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  • #900282
    AkiraVingardAkiraVingard
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    Wenn ihr gerne mal eine gute Kurzgeschichte schreibt, oder lest, dann könnt ihr hier fündig werden. Also ein Aufruf an alle Schreibwillige die gerne mal sehen würden wie ihr neuestes Werk ankommt.
    Ich mache dann auch gleich einmal den anfang… bitte beachtet aber das ich erst angefangen habe Kurzgescgichten zu schreiben.
    Zur Geschichte… es ist die Geschichte eines einfachen Wächters, und T. P. lesern wird der Stil bekannt vorkommen.
    Wenn euch etwas einfällt was in der Geschichte nicht so gut kommt oder selbst sein Werk zeigen will, nur zu. Hier kommt meine erste Geschichte, viel Spaß beim lesen.

    Helden!
    Was für ein Tag! Er fing schon unmöglich an. Als ich endlich aufstand merkte ich das ich so richtig verschlafen hatte, dabei habe ich in dieser Woche Frühschicht. Nachdem ich es endlich geschafft hatte meine Wächteruniform anzuziehen, rannte ich zum Speisesaal. Leider kam ich zu spät, und bekam nur noch eine Scheibe trockenes Brot.
    Nachdem ich mich auf meinen Posten geschlichen hatte bemerkte ich dass ich mein Schwert, das zur Uniform gehört, sich noch in meinen Zimmer befand. Da ist es aber gut aufgehoben, hoffentlich merkt das keiner. Vielleicht kann ich die leere Stelle mit meinen Umhang verdecken so das keinen der Fehler mit den Schwert auffällt. Nach einigen zupfen und falten hatte ich den Umhang endlich so dass alles wie immer aussah.
    Nach einigen Stunden langweiligen Wachdienst geschah es… einer dieser verdammten Helden war in der Burg des dunklen Lords eingedrungen. Mist, was hat der Mistkerl in seiner Hand? Ist das etwa mein Schwert? Eindeutig, es ist es, aber wie kommt er in die Burg? Na klar, ich hatte in der Eile das Fenster nicht geschlossen, und wie es kommen muss hat dieser kleine Bastard meine Vergesslichkeit gleich ausgenutzt.
    Er kam auf mich zu, und ehe ich etwas rufen konnte hatte er mich auch schon erledigt. Ein guter und wie es aussah viel geübter Schwerthieb und mein lebloser Körper lag auf den kalten Fliesen. Wie konnte dies geschehen? Konnte dieser vermaledeite Held nicht morgen kommen? Da hätte ich endlich nach über sieben Monaten wieder einmal frei gehabt.
    Wo kommt diese Gestalt in den Kapuzenmantel auf einmal her? Darf zurzeit jeder wie er will in der Burg ein und ausgehen wie er will? Wer sind sie und was wollen sie? „RATE EINMAL“, kam zur Antwort. Ich sah mir die Gestalt etwas genauer an, schwarzer Kapuzenmantel, ziemlich dürr, eine Sense in der ziemlich knöchernen Hand… Oh, Sie sin doch nicht etwa… „DOCH, GENAU DER BIN ICH“ kam die Antwort, und ich wusste, es ist der Tod.
    Und? Was kommt jetzt? „DAS KOMMT AUF DAS AN, AN WAS HAST DU IN DEINEN LEBEN GEGLAUBT?“. Mist, das musste ja so kommen, ich hatte bisher einfach keine Zeit gefunden um mich um so etwas wie Religion zu kümmern. „DA HÄTTE ICH EINE LÖSUNG“, meinte Tod, „ICH KÖNNTE DIE EINE REINKARNATION ANBIETEN“. Noch einmal leben … ja, das könnte ich mir vorstellen, also willigte ich ein. Wie durch Zauberhand hielt er ein ziemlich langes Pergament und eine Feder in der Hand. „HIER UNTEN BITTE UNTERSCHREIBEN“. Wie von selbst nam meine Hand die Feder und setzte eine Unterschrift an der Stelle des Textes zu der Tod zeigte.
    „SO; DAS HÄTTEN WIR ERLEDIGT, ICH BRINGE DIC DANN EINMAL ZU DEINEN NÄCHSTEN LEBEN“, „WENN DU DANN WIEDER STIRBST KOMME ICH UND DANN KOMMST DU…JA, WIEDER ZU DEINER GEBURT“. Wie? Noch einmal? Soll das bedeuten das das noch länger so weitergehen wird? „JA, DU HAST UNSER NEUESTES ANGEBOT, EIN UNBEGRENTZTES LEBENSABO, GRATULIERE“.
    Logisch, erst verschlafe ich, ich werde von einen Helden Gemeuchelt und dann falle ich noch auf ein Abo rein. Mist…

    #1102247
    Anonym
    Inaktiv

    Ok, dann mach ich mal weiter … aber Vorsicht, pluper Pulp und bestimmt mit massenhaft Fehlern …

    Berlin, 2013

    Die Sache gefiel mir nicht. Nicht der Auftrag an sich, sondern die zwei in schwarz gekleideten Herren, die mir im Frachtraum des, über die schuttbedeckten Straßen holpernden, gepanzerten Vans saßen.
    Piotr und Alexej, wie sie sich mir vor einer Stunde in holprigen Deutsch, mit starkem russischen Einschlag, vorgestellt hatten, machten scheinbar einen erfahrenen Eindruck – aber nur, bis man sie sich unter Einsatzbedingungen näher betrachtete. Beide wirkten nun sichtlich nervös und meine Hoffnung ihre muskulöse Figur entstamme einer militärischen Ausbildung schwand dahin. Wahrscheinlich waren sie Feldarbeiter, die von der Aussicht auf schnelles Geld von ihren Bauernhöfen gelockt worden waren. Aber Teamwork hat auch seinen Vorteile: Es gibt dem Gegner noch andere Ziele außer Dir selbst.
    Erfahrung an der Waffe, beide trugen angelaufene AK-47, wollte ich ihnen nicht absprechen. Viele Bauern, grade in dem, nach dem Holocaust noch schneller zerfallenden Russland mussten sich oft gegen die Geiferer – wie wir die Untoten umgangssprachlich nannten – erwehren. Allerdings entpuppten sich ihre Anzüge schnell als alte, schwarz gefärbte Overalls. Ergänzt wurden diese durch umschnallbare Polsterungen für Knie und Ellenbogen, sowie russische Armeestiefel. Von Panzerung war nichts zu sehen und man sah ihnen die Angst in ihren, durch die Schlitze ihrer Sturmhauben blitzenden Augen sichtlich an.
    Beinahe hatte ich ein schlechtes Gewissen und ich verstand bei Leibe nicht, wieso Doktor Schmidt-Hendrichs mir diese armen Schweine mit auf diese Mission gab. Wenigstens hatte er sie mit dem nötigen technischen Equipment ausgerüstet. Jeder von ihnen trug eine Schulterlampe, ein Headset, was die Kommunikation zwischen uns ermöglichte und an ihrer Koppel befand sich auch ein erste Hilfe-Set. Zusätzlich hatte Piotr einen Bewegungsmelder dabei.
    Ich selbst war sichtlich besser ausgestattet. Unter meinem leichten, grauen Mantel aus ballistischem Tuch trug ich einen schwarzen Vollkörperpanzer, in den bereits die Befestigungen für diverse Ausrüstungstaschen eingearbeitet waren. Für mein gut gehegt und gepflegtes G3 hatte ich ausreichend Munition dabei, ebenso wie für die, im Beinholster steckende 9mm Uzi. Auf dem G3 thronte wie immer ein Bajonett, da man ja nie wissen konnte, wann einer dieser verwesenden Arschlöcher zu nahe an einen herankam. Ergänzt wurde das Ganze ebenfalls durch eine Schulterlampe, ein Sortiment von Granaten, jeweils zwei Blend-, zwei Splitter- und zwei Brandgranaten, sowie ein Wurfmesser an jedem Unterarm und an jedem der kniehohen Schnürstiefel. Als kleines Zeichen meiner Individualität verzichtete ich auf eine Sturmhaube, dafür hatte ich Tarnfarbe verwendet und ein Cowboyhut meinen Kopf.

