Call of Cthulhu – im Test (PS4)

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Wenn die geistige Gesundheit Eures Protagonisten durch perverse Rituale, Tentakelterror und apokalyptische Enthüllungen auf die Probe gestellt wird, führt das zu einigen originellen Spielmomenten, die sehr werkgetreu das Wahnsinns-System der Pen&Paper-Vorlage zitieren. Ihr zwängt Euch zum Beispiel mit Edward durch enge Schächte und erlebt klaustrophobische Panikattacken aus erster Hand.

Innere Stimmen und außerkörperliche Erfahrungen stellen zunehmend alle Fakten infrage, und wenn Mr. Pierce auf das große Finale zustolpert, seid auch Ihr nicht mehr sicher, was hier real ist und was Wahnvorstellung.

Effektvoll inszenierte Ego-Perspektive, glaubwürdige englische Stimmen und lustvoll grausig gestaltete Szenarien vermengen sich so zur stimmungsvollen Geisterbahn. Deren Gleise könnt Ihr leider kaum verlassen, was immer wieder zu nervigen Trial-and-Error-Schleifen führt, wenn Ihr im rudimentären Schleich­modus vor Irrenhaus-Wachen und Monstren flieht oder Ihr Euch spät im Spiel durch halbautomatische Shooter-Passagen sterbt. An eine verstaubte Jahrmarktattraktion erinnert leider auch die technische Präsentation: Unbeholfene Animationen und leblose Wachsgesichter nagen stärker am Gesamteindruck als Psychopompen an Edwards Birne.

Abgesehen davon ist die grundlegende Spielmechanik, das Absuchen begrenzter 3D-Areale nach Ermittlungshinweisen oder Gegenständen solide, aber eben linear. Nur selten müsst Ihr mal eines der wenigen richtigen, dafür meist guten Rätsel lösen, um Geheimtüren oder Safes zu knacken oder eine Höllenmaschine zu manipulieren. Auch die Skillchecks im Dialogsystem gaukeln Diversität eher vor, als dass sie wirklich zu neuen Handlungssträngen führen: Im Endeffekt ist es oft egal, ob Ihr einen Widersacher bedroht oder belabert, die meisten Entscheidungen führen irgendwann wieder aufs selbe Gleis.

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Gast

Mein lieber Geisterköter, da muss ich Dir doch mal wirklich danken. NAchdem ich das Spiel vorgestern durch hatte, hab ich mir heute – also eben, um genau zu sein – den Podcast reingezogen.
Nicht nur unheimlich unterhaltend und gut gemacht, sondern auch gleich noch nicht so verwaschen, wie viele Sachen, die einem heute so als Test kredenzt werden. Davon ab, selten hab ich mich sooooo verstanden gefühlt.
Gegen Ende habe ich nur noch mit mir gekämpft, um das Ding doch noch durchzuspielen. Das Ballern ist lächerlich, aber erträglich. Das Schleichen, Gott, wie sehr würd ich da gerne jemanden für erwürgen … also einen, der es verbrochen hat …

ghostdog83
I, MANIAC
ghostdog83

Nicht viel.

Gast

Coole Sache, ghostdog! Wie sehr spoilern sie denn?
Ansonsten werd ich mir das morgen wohl bei der Hausarbeit anhören. ^_^

ghostdog83
I, MANIAC
ghostdog83

Nightrain, Auf ein Bier hat einen hörenswerten Podcast zum Spiel herausgebracht, der dir inhaltlich munden dürfte:
https://www.gamespodcast.de/2018/11/18/runde-189-call-of-cthulhu/

Gast

Da ich gerade dran bin und gut über die Hälfte des Spiels hinter mir habe … und ich “Bin ein großer Lovecraft-Fan und auch Pen&Paper-Spielleiter. Und natürlich habe ich deswegen auch schon einige Cthulhu-Runden geleitet.” 😉

Mich hätte eine Wertung im 60er Bereich auch nicht verwundert. Da drückt der Tester schon mal ein Kopffüßleraugen zu.
Zudem habe ich auch gerade davor “The Council”, welches vom selben Publisher stammt, abgeschlossen. Da gibt es zwar auch eine lineare grundlegende Story, aber man kann verschiedene Enden erleben und die Fähigkeiten spielen eine deutlich wichtigere Rolle. Soweit sogar, dass bestimmte Abschnitte des Spiels und damit Informationen nicht verfügbar sind.

