Im Gespräch: Brendan Greene – der Macher von PUBG

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M! Games: Lassen wir gelten, aber warum die Anarchie-Komponente? Ich kann mich in PUBG in ein Auto setzen und einen Gegner überfahren. Ich kann mit einer Motocross-Maschine den Hügel hochbrettern, einen ­Salto machen, auf einem Dach landen und so ein Haus betreten. Was spaßig ist, aber so weit entfernt von militärischen Taktiken, wie sonst kaum ein anderer Shooter…
Brendan Greene: Das kam durch andere Teammitglieder, die einfach super Ideen ­hatten. Ich habe vorher an H1Z1 und anderen Titeln gearbeitet. Bluehole, ­dieses Studio aus Südkorea, kam auf mich zu und meinte: ”Hier ist dein Team, mach das Spiel, an das du glaubst.” Wir haben viel probiert, viel Quatsch gemacht und hatten damit unglaublich viel Spaß. PUBG setzt ja auf realistische Physik und Ballistik. Wir haben uns also überlegt: Aus welchem Material müsste der Rollkäfig eines Buggys sein, damit Kugeln abprallen. Und dann kam einer auf die Idee: ”Hey, wenn der Buggy hinten stärker geschützt ist als vorne, fahre ich einfach rückwärts, um eine Blockade zu durchbrechen.” Ja, es ist verrückt, es hat diese James-Bond-Fantasie, aber warum auch nicht? Ich sehe Spiele als Organismen, die sich entwickeln. Manche Fans wünschen sich eine Karte im Stil von Nakatomi Plaza aus ”Stirb Langsam”. Mal schauen, vielleicht machen wir es einfach.

M! Games: Der asiatische Markt scheint recht stark für sich zu stehen. Die erfolgreichsten Spiele aus Südkorea erscheinen nie in den USA und Europa. War es schwierig oder bereichernd, mit einem südkoreanischen Team zu ­arbeiten?
Brendan Greene: Es ist ein sehr internationales Team und sehr bereichernd. Weil ich schnell festgestellt habe, dass dieses wilde Konzept, das in meinem Kopf ­herumschwirrte, nicht nur bei einer Handvoll Leuten gut ankam, sondern anscheinend Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen Spaß macht. Das ist in der Tat selten. Blizzard-Spiele schaffen das in der Regel, Starcraft ist in Südkorea massiv populärer als in seiner Heimat, den USA. In der amerikanischen Overwatch-League spielen sehr viele Koreaner, weil sie brutal gut sind. Das finde ich toll, weil es Gaming-Kulturen zusammenführt. Du hast in Südkorea auch eine enorme eSports-Expertise, weil es dort bereits seit zehn Jahren Fernsehsender gibt, die nur darüber berichten. Das Thema ist dort so groß wie im Westen der Fußball. Das hilft natürlich, denn es ist sehr schwierig, eine gute Balance für 100 Spieler zu finden, die über einer derart großen Karte abspringen. Und ich liebe unsere Community dafür, dass sie mit uns nicht so hart ins Gericht geht, wenn etwas mal nicht so läuft. Wir sind megastolz auf den Xbox-Launch, 4 Millionen Spieler sind es bereits auf Xbox One – wir hatten und haben aber Probleme mit der Bildrate in 4K sowie der Netzwerk-Performance. Ärgerlich, hier müssen wir besser werden und schneller reagieren. Daran sieht man sicherlich, dass wir nicht DICE oder Infinity Ward sind, sondern noch sehr viel lernen müssen. Aber mal ehrlich: Ich war ein Nobody – ein Typ, der ein paar Mods entwickelt hatte, die ein paar tausend Leute cool fanden. Plötzlich war ich ­Creative Director und feierte meinen 40. Geburtstag, an dem ich die herrlichsten Nerd­gespräche mit neuen Freunden führte und einen Kuchen aß, dessen Namen ich nicht aussprechen konnte in ­einer Stadt, von der ich vorher nicht mal gehört ­hatte. Ein Jahr später erschien PUBG, wir verkauften 1 Million Einheiten binnen sechs ­Tagen. Mittlerweile haben wir über 40 Millionen Spiele ­abgesetzt, bis zu 3,8 Millionen Menschen treffen sich in PUBG pro Tag. Da kann man schon ein bisschen stolz drauf sein.

Das Interview führten Benjamin Kratsch und Brandon Bui.