IK-Endboss im Megascan-Canyon

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Dieser Artikel stammt aus der M! 334 (Juli 2021).

Die Power der neuen Play­Station-, Xbox- und RTX-Generation will ausgereizt werden, Epic liefert dafür das Werkzeug. Seit Anfang Juni nutzt die Entwicklerwelt die Unreal Engine 5 im ”Early Access”. Wir erklären, was neu ist.

USA • Mit regelmäßigen ”Hinter den Kulissen”-, Anwender- und Update-Videos auf ­YouTube facht Epic die Vorfreude auf die fünfte Fassung der marktführenden Tools-Sammlung und Entwicklungsumgebung an. Vor einem Jahr wurde die Unreal Engine 5 (UE5) öffentlich enthüllt, was M! Games einen vierseitigen Technikartikel wert war. Wir analysierten das Echtzeit-Demo ”Lumen in the Land of Nanite”, dessen Titel die zwei UE5-Kerntalente benennt. ”Lumen” steht für ­”Dynamic Global ­Illumination”: Die Ausleuchtung jeder Szene wird aus vielen Lichtquellen ­beziehungsweise den Reflexionen aller Objekt­oberflächen in Echtzeit berechnet ­(”Local ­Illumination” berücksichtigt nur den Widerschein eines Objekts), was unter anderem die Erstellung von Lightmaps und deren Anpassung an jede Leveldesignänderung hinfällig macht. Viele Arbeitsschritte soll Lumen überflüssig machen, das Lichtdesign von einer aufwendigen Angelegenheit zum intuitiven Echtzeitprozess vereinfachen. ”Nanite” wiederum verspricht ”truly virtualized geometry”: Nicht nur große Objekte, sondern auch feine Charakter- und Landschaftsdetails werden als Polygone berechnet und gezeichnet, nicht durch traditionelle Mapping-Verfahren nachgestellt und draufgelegt. Auch diese Mikro­polygon-Technik spart Normal und Light Maps, LODs (was etwa Pop-ups verhindert), Draw Calls, Speicherplatz und -bandbreite und wird durch die Rechenpower der jüngsten Konsolen- und Grafikkarten-Generation möglich. UE5-Schlagworte sind Fotogrammetrie und 8K-aufgelöste ”Megascan”-Hintergründe, dynamische ­”Inverse Kinematic” (IK) und ”Motion Warping” (automatische Anpassung der Bewegung von Helden und Monstern an 3D-Architektur), Verbesserungen der ”Chaos”-Physik und des Partikelanimations-Tools Niagara VFX.

Das Tal der Alten

Daran schließt das zweite Game-Demo an, ”Valley of the Ancient”, das Epic zur UE5-Early-Acess-Veröffentlichung Ende Mai 2021 herausbrachte und das die beiden Moderatoren, Epic-Producer Chance Ivey und Galen Davis (der als Grafiker an ­Evolve, und Prey arbeitete und jetzt Evangelist der Epic-Tochter Quixel ist) mit vielen weiteren ”buzzwords” spickten. ”Valley of the Ancient” ist ein Sprint durch die Grafik- und Sound-Features der UE5 und eine Produktwerbung, die sich nur sekundär an Spieler und primär an Indie- und professionelle Entwickler, Game-und Raum-Designer richtet. Denen erklären Ivey und ­Davis, wie sie die Rechen- und Grafik-Power der neuen Konsolen einsetzen und ausnutzen können. Alles, was die ”Valley”-Demo zeigt, sehen und hören lässt, ist auch ohne Unreal (oder andere) Engine möglich – aber nur theoretisch, der Entwicklungsaufwand wäre gewaltig! Statt jede Programmroutine selbst auszutüfteln, hardwarenah und ”low level” zu programmieren (wie in den 1980ern), nutzen sowohl Hobby- als auch Profi-Entwickler im 21. Jahrhundert vorgefertigte Lösungen. ­3Lateral, Agog Labs, Twinmotion, Quixel, ­Cubic Motion, Hyprsense, RAD Tools, Oodle, Bink, Telemetry, Granny 3D: Epic kaufte in den letzten Jahren unzählige Technikfirmen und CGI-Labors sowie deren Programme und Patente, um den mächtigsten Game-Werkzeugkasten zu bestücken. Die Unreal Engine bringt und ordnet dem Entwickler alles, was er braucht, um räumliche Interaktion zu schaffen: Tools, Middleware, Engine, Assets.