    Nach einer schier endlos langen Zeit in dem vor sich hin schaukelnden Van, konnte ich es kaum erwarten endlich loszulegen. Endlich waren wir am ehemaligen Naturkundemuseum angekommen und gespannt warteten wir auf das Zeichen unseres Fahrers, daß die Luft rein war.
    Blinky war heute unser Fahrer. Er war zwar immer etwas überbesorgt, aber besser so, als anders. In der verbleibenden Zeit testet ich noch einmal meine Aurüstung.
    „Bravo, kannst Du mich hören?“, testete ich die Verbindung.
    „Da!“, kam von Alexej.
    „Charly, selbe Frage.“
    „Da!“, bekam ich auch von Piotr als Antwort.
    „Luft ist rein, keine Stinker unterwegs!“ knackte es aus unsern Headsets.
    Meine heutigen Partner nickten mir zu und ich erwiderte: „Alles klar, HQ. Türen auf! Wir gehen rein.“

    Als wir die schuttübersäte Straße passierten, machte mir das geordnete Vorrücken meiner Mitstreiter neuen Mut. Anders als von mir erwartet, stürmten sie nicht blindlinks über die kleine Brücke zum Eingang, dessen Türen irgendwann einmal dilettantisch aufgesprengt worden waren und nun windschief ins Gebäude ragten. Vielleicht hatten sie doch eine gewisse militärische Ausbildung genossen.
    Die Front des, mit Kalksandstein verkleideten Gebäudes sah aus wie jemand – zum Beispiel ich –, der seine Pubertät mit tiefen Aknenarben bezahlt hatte. Im Mai 2006 hatten sich hier, im Herzen der einstigen Hauptstadt des Landes, die Armee heftige Gefechte mit den marodierenden Geiferern geliefert. Schnell hatte die Führung feststellen müssen, daß mit jedem Mann, den sie verloren, die Gegenseite einen dazu gewann. Als sie dann noch feststellen mußten, daß die vermeintlich hirnlosen Gegner auch in der Lage waren mit einfachen Waffen umzugehen, beschloß man nicht nur deutschlandweit, sondern auch international die Ballungszentren zu militärischen Sperrzonen zu erklären. Sie waren viel zu verwinkelt und boten unzählige Verstecke, um sie jemals wieder von den Angreifern zu reinigen.
    Die Bevölkerung, saß fest und obwohl sich hier und da Widerstandsnester organisierten, von denen einige auch heute noch existierten, vielen Millionen den Geiferern zum Opfer – oder Schlimmeres. Denn bald hieß es Teufel und Dämonen gingen um, heraufbeschworen durch schwarze Messen und Menschenopfer. Aber ich bin nun schon sieben Jahre in diesem Gewerbe und außer den verdammten Zombies ist mir nichts begegnet.

    Wir durchquerten zügig die Halle mit den Eintrittskartenschaltern, oder viel mehr das, was davon noch übrig war. Holz war in den Städten verständlicherweise sehr knapp geworden und so wurde alles Brennbare von den noch übrigen Einwohnern wie Schätze zusammengerafft. Es war dunkle und nur das schwache Licht des Mondes, welches durch das Skelettdach der angrenzenden Halle fiel, tauchte alles in ein diffuses Silberblau. Ich schaltete meine Schulterlampe ein und gab den beiden anderen ein Zeichen es mir gleich zu tun. Die Luft war klamm und draußen wurde es nebelig. Unsere Lampen zeichneten Kegel in der Luft.
    Endlich erreichten wir den Zugang zur großen Mittelhalle, durch dessen Dach der Mond uns als Lichtquelle diente.
    Die einstigen Exponate der Saurier und Urvögel lagen kreuz und quer verstreut und wir mußten aufpassen nicht über die Fossilien zu fallen. Der Schädel eines Brontosaurus, der einst majestätisch als Prunkstück über die anderen Ausstellungsgegenstände gethront hatte, hing müde von der Decke, während sein Skelett weit unter ihm einen breitgescharrten Haufen bildetet. An einem herausragendem Schulterblatt waren Bißspuren erkennbar – sie waren menschlich.
    Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich mit meinem Eltern, damals war ich zwölf gewesen, genau hier in diesem Saal stand und gebannt hinauf zu diesem Urzeitriesen gestarrt hatte. Damals war ich überwältigt gewesen. Acht Jahre danach war die Hölle ausgebrochen. Heute war es nur noch ein Haufen alter Knochen, ohne Wert, denn sonst hätte bereits ein Sammler bereits ein paar Leichenfledderer darauf angesetzt.
    Mit einem kurzen Kopfschütteln vertrieb ich diese Gedanken, denn wer in meinem Gewerbe nicht ständig auf der Hut war, der lief Gefahr als Geifererfutter zu enden. Wir rückten in Dreiecksformation – Bravo und Charly in einer Linie vorn, ich als Spitze dahinter – bis in die Mitte der Halle vor und knieten kurz im Schutz der Knochen ab.
    „Charly, Bewegungsmelder?“
    „Nejt!“
    „Also weiter!“, befahl ich.

    Die Knochen boten weitere Deckung bis zum Saal über die Evolution, die Säle links und rechts von unserm Standpunkt aus, ließen wir unbeachtet. Wenn wir nicht unter Zeitdruck gestanden hätten, hätten wir sie zur Sicherheit noch durchkämmen müssen, aber in unserem Fall mußte der Bewegungsmelder ausreichen.
    Die Vitrinen waren alle zerschlagen und die Exponate gestohlen. So ein paar versteinerte Muscheln und Fische ließen sich auch leichter wegschaffen, als ein verdammter Dinosaurier.
    Von diesem Saal mußten wir nach rechts zum Treppenhaus und von dort nach unten in den Keller. Ich war bisher der Meinung gewesen, daß sämtliche Museen als erstes geplündert worden wären, aber der Doc hatte darauf bestanden, daß hier noch etwas liegen müßte, das noch nicht gesäubert und deshalb nicht als wertvoll erkannt worden war.
    In geduckter Haltung durchquerten wir den kleineren Saal, doch als sie ins Treppenhaus vorrücken sollten, stockten Bravo und Charly.
    „Stinken wie in Schlachthaus, nicht gut.“ Hörte ich über Funk.
    „Sichert die Tür, ich sehs mir an.“
    Vorsichtig schloß ich zu den Beiden auf und wurde beinahe überwältigt von dem Gestank von Blut. Bravo sicherte ins Treppenhaus, während Charly mir den Rücken freihielt. Ich schlüpfte in Treppenhaus und gab den Anderen das Zeichen mir zu folgen. Der Gestank kam nicht aus dem linker Hand liegenden Saal der Huftieraustellung, sondern kam direkt aus dem vor uns liegenden der Primaten. Meine Begleiter sicherten das Treppenhaus und behielten die anderen beiden Säle im Auge, während ich mir die Quelle des Gestanks ansehen wollte.
    Vorsichtig lugte ich um die Ecke und der Gestank nach geronnenem Blut wurde immer stärker.

