Akte BPjM – Half-Life

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Den Grundstein für Steam, Portal und Counter-Strike legte Valve 1998 mit dem Ego-Shooter Half-Life. Von Kritikern und Fans gelobt und zu Beginn des Weihnachtsgeschäfts veröffentlicht, wurde die Originalfassung im Eilverfahren indiziert, um eine unkontrollierte Verbreitung einzudämmen. Woher die Panik der Jugendschützer rührte, lest Ihr hier.

Half-Life

Entwickler: Valve Software, USA
Hersteller: Sierra Entertainment
System: PC / PS2
Veröffentlichung: 1998 / 2001
Indizierungstermin: 16. Dezember 1998
Indizierte Versionen: PC
Index-Liste: A

In seinem ersten Abenteuer kämpft der Wissenschaftler Gordon Freeman nach einem missglückten Experiment in der Forschungsstation Black Mesa gegen ­Außerirdische und später auch vom Staat geschickte Marines, welche die Ereignisse vertuschen und alle Zeugen auslöschen sollen. Mit konventionellen und Alienwaffen gerüstet, muss der Spieler zwischen den Kämpfen auch knackige Hüpf- und Rätselpassagen meistern, um aus dem umkämpften Komplex zu entkommen und letztlich auf dem Planeten der Aliens zum Showdown anzutreten. Komplexe Levels, ein ausgewogener Mix aus Puzzles und Ballereien und die innovativ erzählte mysteriöse Story sorgten für den hohen Bekanntheitsgrad.

»Der Antragsteller beantragt die Indizierung, weil der Inhalt des Spiels geeignet sei, Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren. […] Zur Begründung führt er aus, dass das Spiel besonders grausam sei insofern, als dass nach dem Auftauchen der ”Marines” der Spielinhalt […] darauf ausgerichtet sei, das Töten von Menschen in unterschiedlicher Manier zu demonstrieren. […] Andere Menschen müssten regelrecht zerstückelt werden. Insgesamt sei das Spiel darauf ausgerichtet, Tötungsmechanismen auszuüben und einzuüben.«         

Auszüge aus der Indizierungs­entscheidung Nr. VA 11/98 vom 9.12.1998

”Nach §15 GjS kann die Bundesprüfstelle die Aufnahme einer Schrift in die Liste vorläufig anordnen, wenn die endgültige Anordnung der Listenaufnahme der Schrift in die Liste offenbar zu erwarten ist und die Gefahr besteht, dass die Schrift kurzfristig in großem Umfang vertrieben wird. […] Computerspiele, die den Spieler zur Vernichtung menschlichen Lebens auffordern und die einzelnen Verletzungsaktionen in allen Einzelheiten präsentieren, sind […] im Regelfall als verrohend und damit als sozialethisch desorientierend eingestuft worden.
(…)
Die Tötungshandlungen sind dabei sehr grausam in Szene gesetzt, […] [die Marines] fallen dann sehr realitätsnah in Szene gesetzt langsam um und bleiben sodann in einer Blutlache liegen. […] Ein besonders verrohendes Moment tritt auch dadurch hinzu, dass die getöteten Soldaten während der gesamten Spielphase auf dem Boden liegen bleiben.
(…)
[Der Spieler] wird unterstützt durch Wachleute […], die der Spieler alternativ aber auch töten kann. Sobald er über diese Wachleute läuft, erhält er zusätzliche Munition, die für den Spielverlauf eine bedeutende Rolle spielt, womit das Töten von Menschen qualifiziert positiv bewertet wird.
(…)
Um zu vermeiden, dass sich die Wissenschaftler […] in Aliens verwandeln, die den Spieler angreifen, muss er diese mit gezielten Schüssen töten.
(…)
Blutige Splatterdarstellungen […] offenbaren eine rücksichtslose, menschenverachtende und unbarmherzige Gesinnung, die Vergnügen und Spaß bereiten soll. […] Nicht Distanzierung von, sondern die Identifikation mit diesem Normverstoß ist im Spiel angelegt.”

Dass Half-Life 1998 indiziert wurde, war nur logisch: Wie im Indizierungsbericht zu lesen ist, verließ man sich für die vorläufige Indizierung auf Erfahrungen mit Spielen wie Wolfenstein 3DDoomQuake und Quake II, die ebenfalls zur ”Vernichtung menschlichen Lebens auffordern”. Besonders die Tatsache, dass es auch menschliche Feinde gibt, die lebensnah zu Boden sinken und in ihrem eigenen Blut liegenbleiben oder in kleine Stücke gesprengt werden können, schlug den Prüfern auf den Magen. Zusätzlich wiegt schwer, dass man auch Helfer (für Munition) und hilflose Wissenschaftler (als Präventivmaßnahme) umbringen kann. Da die Siegel der USK zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtlich bindend waren, war eine Indizierung wegen der expliziten ­Gewaltdarstellung unumgänglich. Hinter diesen ­Aspekten stehen die komplexen Levels, die unterschiedliche Gefechte erlaubten, und die klugen Rätselpassagen zurück und wirken sich nicht strafmildernd aus. Valve reagierte auf die Indizierung und brachte eine deutsche Fassung, die von der USK eine 16er-Freigabe bekam und nicht folge­indiziert wurde. Hier lauern Euch neu ­designte Roboter statt ­Soldaten auf, beschossene Freunde setzen sich auf den Boden. Spritzendes Blut ist gelb, auf dem Boden und an den Wänden jedoch weiterhin rot. ­Explodieren Gegner, fallen keine ­Körperteile, sondern Schrauben und ­Zahnräder herab. Zudem wurden einige Soundeffekte ausgetauscht.

Du fragst Dich schon ewig, warum ein bestimmtes Spiel indiziert wurde? Dann schreib uns Deine Anregung an leserpost@maniac.de und wir gehen der Sache nach!

Gast

Die landen beio KFC oder MC Donald’s oder Supermarkt!Die Welt ist ein wenig desorientiert! Indizierung!?

Zetsubouda
I, MANIAC
Zetsubouda

Diese Artikel stimmen selbst Jahre nach der Entscheidung wirklich nachdenklich…- Wenn die Freigaben und/oder Indizierungen bedingungslos beachtet würden, ließen Kinder und Jugendliche dann die Finger von diesen Spielen?- Was haben die damals geraucht oder geschluckt?- Wieso zum Teufel wurde Moorhuhn niemals indiziert oder gar verboten?! Die Reihe ruft zum Massenmord an unschuldigem Federvieh auf und belohnt schnelle Abschüsse (“”Amokläufe””) mit mehr Punkten. Die hier als Begründung aufgeführte ‘sozialethische Desorientierung’ kann sicherlich auch von diesen Titeln ausgelöst werden. :D””Es ist völlig okay, diese Hühnchen gnadenlos abzuballern, die kommen eh immer wieder!””