Project Cars – im Test (PS4)

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Nüchterner geht’s kaum: Der trockene Titel Project CARS umschreibt exakt, was Euch erwartet. Denn CARS steht nicht nur für das Fortbewegungsmittel, sondern auch für ”Community Assisted Racing Simulation” und spielt damit auf die crowdfinanzierte Entwicklung an. Gleichermaßen nüchtern sind Menüführung und Präsentation: Über trockene Textboxen wählt Ihr aus, welche Rennerfahrung und Karriere Ihr erleben wollt. Doch sobald Ihr Euch auf der Strecke befindet, ist all die Tristesse vergessen, denn hier erwacht feinster Motorsport zum Leben.

Gebt acht, denn schon bei den ersten Metern überrascht Euch das kompromisslose Fahrverhalten: Gleichermaßen kämpft Ihr um Grip und mit anfangs kalten Reifen. Gebt Ihr zu nah an den Curbs Gas, kommt es nicht selten zu einem Ausrutscher oder Abflug. Am Controller ist ein ruhiges Händchen gefragt, denn die Vehikel reagieren flott auf Lenkkommandos. Zuschaltbare Fahrhilfen machen den Einstieg jedoch leichter – dazu befragt Euch das Spiel beim Erststart nach Eurer Erfahrung (Anfänger, Amateur, Profi). So bekommt Ihr mitunter mehr Unterstützung beim Fahren und harmlosere Gegner vorgesetzt.

In Project CARS erwartet Euch das wohl größte Fahrerfeld der Konsolengeschichte: Bis zu 45 Raser tummeln sich am überfüllten Start. Habt Ihr die Qualifikation vermasselt, steht Euch ein gutes Stück Arbeit ins Haus: Die agile KI macht zwar notfalls Platz, setzt aber auch nach und drängt Euch ab. Die Computergegner rasen sogar neben der Piste mit Vollgas und überraschen Euch mit Kontermanövern. Gerade im Gedränge bleiben Rempler nicht aus, was die Fahrzeugkontrolle nicht einfacher macht Strafen für unfaires Verhalten gibt es dagegen kaum. Das Schadensmodell gefällt mit demolierbarer Karosserie sowie zuschaltbaren Mechanikschäden, auch Totalausfälle sind möglich. Gut, dass Ihr zum neben Boxenstopp samt Reifenwechsel auch Reparaturen durchführen könnt, selbst wenn die Boxencrew offensichtlich unsichtbar ist.

Wechselhafte Witterungen sorgen für weitere Spannung. Denn ein sicher geglaubtes Rennen kann durch Platzregen und falsche Reifenwahl schnell im Kiesbett enden. Nasse Fahrbahnen erfordern äußerste Umsicht bei den meist übersteuernden Vehikeln, ebenso erschwert die Gischt vorauseilender Konkurrenten die Sicht. Gleichzeitig überzeugen die Wettereffekte mit perlenden Tropfen auf der Kamera, Blitz und Donner sowie funktionierenden Scheibenwischern. Allerdings haben die Wetterumschwünge in Driveclub optisch immer noch die Nase vorn.

Anders als beim PS4-Konkurrenten erwarten Euch bekannte Rennkurse rund um die Welt vom Nürburgring über Laguna Seca bis Road America. Nicht nur Kurven und Anhöhen wirken vertraut, selbst Bodenwellen scheinen korrekt platziert. Einige Kurse sind jedoch ohne offizielle Lizenz, darunter der Monaco-Stadtkurs und die zu Suzuka ähnliche Strecke. Neben altbekannten Pisten laden auch hübsch gestaltete Landstraßen in Kalifornien und an der Côte d’Azur zu einer Ausfahrt ein. Schön, dass Ihr alle Strecken zu jeder Tageszeit befahren dürft – auch mit Zeitbeschleunigung. So lassen sich zum Beispiel die 24 Stunden von Le Mans originalgetreu oder in verkürzter Form bestreiten.

Im Gegensatz zu den teils tristen Strecken bieten die über 60 Automodelle weit mehr fürs Auge. Die edle Auswahl umfasst Rennwagen wie Audi R18, DTM-Vehikel oder Lotus-Einsitzer aus verschiedenen Epochen. Dazu gesellen sich Supersportwagen vom Schlage eines Gumpert Apollo oder McLaren P1. Zwar bleiben Euch zahllose Varianten desselben Vehikels wie in Gran Turismo erspart, jedoch schmerzt das Fehlen von Traditionsmarken wie Ferrari und Lamborghini. Zumindest kommen Porsche-Renner über den Tuninghersteller Ruf mit ins Spiel. Für jedes Auto justiert Ihr zudem Aufhängung, Stoßdämpfer, Getriebe oder Bremsen. Allerdings dürft Ihr keines der Vehikel aufmotzen, diese befinden sich schon im Optimalzustand. Weit mehr als in Gran Turismo überzeugt der Motorensound. Vor allem in der Verfolger-Ansicht scheppern und brüllen Euch die Wagen an, als hätten sie einen heiseren Wutanfall.

Anders als die meisten Genrekollegen erlaubt Project CARS viel Freiheit in der Rennkarriere, wo Ihr direkt Eure Lieblingsklasse wählt – egal ob Tourenwagen, Kart, Formel-Bolide oder GT-Sportauto. Der Rennkalender schreibt die nächste Veranstaltung vor, die neben Rennen auch Training und Qualifikation enthält. Die Karriere verzichtet auf eine Spielwährung, stattdessen verhelfen Euch Siege zur Einladung in weitere Rennklassen. Daneben steht Euch der volle Umfang an Vehikeln und Pisten im freien Rennen zur Verfügung, online beharken sich dagegen 16 Fahrer in offenen und privaten Lobbys mit festgelegten Reglements. Community-Veranstaltungen mit Zeitfahrten runden die Raserei ab.

Thomas Stuchlik meint: Selten hat mich das virtuelle Renngeschehen dermaßen in den Bann gezogen, selten war die Lernkurve mit Wagen und Strecken so gut spürbar. Auch das dynamische Wettersystem spielt seine Stärken aus und fordert den Perfektionisten in Euch. Auf dem Asphalt zieht Project CARS alle Register, vor allem mit einem vernünftigen Lenkrad. Lediglich Bleifüße werden hier Schwierigkeiten bekommen. Ankreiden muss ich dem Spiel die zahlreichen, aber nicht-offiziellen Rennlizenzen sowie Automarken, die eigentlich nicht fehlen sollten. Die offene Karrierestruktur bietet viele Freiheiten, lässt aber den Reiz des Hocharbeitens missen. Doch die nüchterne Inszenierung sollte Euch nicht abschrecken, hier eine Laufbahn als ernsthafter Rennfahrer zu beginnen.

  • ausgeklügeltes Fahrverhalten
  • über 60 Wagen und ebenso viele Streckenvarianten
  • freie Wahl der Rennkarriere
  • gigantisches Fahrerfeld

Viel Fahrgefühl, schicke Optik und facettenreicher Motorsport begeis­tern. Nur an der Inszenierung und dem Fuhrpark mangelt es ein wenig.

Singleplayer85
Multiplayer
Grafik
Sound