    Mein Hirn brauchte einen Moment, um das Gesehene zu verarbeiten. Die Wände des Raumes waren schwarz von geronnenem Blut und menschliche Häute waren an ihnen aufgehangen. Erst hielt ich es nur für alte Kleidung, doch dann erkannte ich sie. Man hatte sie im Ganzen abgezogen und nun dienten sie als Wandschmuck. Leere Augenhöhlen glotzen auf den Mittelpunkt des Saales dort waren die übriggeblieben Exponate und viel Holz zu einem riesigen Feuer aufgeschichtet, über den ein Kessel, wie man ihn in Großküchen verwendetet, an Ketten von der Decke hing und vor sich hin blubberte.
    Der Flammen warfen gespenstische Schatten auf die Leichenteile, mit denen der Boden bedeckt war. Nackte Muskelstränge glänzten feucht und tote Augen starrten ins Nichts. Um das Feuer waren Speere in den Boden gerammt.
    Der Wunsch mich zu Übergeben war vorher schon in mir aufgestiegen, aber ich schluckte ihn immer wieder hinunter, doch nun gewann er. Mein Magen pumpte seinen gesamten Inhalt nach draußen, bis nur noch bittere Galle kam und selbst dann wollte er nicht aufhören.
    „Alpha, was los ist?“, erklang Bravos Stimme.
    „Draußen bleiben!“, hustete ich zurück.
    „Alpha, was los?“ mischte sich nun auch Charly ein.
    Als ich mich endlich zusammengerissen und zu einer Antwort ansetzen wollte, hörte ich bereits russische Gebete über Funk und Würgegeräusche aus nächster Nähe. Bravo und Charly standen in der Tür und übergaben sich ebenfalls, während sie im Schockzustand versuchten Gebete zu stammeln und sich zu bekreuzigen.
    „Los reißt Euch zusammen!“, fuhr ich sie an und versuchte sie an den Schultern aus dem Saal zu ziehen, aber beide starrten wie gebannt in die Flammen.
    Verärgert legte ich an und mit einem Feuerstoß zerschoß ich eine der Aufhängungen des Topfes. Er neigte sich langsam und ergoß seinen Inhalt in die Flammen, die daraufhin verloschen. Mit den letzten Tropfen gab der Topf sein grausiges Geheimnis preis. Im Schein meiner Lampe erkannte ich auf dem Grund einen gehäuteten Mann in Embryonalhaltung. Angewidert wendete ich mich ab und war froh, das sich meine Begleiter noch vollends damit beschäftigt waren sich zu Übergeben.
    „Los raus jetzt!“, brüllte ich sie an und endlich reagierten sie.
    „HQ für Alpha. Alpha, bitte kommen!“
    „HQ? Hier Alpha, kommen!“
    „Was‘n los bei Euch?“
    „Scheinbar sind die Gerüchte über Rituale und Menschenopfer wahr …“, begann ich.
    „Ja, ja … alles klar und morgen kommt der Weihnachtsmann.“, witzelte Blinky.
    „Hör zu, Du Wichser!“, schnappte ich. „Wir sind hier in ein verdammtes Schlachthaus geraten. Mit Häuten verzierte Wände und gekochte Menschen, verstehst Du?“
    „Ich … ich …“
    „Nein, Du nicht, aber wir!“, fauchte ich.
    „Also Abbruch der Mission?“, fragte er vorsichtig.
    „Nein, weiter nach Plan.“, seufzte ich.
    „Okay, HQ Ende!“

    Der Weg in den Keller verlief ohne weitere Überraschungen und wir fanden auch gleich auf Anhieb, das, weswegen wir gekommen waren.
    „… für Alpha. Alpha … kommen!“, plärrte Blinkys Stimme holprig über Funk, als wir auf der Treppe nach oben waren. Scheinbar war die Funkverbindung im Keller abgebrochen.
    „Hier Alpha, kommen!“
    „Ihr kriegt Besuch … Geiferer … mindestens zwanzig …“, die Verbindung war schlecht.
    „Bravo rechts, Charly links! Ihr sichert das Treppenhaus!“, befahl ich hielt mich drei Meter hinter ihnen und war froh, daß es keine unnötigen Diskussionen gab.
    Sie erreichten den obersten Treppenabsatz und gaben über Funk zu verstehen, daß alles in Ordnung war.
    „Charly, was sagt der Bewegungsmelder?“
    „Viele Punkte links … kommen naher!“ Übersetzt bedeute das, daß die Geiferer aus dem Saal für Evolution kamen.
    Ich schloß zu ihnen auf und in dem Moment brach auch schon der erste Untote durch den Durchgang. Bravo und Charly eröffneten beide ohne Zögern, aber leider auch ohne Rücksicht auf ihre Munition das Feuer, in dem sie ihr volles Magazin in die anrückende Menge leerten. Ich schloß mich ihnen mit gezielten Feuerstößen an und versuchte nebenbei Blinky anzufunken.
    „Alpha für HQ, kommen!“
    „HQ hört.“
    „Sind zu viele Stinker, gehen hinten raus.“, stückelte ich zusammen.
    „Roger Alpha, bin bereits unterwegs.“
    „Guter Junge, bis gleich!“
    Bravo und Charly hatten mitgehört und somit zogen wir uns in den vor uns liegenden Saal mit den Huftieren zurück.
    Hier fehlten alle ausgestopften Exponate und mich hätte es nicht gewundert, wenn sie nebenan als Feuerholz gedient hätten.
    Immer mehr Geiferer schoben sich vor und es hielt sie auch nicht zurück, wenn sie Gliedmaßen einbüßten. Vollkommen hemmungslos warfen sie sich uns entgehen und selbst wenn sie keine Beine mehr hatten, zogen sie sich mit den Armen voran. Kugeln rissen Fleisch von Knochen, zerschmetterten Knochen und rissen klaffende, stinkende Wunden.
    Eine geworfene Splittergranate zerfetzte den Stinker, der sie gefangen hatte und riß einem weiteren den Arm ab.