“The Call of Cthulhu” fühlt sich einfach irgendwie alt an. Nicht alt im Sinne von historisch epochal, eher mehr wie “Baguette von gestern”: Noch geniesbar, aber weit weg von Gaumenschmaus, das es mal war.
Die Optik und die Physik ist veraltet, mindestens um die Zeitspanne zu Beginn der letzten Generation. Auf einer Wii wäre das sicher als Brett angesehen worden … Warum man nicht ein eher augenfreundliches Format, wie Celshading, verwendet hat, bleibt mir unbegreiflich. Telltale hatte auch nie eine sonderlich hochwertige Optik, aber der Look hat wenigstens nicht so aus dem Spielgeschehen gerissen.
Das Gameplay ist auch eher ermüdend. Man klappert strikt nach Vorgabe die Schauplätze ab und sucht sich mitunter einen Wolf. Ein “Detektiv”-Modus, wie beim Witcher oder den Untersuchungsquests in AC Unity und Syndicate, der interagierbare Gegenstände hervorhebt, wäre hier gut gewesen. Aber dann würde man ja nicht die Spielzeit ordentlich strecken …
Die Rätsel hingegen sind zum Teil recht kniffelig, teilweise aber auch recht banal.
Die Geschichte ist, wie im Test erwähnt, ein ziemlicher Eintopf aus vielen Vorlagen, aber Szenenweise so schmerzhaft platt, dass es schon wehtut.

Für die Schleichpassagen – geballert hab ich noch nicht* – gehören die Entwickler steinigt. Frustriende “One-Hit-Death” Runden, die sich gefühlt ewig hinziehen und die mir das kalte Kotzen abgewinnen. Beinahe hätte ich deswegen nicht mehr weitergespielt.
*(Witzig auch, der Depp trägt scheinbar IMMER eine Knarre bei sich, benutzt sie aber bisher nur einmal – in einer Zwischensequenz! Ansonsten steht die “handefeste” Herangehensweise nicht zur Verfügung. Im Angesicht der Tatsachen vor Ort *hust* aggressive Schmuggler *hust* schon fast selbstmörderisch.)

Leider eine enttäuschende Erfahrung. Focus hat oft genug Nieschenthemen zur Umsetzung, aber ich weiß einfach nicht, ob es am Willen, der Fähigkeit, am Geld oder einer irgendwie gearteten Mischung der drei genannten mangelt.
Wer überlegt und Bock auf ein “prinzipiell kann man nicht sterben”-Mystery-Rollenspiel** hat, der sollte lieber zu “The Council”*** greifen. Das ist zwar auch nicht perfekt, aber deutlich interessanter und spannender.

**Rollensspiel, wie in ein Pen’N’Paper RPG, in dem man nicht von einem Schnarchkampf zum nächsten drangsaliert wird.
***Gibt es jetzt auch “komplett” auf Disk. Wobei ich mit “komplett” nur alle 5 Episoden meine. Wie viel Spiel tatsächlich auf der Diks ist oder ob es nur ein physischer Seasonpass ist, weiß ich nicht. Wer mehr weiß, bitte berichten!

Asaziel
I, MANIAC
Asaziel

Bin ein großer Lovecraft-Fan und auch Pen&Paper-Spielleiter. Und natürlich habe ich deswegen auch schon einige Cthulhu-Runden geleitet.
Ich kann mich der Meinung nur anschließen. Das Game hat zu wenige unterschiedliche Wege und der RPG-Aspekt kommt nur minimal zum Einsatz, aber eines kann man ihm wirklich nicht vorwerfen. Mangelnde Atmosphäre. Ganz im Gegenteil.