Jäger der verlorenen Schätze: Panic Restaurant

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Drei unterschiedliche Cover machen ”Panic Restaurant” zum Leckerbissen für Sammler mit Taito-Faible. Teurer als das Famicom-Original ist die europäische PAL-Fassung (Foto), unbezahlbar die US-NTSC-Version mit aggressivem, nicht fröhlich-naivem Cover- und Label-Artwork (siehe Module).

Meisterwerke aus fünf Jahrzehnten, Games, die eine Geschichte haben – womit öffnen wir unsere Software-Galerie? Mit einem Apple-Klassiker wie Mystery House oder Metal Gear Solid als Limited Edition? Das alles hebt sich der M!-Kurator für später auf und entstaubt stattdessen ein NES-Original, das nur wenige Sammler kennen oder gar besitzen.

Als Wanpaku Kokkun no Gourmet World erscheint im April 1992 ein Komik-Jump’n’Run mit Koch, kuli­narischen Feinden und Küche als Kulisse. Nach sechs Monaten kommt das NES-Spiel in die USA und viel zu spät nach Europa: ­Laguna, die unerfahrene Videospieltochter des PC-Spiele-Distributors Bomico, ­veröffentlicht es erst 1994, als wir schon von 16 Bit auf CD-ROM umsatteln – genug Gründe, warum Panic ­Restaurant kaum Verbreitung findet, sondern kleinauflagig und obskur bleibt.

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Selbst Laguna zeigt sich vom bizarren ­Thema verwirrt: ”Wandelnde Hot Dogs, hüpfende Eier, fiegende [sic] Apfelscheiben … WAS IST NUR LOS?”, stammelt der Rückentext. Und auch die Presse findet den 8-Bit-Nachzügler im Jahr von Donkey Kong Country und ­Daytona USA kurios. ”Für die verrückte Idee, gegen Lebensmittel zu kämpfen, zeichnet wahrscheinlich ein übergewichtiger Programmierer verantwortlich”, meint das Fach­magazin Video Games und lobt: ”Musik wird lustig, fetzig und melodisch zum Spiel serviert, Spielspaß, Musik und die Grafik werden auf großer Flamme gegrillt.”

Sechs Gänge vom Appetizer bis zum Dessert: das ”Gourmet World”-Menü. Der dunkelhaarige Held des Originals wird im. Westen zum weißhaarigen Koch – und der Abspann gekürzt!

Redakteur Jan Barysch hat recht mit ­seiner despektierlichen Vermutung: Panic ­Restaurant wird vom voluminösesten Spielmacher Japans angerichtet, dem damals 23-jährigen Kenji Eno. Im Westen unbekannt, gibt er in seiner Heimat das Raum und Säle füllende Enfant terrible der Szene, ist Designer und Kritiker in einer Person. Enos Spiele ­ sind erfolglos, seine Firmen Warp und Super-Warp platzen wie Seifenblasen. Er selbst stirbt 2013, nicht einmal 43 Jahre alt, und lacht nun aus dem Jenseits über die Pointe der Panic Restaurant-Geschichte: Ein Vierteljahrhundert nach Release steht sein Spiel ganz oben auf der Speisekarte internationaler Sammler. Dass man ein gut erhaltenes Famicom-Original kaum für unter 200 Euro ergattert, ist angesichts Enos Star-Status in Japan verständlich. Völlig esoterisch erscheint dagegen der doppelte PAL-Preis und vor allem das, was Sammler für eine US-Version zahlen – gebraucht, ”mint” und OVP für 1.000 Euro! ”Zugreifen, bevor’s Euch einer wegfrisst!”, endet der Video-Games-Test – dieser Tipp der Fachpresse war prophetisch.

Die Macher

In Panic Restaurant treffen sich Game-Tradition und ­Moderne: Taito wird bereits 1953 gegründet, ist der erste japanische Automatenhersteller, der Pong kopiert, und Hit-Produzent ab Space Invaders (1978). Sprite-Action mit süßem Charakterdesign werden Markenzeichen der Firma, dank Bubble Bobble (1986), New Zealand ­Story und Rainbow Island. Nach 1990 ist ­Taito im Niedergang und lässt das verspätete ­Panic Restaurant nicht im Haus produzieren, sondern vom Indie-Start-up ­Entertainment Imagination and ­Magnificience (EIM). Dessen junger Boss Kenji Eno gilt als Game-Visionär, ist Musiker, Mentor (zum Beispiel des Ico-Designers ­Fumito Ueda) und nicht zuletzt begnadeter Selbstdarsteller. ­International bleiben Eno-Werke wie das Horror-Adventure D, ein ”Real Sound”-Spiel (ohne Grafik!) und die 3DO-Short Warp-CD (mit Kondom!) unbekannt; ­ebenso, dass Eno für Segas letzte Hardware Dreamcast das Spiral-Logo entwirft und einen Freund zur Komposition der Melodie überredet – wer Dreamcast startet, hört Töne von Ryuichi Sakamoto!

neuste älteste
Seppatoni
I, MANIAC
Seppatoni

Ich selber habe die PAL-Version in meinem Besitz und hab das Spiel damals gekauft ohne gekannt zu haben und habe ‘ne Menge Spass damit gehabt. Das Spiel bietet viele witzige Ideen und gehört auf jeden Fall zu den besseren Plattformern unter den nicht gerade wenigen Genre-Vertretern auf dem NES. Schade nur, dass das Spielerlebis (zumindest in legaler Form) durch die hohen Preisen damit vielen vorenthalten bleibt.

Max Snake
I, MANIAC
Max Snake

Das erste Spiel von Kenji Eno. Kenji Eno ist leider vor 5 Jahren am Herzinfarkt gestorben.

neotokyo
I, MANIAC
neotokyo

Hab das Spiel mit anderen Games mal in einem Wühltisch gesichtet im Supermarkt damals ? um die 15 Mark ? da muss man aber schon Ultra Hardcore Sammler sein…