    Wir hatten schon halb den Durchgang zum Saal über die Vögel erreicht, als Blinky uns wieder anfunkte: „Alpha, ihr kriegt Besuch. Ein Hubschauber!“
    Ich war zu sehr mit den anrückenden Gegnern beschäftigt, die nun auch begannen die Umgebung als Deckung zu benutzen, um zu antworten. Scheinbar hatten wir die dümmeren Exemplare bereits erledigt.
    Ich wies Bravo und Charly an den nächsten Raum zu sichern und deckte ihnen den Rücken, als plötzlich etwas neben mir zu Boden ging.
    Aus Bravos Gesicht ragte ein Speer, genau dort, wo seine Nase hätte sein sollen.
    Ich drehte mich um und konnte nur noch erkennen, wie Charly rückwärts aus dem Durchgang auftauchte, aber er ging nicht. Sein Körper hing schlaff in der Luft.
    Mit einem Feuerstoß, der auch das letzte meiner G3-Magazine leerte scheuchte ich die Angreifer auf der anderen Seite des Raumes in Deckung. Dann warf ich mir das Gewehr über den Rücken und drehte mich mit gezogener Uzi wieder Charly zu, der nun vollends im Strahl meiner Lampe zu sehen war.
    Der Körper hing leblos auf dem Schaft eines Speeres, der sein Herz durchbohrt hatte und auf seinem Rücken wieder austrat.
    Der Speer selber wurde von einem nackten Mann gehalten. Nicht nur, daß die blutige Gestalt keine Kleidung trug, sondern auch keine Haut. Nackte, blutige Muskelstränge wölbten sich an den Oberarmen und der Brust, als sie den Speer spielerisch leicht hob und Charly wie eine Puppe im hohen Bogen in die Reihen der Geiferer warf, die sich gleich auf ihn stürzten.
    Ein kleiner Blutschauer ging auf mich nieder und ich stieß einen markerschütternden Schrei aus, zog ich den Abzug durch und leerte mein ganzes Magazin in die Brust dieses Dings aus Blut und Muskeln.
    Die Gestalt erzitterte unter den Einschlägen, Muskeln, Blut und Knochen stoben aus den Wunden, aber sie fiel nicht. Meine Waffe verstummte und das Ding glugste ein gurgelndes Lachen. Blutiger Geifer tropfte aus seinem lippenlosen Mund.
    Mit einem Satz sprang die Gestalt vor und gab mir mit dem Speer einen Rückhandschlag, der mich von den Füßen riß und gegen die nächste Wand schleuderte. Ich verlor meinem Hut und die Waffe während des Fluges, als meine Hand taub wurde. Beim Aufprall explodierte die Welt um mich herum in einem Sternenregen und ein dumpfer Schmerz schoß durch meine linke Schulter.

    Zusammengesunken zu einem Haufen, japste ich nach Luft und sondierte panisch meine Lage. Der rechte Arm war noch etwas taub durch den Schlag, aber nicht gebrochen, die linke Schulter aber wohl schon. Ein stechender Schmerz beim Atmen verriet mir, daß auch wohl eine oder mehrere Rippen auf der rechten Seiten zumindest angebrochen waren.
    Vor mir baute sich das blutige Ding mit dem Speer auf und obwohl sein schädelhaftes Gesicht immer aussah, als würde es grinsen, spürte ich instinktiv, daß er es jetzt in diesem Augenblick auch tat. Mit der linken Hand packte es mich am Hals und hob mich in die Luft. Meine Zehen suchten vergebens nach festen Halt. Röchelnd strampelnd, nahm ich aus den Augenwinkeln wahr, wie sich die Geiferer jetzt auch über Bravo hermachten. Kleidung zerfetzten und gierig das noch warme Fleisch von den Knochen rissen.
    Langsam zog mich das Ding zu sich heran, bis ich wie gebannt nur noch auf diesen abartigen Schädel starrte, dessen Kiefer sich öffneten und ich nun seinen Fangzähne erkennen konnte, die sich meinem Gesicht näherten. Eine lange scharfkantige Zunge leckte über meine Wange und schnitt sie wie eine Rasierklinge bis zum Knochen auf.
    Ohne Vorwarnung explodierte der Schädel und ein Gemisch aus Hirn, Knochen und Blut spritzte mir ins Gesicht, bevor ich zu Boden fiel und es schwarz um mich wurde.

    Als ich wieder zu mir kam war eine vermummte Gestalt über mich gebeugt.
    „Seraph Zwo an Chorus, kommen!“, sagte sie.
    „Hier Chorus, sprechen sie, Seraph Zwo!“
    „Museum gesichert. Seraph Eins und Funef tot. Ein Gefangener. Überreste eines Blutgeborenen …“, es wurde wieder schwarz.

    #1102248
    Anonym
    Inaktiv

    Hmmm, da keiner sich arg negativ geäußert hat, folgt sogleich der zweite Streich, eine Hintergrundgeschichte für meinen “A Song of Fire and Ice”-RPG-Charakter:

    Die Sonne stand noch nicht sehr hoch am Himmel und er fühlte einen Stich in seinem Herzen, als der den Jungen, seinen Jungen korrigierte er sich, in der Ferne immer kleiner werden sah. Heavy, wie der Master of the Hunt allgemein gerufen wurde, war nicht sentimental und seine Frau, Hilda, ging es ebenso. Nur an ihrem Griff, mit dem sie sich an seinem Arm hielt, verriet sie ihre Anspannung. Mit etwas Trauer, aber vor allem einer Menge stolz, blickten sie ihm nach, wie er sich langsam aber stetig von ihnen entfernte, auf dem Weg sein eigenes Schicksal zu erfüllen.

    Es war ein Spätsommer, genau wie dieser, als Kaer das erste Mal in ihr Leben trat. Die Luft war schwer von allen möglichen Gerüchen, schwer von Harz aus den nahen Wäldern, würzig vom Korn auf den Feldern aber auch giftig, denn die Pocken grassierten zu dieser Zeit in den Länderein der Whiteoaks.
    Hildas Schwester Stefania lebte in einer kleinen Siedlung im Süden, wo sie mit ihrem Mann Kerren einen kleinen Bauernhof bewohnte, der gerade genug abwarf, um ein Auskommen zu ermöglichen. Kerren kam nicht aus dem Norden. Wo genau er herkam war Heavy nicht bekannt und sein Schwager hatte es stets vermieden darüber zu Sprechen.
    Auf Grund seiner tiefschwarzen Haare, seiner dunklen Augen und seinem leicht bronzenem Teint, vermutete er in dem damals als Kundschafter arbeitenden Mann Züge der Braavosi oder der Dothraki, wobei er für letzteres wohl zu klein ausgefallen war. Was ihm an Größe fehlte, glich er mit Geschick und Agilität aus und wurde so schnell zu einem der wichtigsten Kundschafter für den alten Whiteoak. Zu jener Zeit lernten sich auch er und Stefania kennen und obwohl Heavy ihm zunächst misstraut hatte, war es dem dunklen Fremden schnell gelungen auch ihn dazu zu bewegen ihn einen Freund zu nennen.
    Mit dem Segen seiner Lordschaft hatten die Beiden einige Jahre später Abschied von Whiteoak genommen, um sich in weiter südlich niederzulassen. Woher Kerren das Geld dafür hatte, war ebenso wenig bekannt, wie seine Herkunft, aber so lange alle damit glücklich waren, wagte er es nicht den Frieden mit solchen Frage auf die Probe zu stellen.
    Nur wenige Jahre später sollten dann aber die Pocken eben dies tun.

