Halleluja! Duke Nukem Forever ist wirklich angekommen und rotiert im Konsolenlaufwerk. Selten war das Interesse an einem neuen Spiel in der Redaktion und in der Spielergemeinde so groß wie beim Comeback des sonnenbebrillten Muskelprotzes mit den coolen Sprüchen. Dabei dürften jüngere Zocker den blonden Recken nur aus verklärten Erzählungen kennen, denn seit dem indizierten Vorgänger von Duke Nukem Forever, der 1996 erschien und damit in eine Zeit fiel, als die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ihren bis heute letzten Titel holte, machte der Duke fast nur negative Schlagzeilen. Zahlreiche Trailer, Engine-Wechsel, das Aus von 3D-Realms und schließlich die Rettung durch Gearbox Duke Nukem Forever hat eine lange und bewegte Entwicklungsgeschichte hinter sich. Haben sich der Aufwand und das Festhalten am Projekt gelohnt? Was bleibt vom Duke, wenn man die Nostalgie-Brille abnimmt und ihn an heutigen Shooter-Größen wie Call of Duty, Killzone, Halo und Co. misst?
In erster Linie handelt es sich bei Duke Nukem Forever um einen knallharten Ego-Shooter der alten Schule. Deckungsoptionen, konfigurierbare Waffen, kommandierbare KI-Kollegen und spektakuläre Zwischensequenzen sucht Ihr hier vergeblich. Stattdessen ballert Ihr Euch mit einem klassischen Waffenarsenal durch Polizistenschweine, schwebende Riesenhirne mit Tentakeln, eklige Käfer und Ratten. Ratten? In der Tat, denn in einigen Levels schrumpft Ihr auf Daumengröße, bekommt eine Piepsstimme und müsst Euch mit den gefräßigen Biestern auseinandersetzen, statt sie einfach mit einem gezielten Fußtritt plattzumachen.
Egal ob groß oder klein, Eure Gegner sind nicht gerade intelligent, sondern agieren nach festen Angriffsschemata. Dasselbe gilt für die großen Bossmonster, die Euch den ein oder anderen Frustmoment bescheren und Kennern des Vorgängers bekannt vorkommen dürften.
Um in den hektischen Schießereien am Leben zu bleiben, hat der Duke einige unkonventionelle Extras im Gepäck. Bier macht Euch resistenter gegen feindliche Attacken, Steroide verleihen Euch für kurze Zeit Superkräfte. Allerdings seid Ihr dann auf Nahkampfattacken beschränkt. Mit dem Holoduke führt Ihr Eure Feinde in die Irre und Eure Spezialsonnenbrille lässt Euch im Dunkeln sehen. Eure Schießeisen reichen von der beliebten Schrotflinte über das Ripper-MG bis zum doppelten Devastator-Raketenwerfer und durchschlagenden Rohrbomben. Exotischere Meinungsverstärker findet Ihr in Form des Gefrierstrahlers und der Schrumpfkanone, die Gegner auf Schuhgröße eindampft.
Duke Nukem Forever hat allerdings mehr zu bieten als nur tumbe Ballereien. Oft löst Ihr kleine Rätsel und interagiert mit der Umgebung, um weiterzukommen. Gleich zu Beginn des Spiels sucht Ihr drei Energiezellen, um ein großes Abwehrgeschütz mit Strom zu versorgen. Die ersten beiden sind schnell entdeckt, die dritte erfordert ein wenig Geschick, denn sie befindet sich in einem Raum, den Ihr nicht betreten könnt. Abhilfe schafft ein ferngesteuerter Spielzeugwagen, mit dem Ihr per Fernbedienung einen Parcours meistert und das Objekt Eurer Begierde schließlich in einen Schacht in der Wand schiebt. An anderer Stelle bringt Ihr einen Container zum Kippen, indem Ihr ihn auf einer Seite mit schweren Fässern füllt. Danach dient er als Rampe, um höhere Gebiete zu erreichen. Schade, dass die Sprungsteuerung schwammig ist, der Duke sich wie ein lebloser Klotz steuert und man öfter mal danebenhopst, das zehrt an den Nerven. Wem die Rätsel- und Shooterpassagen nicht ausreichen, der freut sich auf einige Fahr- und Geschützabschnitte.
