Ein paar Anmerkungen zur (Auf-)Wertung von Shadow of the Colossus:

1. Wir bewerten Spiele generell immer im zeitlichen Kontext – Wertungen über Jahre oder Jahrzehnte hinweg zu vergleichen, funktioniert nicht. Die Technik entwickelt sich weiter, die Komplexität der Games wächst, durch den Indie-Markt weht neuer kreativer Wind durch unser Hobby etc.
2. Es gibt immer wieder mal außergewöhnliche Spiele, die mehr bieten als 95% der Masse. Eine weitere Ebene, die sich aus künstlerischen Aspekten, emotionalen Geschichten, witzigen Dialogen oder Situationen, ungewöhnlichen Ideen, einer besonderen Botschaft oder einer Mischung aus all diesen speist. Im Gegensatz zu Grafik, Steuerung, Spielmechanik oder Soundqualität ist diese Ebene deutlich schwerer beziehungsweise gar nicht objektiv einschätzbar. Es macht entweder Klick oder nicht. Wenn es klickt, wiegt besagte zusätzliche Ebene viele spielmechanische oder sonstige Mängel auf.
3. Die Punkte 1 & 2 treffen auf Shadow of the Colossus zu. Die PS2-Version hat objektiv messbare Probleme wie träge Steuerung mit Input-Lag, Ruckel-Grafik im 15-fps-Bereich und eine störrische bis chaotische Kameraführung, was häufig in einem Gefühl der Unfairness mündet (“Warum zur Hölle bin ich denn jetzt schon wieder runtergefallen?!”). Gleichzeitig besitzt auch diese Version schon eine magische zweite Ebene, die sich aus der Welt, dem kunstvollen Design, den grandiosen Kolossen, dem emotionalen Part und der generellen Atmosphäre formt. Daher kamen wir damals zu der Kompromisswertung von 77% Spielspaß.
4. Das PS4-Remake besitzt dieselbe magische Ausstrahlung, verbessert aber auf der anderen Ebene Punkte wie Grafik, Steuerung und Kameraführung deutlich. Das Spielerlebnis verändert sich so deutlich zum Positiven. Durch den aufwendigen Remake-Prozess ist Shadow of the Colossus gelungen in der PS4-Gegenwart angekommen.
5. Schließlich gewichtet die M!-Redaktion heute besagte zweite Ebene stärker als vor über einem Jahrzehnt – daher die relativ hohe Aufwertung.