    Es war am frühen Morgen, erinnerte er sich und er hatte gerade mit den Vorbereitungen für eine der herrschaftlichen Jagden begonnen, als einige von Ochsen gezogene Karren in den Hof rumpelten. Eine Traube von ausgezehrten Menschen, verhältnismäßig wenige Kinder und Alte, trottete neben ihnen in absoluter Stille einher. Es war ein unheimlicher Anblick, der an eine Prozession Geister erinnerte.
    Eine der Gestalten löste sich und kam mit unsicheren Schritten auf ihn zu. Ob er Hubert Royce, genannt Heavy, wäre, fragte ihn eine junges Mädchen, von vielleicht vierzehn Jahren. Sie starrte vor Dreck und war so dünn, dass sich ihre Haut wie Pergament über ihre Knochen spannte. Ihre unsäglich leblosen Augen suchten die seinen und dann sprach dann mit brüchigen Worten diese Worte, die alles verändern sollten: „Sein Name ist Kaer … der Sohn der Morhens … sie sind … tot … ihr müsst Euch um ihn kümmern!“, und drückte ihm ein Bündel in die Hand.
    Er wollte protestieren, in Zeiten der Not versuchten viele ihre Kinder loszuwerden, um sich und ihnen eine größere Chance zu Überleben einzuräumen, aber das Mädchen hatte sich bereits umgedreht und lief wie in Trance den anderen Flüchtlingen hinterher.
    Das Kind in seinen Armen schlief tief und fest. Ein Blick genügte und er wusste, dass dieses Kind sein Neffe war. Er hatte zwar im Allgemeinen keinen Blick dafür, ob ein Baby einem Elternteil ähnelte, aber seine schwarzen Haare und der dunkle Teint sprachen für sich. Doch der Kleine war nicht das einzige, was sich in dem Bündel befand. Neben dem Knaben lag die Armbrust seines Vaters, an die dieser sich wie an ein Spielzeug klammerte. Diese Waffe war der eindeutigste aller Beweise, denn Myrishe Armbrüste waren in dieser Gegend mehr als nur rar und die auf dem Holz hinterlegten Intarsien machten diese hier unverwechselbar.

    Die Jahre zogen ins Land und da die alten Götter ihn und Hilda nicht mit eigenen Kindern zu segnen, sahen sie in Kaer ein Zeichen und zogen ihn auf, als wäre er ihr eigener Sohn.
    Das Erbe seines Vaters war stark ausgeprägt, doch auch Facetten seine Mutter konnte man erkennen. Er war kleiner als die anderen Jungen in seinem Alter, aber genauso kräftig. Durch sein fremdländisches Äußeres war er stets ein Außenseiter und hatte nur wenige Freunde, was ihm aber seltsamer Weise oder zum Glück – je nachdem von welchem Standpunkt aus man es betrachtete – nicht allzu viel ausmachte. Hier war er seinen beiden Eltern gleich. Beide waren stets verschlossen und hingen oft ihren Gedanken nach, fast meinte man, sie lebten in ihrer eigenen kleinen Welt. Er unternahm ausgedehnte Streifzüge durch die Wälder, kletterte wie ein Eichkater selbst an den höchsten Bäumen empor und bewegte sich ebenso lautlos durch das Unterholz.
    Heavy machte es sich zur Aufgabe ihn in Allem auszubilden, was ein Mann seiner Meinung wissen musste und Hilda übernahm den Rest. Wo er mit dem Jungen durch die Wildniss streifte, ihn das Fährtenlesen lernte und ihm zeigte, wie man mit Schwert und Bogen umging, hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht ihm die Wege der alten Götter zu lehren und wie man sich im Allgemeinen und überhaupt zu verhalten hatte. Einmal hatte er sie sogar dabei überrascht, wie sie ihm einige unbeholfene Tanzschritte beigebracht hatte.
    Auf diese Weise war Kaer zu einem kräftigen jungen Mann herangewachsen, der allerdings in seinen Interessen, egal wie sehr sich Heavy auch bemühte, seinem Vater nachschlug. Für die Jagd hatte er nur wenig übrig und die Art die er bevorzugte war äußerst absonderlich. Zunächst einmal hatte er sich in den Kopf gesetzt, dass es seine Pflicht wäre, seinem Vater durch die Benutzung von dessen Armbrust zu ehren. Der Bengel lehnte es strikt ab einen Bogen zu benutze. Der würde ihn nur behindern, erklärte ihm Kaer mit zehn Jahren. Auf seine Frage nach dem Wieso, antwortete der Knabe, dass es einfacher sei mit einer Armbrust zu klettern und von einem Baum aus zu schießen. Das verstand er also unter einer Jagd, allein auf einem Baum zu hocken und zu warten, dass sich ihm ein Ziel bot, an Stelle mit einer munteren Gesellschaft durch den Wald zu streifen. Sein Erfolg lies aber nur wenige Spielraum für Kritik.

    Dann kam der Tag seines siebzehnten Geburtstags und mit dem Feuer der Entschlossenheit, welches in seinen hellgrünen Augen brannte, erklärte Kaer ihm und Hilda, dass er sich zukünftig als Kundschafter für seine Lordschaft verdingen wolle, so wie es einst sein Vater getan hatte. Nach etlichen heftigen Diskussionen war der Junge aber immer noch fest von seinem Ziel überzeugt, was Heavy, auch wenn er nicht unbedingt einverstanden mit dieser Wahl war, zumindest respektierte und so sprach er auf der nächsten Jagd mit Lord Tobias und legte ein gutes Wort für den Jungen ein.

    Auf der Kuppe des Hügels drehte sich Kaer noch einmal um, um seinem Onkel und seiner Tante zu winken. Das Leder seiner dunkelbraunen Rüstung gab dabei eine leises Knarzen von sich. Wenn es nach ihn gegangen wäre, hätte er weicheres Leder bevorzugt, aber seine Tante hatte darauf bestanden, dass er in gehärtetes Leder gekleidet war. Wolf, das Langschwert seines Onkels an seiner Hüfte wog schwer, strahlte aber auch etwas Beruhigendes aus, während Rabe, die Armbrust seines Vaters, in Griffreichweite am des Sattels hing. Beide Waffen wurden durch den festen, groben Kapuzenmantel verdeckt, den seine Tante extra für ihn genäht hatte. Er ähnelte dem seines Onkel, wenn er zur Jagd auszog und die Kombination aus grauer, grüner und schwarzer Wolle ließ seinen Träger nahezu mit seiner Umgebung verschmelzen.
    Hecht, sein Palfrey, ließ sich weder davon, noch von den zum Bersten mit Vorräten gefüllten Satteltaschen beeindrucken. Solch ein Pferd war recht ungewöhnlich, denn zum Einen war es nicht nur unstandesgemäß für ihn es überhaupt zu besitzen, zum Anderen hatte es das Temperament eines Maulesels.
    Es war als Fohlen von seiner Mutter verstoßen worden und nur der aufopferungsvolle Einsatz seiner Tante war es zu verdanken, dass es nicht getötet worden war. Er selbst war damals vielleicht sechs Jahre alt, trotzdem konnte er sich noch lebhaft an den Streit zwischen seinem Onkel und dessen dickköpfigen Frau erinnern, die selbst bei Lord Tobias vorgesprochen und ihn angefleht hatte ihr das Kleine zu überlassen, damit sie es aufziehen könne.
    Ob seine Lordschaft damals ob dieser Aufopferungsbereitschaft oder aber auf Grund seiner Sympathie gegenüber seinem Onkel und der Überzeugung, dass das Tier ohnehin nicht überleben würde zugestimmt hatte, konnte er nicht sagen. Zusammen hatten sie Hecht jedoch durchgebracht. Vielleicht deshalb war das Tier anders, als andere Pferde seiner Rasse. Sicher, er war gelassen und nur wenig brachte ihn überhaupt aus der Ruhe, aber er war auch ein Einzelgänger und nicht zu vergessen störrisch ohne Ende. Er hatte sich zunächst nie gegen einen Reiter gewehrt und ließ sich auch ohne Probleme zu machen das erste Mal satteln, doch die Kommandos des Reiters schien er nur zu befolgen, wenn es ihm passte.
    Als Horse Kennel, der Master-of-Horse, ihn das erste Mal reiten wollte, rührte er sich nicht vom Fleck. Er stand da wie eine Statue und ignorierte alle Versuche seines Reiters ihn zu bewegen. Erst als Horse zur Gerte griff, bäumte er sich auf und warf den verdutzten Mann ab, nur um diesen dann mit einem abschätzigen Blick zu würdigen. Seine Tante war die einzige, die er vollends akzeptierte. In Kaer schien er einen schwachen zweibeinigen Bruder zu sehen und tolerierte ihn daher wohl als Reiter.

