.” Nun verneint Netflix Letzteres und bestätigt Ersteres: Ein Schreiben an die Investoren konkretisiert die Game-Pläne und kündigt an, dass Netflix-Kunden ”ohne zusätzliche Kosten” auch Zugriff auf Spiele erhalten. Um einen definitiven Starttermin drückt sich Netflix, schreibt stattdessen von ”einer frühen Phase der Games-Expansion: Für uns sind Spiele eine weitere Content-Kategorie, wie Film, Zeichentrick, TV.”

Nach ein paar Experimenten mit interaktiven Inhalten will Netflix ”mehr über den Wert von Games für unsere Abonnenten lernen” und heuert – um mit Plattformen wie ”YouTube, Epic Games und TikTok um Bildschirmzeit und weltweite Konsumenten zu konkurrieren” – als Game-Development-Chef einen Spieleveteranen an, der sich bezüglich ”interaktivem Storytelling” bestens auskennt. Mike Verdu gründet 1989 mit Infocom-Autor Bob Bates die Firma Legend Entertainment, textet und gestaltet in den 1990ern preisgekrönte Windows-Adventures wie Frederik Pohl’s Gateway, Death Gate, Mission Critical und Superhero League of Hoboken. Anfang des 21. Jahrhunderts geht Verdu zu EA, ist dort als Ausführender Produzent und L.A.-Studiochef für Command & Conquer-Nachfolger und Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde verantwortlich. Von EA wechselt Verdu 2009 zur Casual-Fabrik Zynga, dann als ”Mobile”-Vizepräsident wieder zurück zu EA und gründet 2015 eine Handy-Spielefirma (die Kabam übernimmt). In den letzten Jahren arbeitet Verdu als Content-Direktor der Facebook-Tochter Oculus, die VR-Entwickler unterstützt und Star Wars: Tales from the Galaxy’s Edge und Medal of Honor: Above and Beyond entwickelt.

Wird Netflix eigene ”Netflix Game Originals” produzieren oder populäre Fremd­marken à la FIFA anbieten? Mit rund 210 Millionen Abos hat Netflix fast doppelt so viele Kunden wie die PS4 und könnte nicht nur neue Hits schaffen, sondern auch ­bestehende Zielgruppen erweitern. ”Das Potenzial ist gewaltig”, meint das Branchenblatt MCV. Durch schiere Zugänglichkeit kann Netflix ”kleine Spiele in massive Hits verwandeln, und große Spiele in Giganten.”

Dieser Artikel erschien in der M! Games 336 (September 2021).

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The-Boy-Who-Lived
I, MANIAC
The-Boy-Who-Lived

Tatsächlich ist der letzte von dir genannte Punkt häufiger anzutreffen, als man sich das vorstellt.
Bei meinen Schülern gibt es viele Kandidaten, die in puncto Videospiele null Interesse oder keinen Kontakt haben, aber auf Social Media fleißig dabei sind und sich gleichzeitig dem Binge-Watching verschrieben haben. Die wissen das gesamte Portfolio der üblichen Verdächtigen.
Für die wird Netflix + Gaming die erste Erfahrung in der Videospielwelt sein, ohne, dass sie je einen Vergleichswert hatten.
Klar, ne Konsole anzuschaffen, ist nicht ganz so bequem und (auf den ersten Blick) preiswert für den anspruchsvollen, jedoch auf Image Wert legenden Influencer, wie faul auf Knopfdruck mal casual nen anderen Reiter bei Netflix oder Prime anzuwählen, wenn man gerade eh schon 4 Folgen Riverdale oder Haus des Geldes gesuchtet hat.

Es wird wohl wirklich für’s erste sicher nicht die “seriösen” Spieler ansprechen wollen, ich denke, Netflix ist sich durchaus bewusst, dass gerade Konsolenzocker eine eingefleischte, festgelegte und anspruchsvolle Klientel sind. Um die ansatzweise in Richtung Netflix + Gaming blicken zu lassen, bedarf es mehr als nur “ach übrigens, ohne weitere Kosten (für’s erste), könnt ihr bei uns auch zocken (Portfolio steht noch nicht so wirklich), hängt natürlich auch von eurem Internet ab und ob wir die großen Entwickler auf der Welt überzeugen können. Also im Prinzip wie bei Google: Zukunftsperspektiven ohne Gewähr. Was sagt ihr dazu? Klingt doch geil, oder?”

RYU
I, MANIAC
RYU

Sehe das mit den ach so vielen potentiellen Kunden auch immer so nichtssagend. Ist zwar nicht völllig verkehrt, aber klingt wie jemand der von Investoren oder ‘ner Bank Geld erbettelt und das hier in ‘nem Finanzplan niederschreibt.

Ausnahmen bestätigen zwar die Regel, und Wunder gibt es überall.
Wenn man ehrlich ist nehmen solche Angebote sicherlich einige früher oder später mit, die sonst nicht wirklich etwas mit Videospiele zu tun haben. Und sobald deren Abo dann doch früher oder später erhöht wird, rechtfertigen diese das dann für sich eben mit diesem Bonus, obwohl sie das halt nur mitnehmen wollten.
So lange dort aber keine Highlights aufblitzen und es astrein funktioniert glaube ich kaum das dort jemand aktiv zocken oder gar wirklich dahin wechseln würde, der nicht eh schon ein (Vorsicht Doom^^) “Gamer” ist. Natürlich probiert man alles mögliche aus, und vielleicht verbringt man ab und zu hier und da sogar ma etwas mehr Zeit als am Anfang. Aber jemand der sich Spieler schimpft und auch mehr als ‘ne Stunde am Tag darin investiert, nennt eh bereits die geeigneten Plattofrmen sein Eigen. Und wer sich dafür bislang nicht so begeisterte, eher nicht.

Auf dem Oktoberfest laufen auch potentiell viele Kunden rum. Mit meinem “Seifen-Stand” erreiche ich dort sicherlich kurzzeitig neue Kunden. Aber die die sich eh Seife kaufen, kommen sicherlich nicht wegen mir fortan dahin. 😉
Aber sie sprechen mit so etwas sicher auch viele Neukunden, bzw. Kinder an, die dort eh abhängen, keine Vergleichsmöglichkeiten haben, und mit diesem Medium aufwachsen.

The-Boy-Who-Lived
I, MANIAC
The-Boy-Who-Lived

“… um mit Plattformen wie ”YouTube, Epic Games und TikTok um Bildschirmzeit und weltweite Konsumenten zu konkurrieren…”

Yep, erstes ist besonders wünschenswert. Wenn schon einer angeben soll, was im Heimkino über den Bildschirmen flackert, dann muss es Netflix in jedem Bereich sein.

Ich glaube, jetzt mache ich es fest, Netflix den Rücken zu kehren. Seit geraumer Zeit interessiert mich eh immer nur ne Handvoll an Produktionen, den lohnenswerten Rest hab ich auf Scheibe oder kann ich anderswo sehen und alles weitere ist mehr Schein als sein.
Mein Feed sieht auch sehr eintönig aus, also kann es ja keinen großen Mehrwert für mich geben.
Amazon Prime hat auch ne Reichweite von 200 Millionen Abonennten. Luna befindet sich zwar noch in der Testphase, aber man hat auch nicht unbedingt den Eindruck, dass die Amerikaner mit 70 Millionen Prime-Nutzern, welche Luna nutzen können, das als einschlagend sehen.

Eine große, potenzielle Kundschaft muss auch mitziehen wollen und bringt mir nicht automatisch den gewünschten Heimvorteil.