Road 96 – im Test (Switch)

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Wenn Ihr in Road 96 die sagenumwobene Straße erreicht, nach der das Spiel benannt ist, das letzte Hindernis zwischen Euch und Eurer Flucht aus dem despotischen Unterdrückerstaat ­Petria, kommt Ihr auf Eurem Weg zur Grenze immer auch an einer Höhle vorbei, in der ein kleiner Steinhaufen aufgeschichtet liegt.

Dieser Turm steht sinnbildlich für all die flüchtigen Teenager, die vor Euch hier waren. Ihr könnt Euch entscheiden: Wollt Ihr das Gebilde um Euren Kiesel ergänzen, um zu zeigen, dass auch Ihr es lebend bis hierher geschafft habt, oder bringt Ihr den Turm zum Einsturz als wuterfüllten Beweis der Sinnlosigkeit Eurer Fluchtversuche? Beide Gesten wären nachvollziehbar, denn nur weil Ihr die Grenze erreicht habt, bedeutet das nicht, dass Ihr es auch lebendig auf die andere Seite schafft. Eure Reise ist immer nur einen zu aufmerksamen Grenzbeamten oder einen falschen ­Atmer im Schmuggler-Lkw davon entfernt, ein fürchterliches Ende zu nehmen – denn flüchtige Kinder werden in Petria in Lager gesteckt. Und selbst wenn Ihr es schafft, mit der Zeit wird Euch klar: Euer Teen ist nur einer von Tausenden und nach Eurer Flucht ist Petria noch genauso schrecklich wie zuvor. Das Problem liegt im System – ziemlich profunde Erkenntnis für ein Videospiel.

Das mag klingen, als wäre Road 96 ein Serious Game à la Papers, Please, doch ganz im Gegenteil! Die meiste Zeit über haben wir es hier mit einem leichtherzigen, spielbaren Roadmovie zu tun, in dem Ihr sympathische Charaktere trefft und mit ihnen herumblödelt. Die einzelnen Spielabschnitte sind dabei begrenzt begehbare Dioramen, die jeweils einen episodenhaften Abschnitt Eurer Reise verkörpern. Am Ende entscheidet Ihr Euch jeweils, mit welchem Transportmittel Ihr weiterreisen wollt, und schafft es so in etwa fünf bis acht Episoden zur Grenze – vorausgesetzt, Ihr werdet vorher nicht von der Polizei aufgegriffen, verhungert oder brecht vor Erschöpfung zusammen. Um das zu verhindern, lohnt es sich, die Augen offen zu halten nach Essen, Schlafplätzen oder entwendbaren Autos, die Euch den Trip erleichtern. Road 96 ist eine Sammlung von Momenten, ein spielbares Reisetagebuch, eine Reihe flüchtiger Begegnungen, in denen Ihr mit immer wieder neuen Teenagern Euer Glück versucht. So fügt sich mit der Zeit ein Bild zusammen, das eine größere Geschichte erzählt, in der Ihr nicht Protagonist, sondern Nebenfigur seid. Ihr habt zwar einen Einfluss auf das Geschehen, doch der ist am Ende kleiner, als die vielen ”Das wird Konsequenzen haben”-Einblendungen vermuten lassen, aber gerade das macht den Charme aus. Euer Teenie mag nur noch weg wollen, doch für Euch ist der Weg das Ziel.

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