    Sie ritten vorbei an den nur schwach bewachsenen Ebenen, die Whiteoak umgaben und erreichten schon bald den Wald, durch den die Straße nach Süden führte. Da es noch recht früh am Morgen war, war die Luft noch kühl und hätte er nicht seinen Mantel gehabt, hätte er sicherlich gefröstelt, als er in den Schatten der ersten Bäume ritt.
    Oben in der Burg herrschte bereits seit Sonnenaufgang emsige Betriebsamkeit. Die hohen Herren und Damen wollten sich auf dem Weg zu einem Turnier machen und so war Kear beinahe unbemerkt zu seiner Reise aufgebrochen. Er hatte Befehle in einer kleinen Siedlung recht nach an der südlichen Grenze nach dem Rechten zu sehen, weil dort angeblich eine wilde Bestie die Wälder unsicher machte. Vermutlich war es aber nur eine Einbildung der Bauern, so dass die anderen Kundschafter sich nicht damit abgeben wollten und er, der Frischling, so zu dieser Ehre gekommen war.
    Ihm war es Recht. Seit er ein denken konnte, wollte er die Welt sehen und auch wenn Hillards Hand, wie die Siedlung hieß, sicherlich nicht viel anders war als die Siedlungen um Whiteoak herum, freute er sich auf die Reise und das, was er möglicherweise alles sehen würde.

    Er war den ganzen Tag geritten und da Hecht nur einem leichten Trab zugestimmt hatte, hatten sie nur wenige Pausen benötigt.
    Weißer Rauch strebte hinter einer Kuppe träge dem Himmel entgegen. Er entrollte kurz das Leder mit der skizzierten Karte und war sich sicher, er hatte sein Ziel erreicht. Das Gehöft war eingerahmt von dichten Wäldern, die nur im Westen gerodet worden waren, um Platz für Felder zu schaffen.
    Gerade als sie auf der Kuppe ankamen und er dem Pferd ein Zeichen zum Anhalten geben wollte, kam dieses ihm bereits zuvor. Er stieg ab, da er sich erinnerte, wie ihn seine Tante gelehrt hatte, dass ein Reiter grundsätzlich Misstrauen erregen würde, und führte Hecht an den Zügeln zur Siedlung.
    Diese bestand aus einem Langhaus, zudem auch die Stallungen gehörten, sowie zwei kleineren Häusern, einem Brunnen in deren Mitte und einer Scheune. Die Bauern gingen ihrer Arbeit nach und erst als eine blonder Junge von ungefähr zehn Jahren ihn erblickte und nach seinem Vater rief, bemerkten sie ihn.

    Der kräftige Mann mit der Mistgabel musterte ihn vorsichtig von oben bis unten und aus einer scheinbar sicheren Entfernungen taten es ihm die anderen Bewohner des Ortes gleich. Es dämmerte bereits und zu dieser Zeit konnten Fremde gefährlich sein, vor allem wenn sie wie Kaer ein Schwert bei sich trugen.
    „Grüße Fremder! Was führt Euch nach Hillards Hand?“, das Misstrauen in der rauen Stimme des Mannes war kaum zu überhören.
    Kear versuchte mit einem Lächeln die Lage zu entspannen, bevor er antwortete: „Mein Name ist Kaer Morhen, seine Lordschaft Tobias Whiteoak of Ice Spire schickt mich, um den von hier kommenden Berichten nachzugehen.“
    Das schien den Mann nicht im Geringsten zu beruhigen und seine Hand ergriff die Mistgabel fester. „Das kann ja jeder behaupten!“, meinte er feindselig.
    „Aber nicht jeder hat das hier.“, antwortete Kaer und griff über alle Maßen langsam in eine der Satteltaschen, um das besiegelte Schreiben seines Herren hervorzuholen.
    Das genügte um den Mann umzustimmen und verlegen versuchte er sich zu rechtfertigen: „Sire, vergebt mir, ich wollte nicht …“
    Kear schenkte ihm ein ehrliches Lächeln und wiegelte ab: „Ich bin kein Sire, nur ein einfacher Kundschafter. Mein Name ist Kaer, wie ist der Deine?“ Dann streckte er dem Mann seine Hand entgegen.
    Sein Gegenüber schien nun völlig aus der Fassung und ergriff sie aber zögerlich „Mein Name … ist … Bendar.“ Sein Griff war fest und schwielig.
    „Gut Bendar, dann sag mir doch, wo ich mich um mein Pferd kümmern kann und dann sollten ich wohl mit Eurem Ältesten sprechen!“
    „Dort hinten, Herr.“, Bendar zeigte auf die Scheune.
    „In Ordnung mein Freund … und Kaer reicht.“ So ließ den verdutzten Bauern stehen und brachte Hecht in die Scheune, wo er ihn mit etwas Stroh abrieb und Haufer aus den Satteltaschen zu fressen gab. Hinter ihm kam vorsichtig der blonde Knabe in die Scheune und stellte unsicher einen Eimer frisches Wasser auf die Erde.
    „Wie heißt Du?“
    Der Junge wurde rot, antwortet dann aber. „Maik, Herr, man nennt mich Maik.“
    „Ich danke Dir, Maik. … und nenn’ mich Kaer.“
    Maik zeigte ihm ein von einigen Zahnlücken unterbrochenes Grinsen und lief dann davon.

    Kurz darauf saß er mit der Familie im Haupthaus. Der namensgebende Hillard war das älteste Familenoberhaupt. Zusammen mit seinem ältesten Sohn und dessen Frau wohnte er im Langhaus, in dem einen der beiden kleineren Häusern lebten seine Tochter mit ihrem Mann und den zwei Kindern. In dem Anderen sein jüngster Sohn, Bendar mit seiner Frau und dessen Sohn Maik.
    Während der Alte von den seltsamen Vorfällen der letzten Wochen berichtete, gab es einen einfachen, aber nahrhaften Dinkeleintopf und frisches Eichelbrot.