In anderer Hinsicht gibt es ebenfalls eine Menge Hirnschmalz zu sehen: Aliens erleichtert Ihr mit Schrotflinte und Raketenwerfer um Gliedmaßen und Köpfe, auch Leichen sind vor Splatterfans nicht sicher und können vollständig zerlegt werden. Die gelegentlich möglichen Exekutionen sind dagegen fast harmlos, hier schickt Ihr kniende Feinde nur mit Faust- oder Fußgewalt über den Jordan. So weit, so gut. Verwunderung machte sich aber in der Redaktion breit, als wir auch gefangene barbusige Frauen in den schleimigen Alienhöhlen in ihre blutigen Einzelteile zerlegten. Das ist sogar spielerisch sinnvoll, denn die Damen dienen als Brutstätte für kleine Alienkäfer, die sich an die Oberfläche fressen, wenn Ihr nicht aufpasst Ellen Ripley lässt grüßen. Normale Verbündete lassen sich dagegen von unserer Feuerkraft nicht beeindrucken.
Tabus bricht das Spiel also bei uns in Sachen Gewalt, in Amerika rund um das Thema Sex. So viele knapp bekleidete Frauen, schlüpfrige Sprüche und Zweideutigkeiten haben wir selten in einem Spiel abseits von Leisure Suit Larry gesehen. Die Gags laufen sich allerdings schnell tot. Wenn man einmal durch eine Tür geht, die an den menschlichen Schließmuskel erinnert, mag das witzig sein. Wenn sich das Prozedere zehnmal wiederholt, nicht mehr. Abseits der infantilen Witze erkennt man überall die Liebe zum Detail, welche dem Spiel höchstwahrscheinlich zum langjährigen Stolperstein wurde: Im Vorratsraum des Duke-Burger-Restaurants sind die Dosen mit lustigen Beschreibungen beschriftet, das Duke-Museum zeigt Screenshots aus den alten Spielen und wenn Ihr wollt, betrinkt Ihr Euch in Eurer eigenen Bar oder spielt eine Partie Air Hockey.
Optisch präsentiert sich Duke Nukem Forever in desolatem Zustand. Man merkt dem Spiel an allen Ecken und Enden an, dass viele Levels schon vor vielen Jahren fertig waren. Die Schauplätze sind durchsetzt von groben Texturen und eckigen Objekten, Schatten gibt es nur ab und zu. Umso verwunderlicher, dass das Spiel auf beiden Systemen ruckelt, zahlreiche Clipping-Fehler auftreten und in hektischen Szenen das Bild zerreißt. Manchmal laden Texturen sehr spät oder gar nicht nach und man spielt in einer grauen, verwaschenen Welt, bis der nächste Levelabschnitt beginnt. Das passiert vor allem dann, wenn Ihr nach einem der (schon auf normaler Schwierigkeitsstufe) zahlreichen Bildschirmtode am letzten Checkpoint startet nach verdammt langer Ladezeit wohlgemerkt. Die Schwierigkeit könnt Ihr übrigens während der Kampagne nicht ändern. Einen Ausweg bietet hier die Möglichkeit, schon durchgespielte Levels im Menü zu wählen und von dort neu zu starten. Hier entscheidet Ihr nämlich erneut, auf welcher Schwierigkeitsstufe Ihr spielt. Die deutschen Sprecher rund um Manfred Lehmann, der normalerweise Bruce Willis seine Stimme leiht, machen einen ordentlichen Job, kommen aber nicht einmal ansatzweise an die Qualität der englischen Kollegen um Jon St. John und Co. heran. Wie gut, dass Ihr auch in der deutschen Fassung den Originalton aktivieren dürft. Die Waffen klingen voll, die untermalende Musik hält sich die meiste Zeit aber arg im Hintergrund.