    Gerade als sich die Gemeinschaft zu Bett begeben wollte, ertönte aus dem Stall nebenan ein gewaltiges Krachen gefolgt von dem schrillen Quieken eines Schweins. Sofort waren alle auf den Beinen, doch als sie die Tür zum Stall öffneten drängten sich ihnen fünf Ferkel, zwei Ziegen und mehrere Hühner entgegen. Es war zu spät. Die äußere Stalltür war mit unglaublicher Kraft aufgebrochen und im Schein der Fackeln konnte man die riesige Gestalt nur schemenhaft erkennen, die gerade mit der Muttersau im Wald verschwand. Ein schwerer Moschusgeruch lag in der Luft.
    Das Entsetzen war groß, denn die Ferkel waren noch nicht alt genug um ohne das Muttertier zu überleben und da Sie für Tauschgeschäfte und als Winterreserve für die Gemeinschaft bestimmt waren, kam dieser Diebstahl einer Katastrophe gleich.

    Kaer lief in die Scheune und griff nach seinen Waffen, die er hier in der Absicht zurückgelassen hatte, die Bewohner von Hillards Hand nicht zu ängstigen. Hecht würde er zurücklassen müssen, aber er wäre des Nachtens im Wald wohl auch keine große Hilfe.
    Während die Anderen versuchten die verängstigten Tiere einzufangen, sprach er kurz mit Hillard. Dieser war erstaunlich klar und schien als Einziger die Fassung zu bewahren. Beide kamen überein, dass obgleich der Geruch auf ein Tier hindeutete, kein Tier von dieser Welt Werkzeuge benutzen würde. Die Spuren an der Stalltür waren scharf umrissen und erinnerten an einen großen Hammer. Es schien als hätte der Angreifer mit nur einem Schlag die Türen aus den Angeln geschlagen.

    Die geladene Armbrust mit beiden Händen fest umklammert, folgte Kaer den Spuren tiefer in den Wald. Neben dieser hatte er das Langschwert und einen Dolch gegürtet.
    Laut Hillard hatte seine Familie dieses Ding bereits des öfteren durch den Wald streifen sehen, aber niemals war es so nah am Gehöft gesehen worden. Es war fast, als hätte es versucht sie von hier fern zu halten.
    Lautlos bahnte er sich seinen Weg, wobei ihm seine Fähigkeit selbst bei schwachem Licht sehr gut sehen zu können einen guten Dienst erwies. Prinzipiell hatte Kaer mit Farben sein Problem, er erkannte Rot, Grün, Blau und alle anderen kräftigen Farben, aber Zwischentöne waren für ihn ein Buch mit sieben Siegel. Wobei ein Buch auch ohne ein Siegel ein Rätsel wäre, da er nicht lesen konnte. In der Nacht hingegen, war alles anders. Farben spielten eine untergeordnete Rolle. Er vermutete, dass ihm das seine besondere Wahrnehmung ermöglichte.

    In der Ferne, versteckt in einer Senke und nahezu verdeckt durch das dichte Unterholz war der Schein des Lagerfeuers kaum zu erkennen. Er verließ den Trampelpfad, auf den er gestoßen war, als er die Spuren verfolgt hatte und dem er gefolgt war, weil die Fährte des Schweins dort weiterführte und der einen Bogen schlug, um dann vermutlich an diesem Lager zu Enden, und bewegte sich zunächst tief gebückt und dann kriechend an den Rand der natürlichen Vertiefung.
    Zwei Gestalten saßen dort um das Feuer am Eingang einer Höhle. Ein kräftiger Bursche und ein schlacksiger Kerl, beide mit primitiven Schwertern und Bögen bewaffnet. Sie unterhielten sich gedämpft, aber lebhaft. Es war schwer zu verstehen, wovon sie sprachen, aber einige Brocken konnte Kaer aufschnappen, achtete aber darauf nicht in die Flammen zu schauen, sondern das Geschehen nur aus den Augenwinkeln zu betrachten, um seine Augen nicht zu sehr an die Helligkeit zu gewöhnen.
    Sich sprachen über einen Mann, denn sie Sigurd nannten und wie er die Bewohner von Hillards Hand in Angst und Schrecken versetzte. Als der eine außerhalb des erhellten Kreises zeigte, erkannte Kaer, dass an einem Baum die Muttersau aufgehängt hing. Man hatte ihr die Kehle durchgeschnitten und sie dort zum Ausbluten und Ausnehmen hingehangen. Die Stücke, die die Männer dort an Stöcken über das Feuer hielten mussten zu den Innereien gehören.
    Von Zeit zu Zeit ging der Schlacksige Patrouille, dabei kam er immer an ein und demselben Baum vorbei.

    Es war bereits weit nach Mitternacht, als Kaer sich endlich an diesen Baum herangepirscht hatte. Er schulterte die Armbrust und behände erklomm er einen der dicken unteren Äste.
    Als der schlacksige Kerl sich erneut auf seine Runde begab, legte sich Kaer Rabe bereit. Sie ruhte auf einer Astgabel von der aus er freie Sicht auf den kräftigen Mann am Feuer hatte.
    Gerade, als der Dünne fast unter ihm war, betätigte er den Bügel der Schusswaffe, die ein Geräusch von sich gab, die dem leisen Ruf eines Raben ähnelte und drei schlanke Bolzen schlugen nur einen Liedschlag später in Brust, Hals und Kinn des Kräftigen ein, der mit ungläubigen Gesichtsausdruck nach hinten kippte.
    Der Andere drehte sich zunächst um, blickte dann aber nach oben, nur um ein grün-grau-scharzes Etwas auf ihn zustoßen zu sehen. Kears Gewicht riss ihn von den Füßen und bevor der Mann sich ernsthaft wehren konnte, hatte der Dolch dessen Kehle gefunden. Mit einem letzten Zucken der Gliedmaßen, einem panischen Blick in seinen Augen und Kaers Hand auf seinem Mund wich das Leben aus ihm.
    Zum Glück war der Kerl recht leicht, so dass es Kaer nicht so schwer wie befürchtet fiel ihn zurück zum Feuer zu schaffen. Dort setzte er ihn und seinen Mitstreiter wieder in eine aufrechte Position, ganz so, als wäre nichts passiert. Für den Fall, dass noch andere dort draußen sind, wären diese zumindest nicht sofort alarmiert.
    Nachdem er Rabe vom Baum geholt hatte, lud er sie neu und mit der Armbrust und der Linken und Wolf, dem Langschwert seines Onkels in der Rechten, betrat er die Höhle.