Im Mehrspieler-Modus tretet Ihr auf zehn Karten gegen bis zu sieben Gegner in den klassischen Varianten Deathmatch, Team-Deathmatch, King of the Hill und Capture the Flag an. Allerdings sammelt Ihr keine Flaggen, sondern Frauen. Unterschiedliche Charaktermodelle gibt es nicht, lediglich die Shirtfarbe des Dukes verrät die Teamzugehörigkeit. Hier habt Ihr auch Zugriff auf das traditionelle Jetpack, das es in der Solokampagne nicht gibt. Angeblich befinden sich schon drei DLCs für den Online-Part in Entwicklung, den ersten erhalten Vorbesteller gratis. Die Kämpfe sind kurzweilig und schnell, allerdings scheint die Grafik hier noch einmal eine Stufe detailärmer zu werden. Durch gewonnene Erfahrungspunkte und Herausforderungen schaltet Ihr Extras wie Hüte und Brillen frei oder richtet Dukes Bude mit neuen Gegenständen ein. Das leichtbekleidete Zimmermädchen fehlt hier natürlich nicht.
Duke Nukem Forever ist am Ende das geworden, was viele erwartet haben. Ein technisch hoffnungslos veralteter Old-School-Shooter für Fans, Nostalgiker und alle, die für eine kreative und lange Solokampagne über große technische Mängel hinwegsehen können. Wer den typischen Duke-Humor in zeitgemäßem Gewand erleben will, spielt Bulletstorm.
+ abwechslungsreiche und lange Einzelspielerkampagne
+ typischer Duke-Humor
+ allerhand witzige Details
– Technik von vorvorgestern
– Mehrspielermodus mit vielen Lags
– sehr lange Ladezeiten
Tobias Kujawa meint: Duke Nukem Forever ist der Trashfilm unter den Ego-Shootern. Das Mikro hängt ins Bild, die Kamera wackelt und die Schauspieler haben ihren Text vergessen. Und trotzdem verpasst man etwas, wenn man den Actionhelden aufgrund seiner Altersflecken links liegen lässt. Das Spiel bietet nämlich endlich mal wieder eine lange und vor allem abwechslungsreiche Kampagne, bei der ich nicht einfach von Checkpoint zu Checkpoint renne und meine KI-Kameraden die Arbeit erledigen. Stattdessen gibt es anspruchsvolle Shooter-Passagen, Rätsel, jede Menge Schauplätze und etliche Liter roten Saft. Nur für den bemühten Auf-die-Fresse-Humor bin ich anscheinend schon zu alt. Als Kenner des indizierten Vorgängers fühle ich mich in diesem B-Movie wohl, Hochglanz-Shooter-Fans rümpfen dagegen aus nachvollziehbaren Gründen die Nase.
Michael Pfeilschifter meint: Während meiner gesamten Begegnung mit dem Duke beschäftigte mich eine Frage: Rechtfertigt der Kultstatus einer Videospielfigur den Kauf eines technisch wie spielerisch veralteten Vollpreistitels? Damit muss sich jeder auseinandersetzen, der sich Duke Nukem Forever zulegen möchte. Die Grafik ist texturarm, grobschlächtig und ruckelt an manchen Stellen doch extrem. Die Steuerung zeigt sich gerade bei Sprungpassagen nicht von ihrer besten Seite. Auch in Sachen Sound präsentiert sich der King eher unspektakulär. Der infantile Macho-Humor lässt mich heute bestenfalls hin und wieder schmunzeln. Dennoch kommt mir kein aktueller Shooter in den Sinn, der in Sachen Abwechslungsreichtum und Spieldauer mit dem Duke mithalten kann. Wäre mir Duke Nukem Forever als Downloadtitel zum günstigen Preis begegnet, so wären wir längst beste Kumpels. So wird die innige Männerfreundschaft aber leider vertagt.
Old-School-Ego-Shooter mit technischen Mängeln, die durch derben Humor und viel Abwechslung aufgewogen werden.
Singleplayer |  | 73 |
Multiplayer |  |
Grafik |  |
Sound |  |