    Es zog recht kräftig. Die Luft wurde förmlich in die Höhle gesaugt und so kam es, dass es dort recht frisch roch. Trotzdem war es feucht und der Gang war glitisch. Trotz seiner guten Augen fiel es ihm schwer etwas zu erkennen, aber aus Angst entdeckt zu werden, hatte er keine Fackel mitgenommen. Vorsichtig tastete er sich durch den erstaunlich langen Gang, der sich windend ins Innere der Erde erstreckte.
    Als er wähnte, der Gang würde wohl niemals enden, erkannte er einen flackernden Lichtschein hinter der nächsten Biegung. Noch vorsichtiger als zuvor bewegte er sich darauf zu und erstarrte, als er sah, was hinter der Biegung auf ihn wartete.
    Eine riesige Kammer erstreckte sich vor ihm, deren Decke eine Öffnung aufwies und durch die man die Sterne sehen konnte. Im Licht des Mondes stand ein Baum, doch nicht irgendein Baum, es war ein Baum der alten Götter. Er war geneigt gewachsen, so dass sein Gesicht die Sterne sehen konnte, trug jedoch keine Blätter mehr. Quer durch die Höhle verlief ein munterer Bach, der zusammen mit dem weißen Stamm des Baumes das einfallende Licht reflektierte.
    Am Fuße des Baumes hielten sich zwei Männer auf, von denen der Eine damit beschäftigt war eine Grube auszuheben, während der Andere, in eleganter Kleidung eines Städters daneben stand und pausenlos auf den Grabenden einredete.
    Er bestand darauf, dass das, wonach er auch immer suchte, hier sein musste und trieb den Anderen an schneller zu arbeiten, als dieser auf Etwas stieß, dass hölzern klang. Mit zwei weiteren Hieben des Spatens schien dieses Hindernis zu splittern und der Redner sprang begeistert in die Grube.
    „Da ist es! Ich wußte es doch. Hab ich es nicht immer gesagt?“, die Worte sprudelten förmlich aus ihm heraus. Er bückte sich und hielt etwas empor, um es im Licht der Fackeln besser betrachten zu können. Es war ein alter Panzerhandschuh von grünlicher Färbung, der einen etwa hühnereigroßen roten Stein auf der Armschiene. Die Finger waren einzeln ausgearbeitete und selbst das Leder schien noch ohne Makel.
    Mühselig musste der Gräber den Redner aus der Grube helfen und als dieser schließlich wieder heraus war, plärrte er, dass sie sofort nach Kingslanding zurückkehren werden. Doch das war etwas, was Kaer nicht zulassen konnte. Was immer die Fremden hier gefunden hatten, gehörte seinem Herren. Diese Menschen waren Plünderer und er würde sie nicht entkommen lassen.
    „Halt!“, seine Stimme schnitt durch die Stille und wurde von den Wänden der Höhle hin und her geworfen. Die Männer erstarrten.
    „Du da,“ er zeigte mit Rabe auf den Gräber, „komm raus da!“
    „Rotzbengel!“, ereiferte sich der Redner. „Du weißt nicht, mit wem Du es hier zu tun hast! Achim tu doch etwas!“
    Und Achim tat etwas. Er war gerade aus der Grube geklettert, da schwang er plötzlich den Spaten über den Kopf und wollte Kaer damit zu Leibe rücken. Rabe krächste erneut und von drei Bolzen in der Brust getroffen torkelte Achim zurück in die Grube.
    Der Redner ergriff die Gelegenheit, langte nach dem schmalen Schwert an seiner Hüfte und warf sich in eine Kampfposition, wie sie Kaer nicht kannte. Er legte Rabe ab und die Beiden begannen sich zu umkreisen. Der Fremde lächelte, als er erkannte, dass sein Gegner seinen Kampfstil nicht kannte. Mit einer Finte hätte er beinahe Kaer eine fiese Wunde am linken Oberschenkel zugefügt, doch das gehärtete Leder verhinderte das Schlimmste. Trotzdem brannte die Wunde wie Feuer. Der Nächste Angriff des Fremden zielte auf sein Gesicht ab und nur durch einen beherzten Sprung zurück entging er der pfeifenden Klinge.
    Der Kampf glich einem Tanz zwischen einem hervorragenden Tänzer und einer Kuh, wobei Kaer Rolle des Huftiers übernahm. Der Fremde war schnell und seine Klinge scharf und vor allem spitz. Während Kaers Langschwert vor allem brachial, wenn auch schnell war. Wieder konnte er einem Angriff des Gegners nur knapp parieren.
    Wenn er aber schon die Rolle des Rindviehs spielen musste, dann wollte er es auch in Gänze tun und so tat er, was alle bockigen Tiere tun, er trat aus. Er wartete, bis der Gegner einen Wechsel in seiner Beinarbeit durchführte und stürmte vor und trat mit aller Kraft zu.
    Der schrille Schrei des Fremden hallte von allen Seiten auf die Kämpfenden ein und endete erst, als der Kopf des Gegners auf den Boden aufschlug.
    Schnaufend ließ sich Kaer auf den Boden fallen. Hätte der Kampf noch länger angedauert, würde er jetzt dort liegen. Er durchsuchte die Taschen der beiden Männer und fand neben einem Brief, den er nicht lesen konnte, auch einige Gold-Thrones. Er schätzte, dass diese Hillards Leute gut über den Winter bringen würden.
    Den Handschuh, bei dem es sich nur um den Linken handelte, befestigte er an seinem Gürtel. Er war erstaunlich leicht, ohne jedoch zerbrechlich zu wirken.

    Rabe auf dem Rücken, Wolf am Gürtel, kämpfte er sich den Gang hinauf, denn der Kampf hatte ihm einiges abgefordert. Er war erschöpft und unaufmerksam. Wäre nicht der der stete Luftstrom gewesen, wäre er vielleicht in sein Ende gelaufen. Draußen dämmerte es bereits, aber der schwere Geruch in der Luft verhieß, dass er nicht allein war. Er spannte Rabe und so wie er hinabgestiegen war, bahnte er sich seinen Weg hinauf, Rabe in der Linken, Wolf in der Rechten.

    Als er am Eingang der Höhle ankam, wartete das Ding, dass das Schwein gestohlen hatte. Draußen wartete Sigurd, der ihn finster anblickte. Er hatte einen Mantel aus Bärenfell, bei dem der Kopf des Bären auf seinem eigenen ruhte und war selbst größer als Kaers Onkel Heavy. Sein Haar und der lange Bart waren wirr und mit grauen Strähnen durchzogen. In der rechten Hand hielt er einen Hammer, den zwei normale Männer hätten wohl nur schwerlich bewegen können. Mit der linken hatte er die Sau geschultert.
    „Hast g’wonnen, gib nüscht ma zu hol’n, ick werd g’hen!“, brummte er zu Kaers Verblüffen. „Wat bring’s u’s, u’s umz’bing’n?“ Dann drehte er sich um und verschwand langsam im Wald, den ungläubig dreinblickenden Kaer zurücklassend.

    #1102249
    AkiraVingardAkiraVingard
    Teilnehmer

    Also mir persönlich hat die erste Geschichte etwas besser gefallen. So etwas hängt aber immer vom eigenen Geschmack ab.
    Aber an sich ist dein Schreibstil gut, Nightrain. Willst du weiterschreiben und auch später mal was veröffentlichen? Für mich wär es ein Traum, mein Buch im Regal einer Buchhandlung zu sehen. Mal sehen was noch so kommt. Ich arbeite schon an meiner nächsten Story. Wie es aber aussieht wird diese etwas länger als meine erste. Umso öfter ich die geschriebenen Zeilen überarbeite, umso länger wird sie… auch nicht schlecht.
    Viel Spaß noch beim schreiben.

    #1102250
    captain carotcaptain carot
    Teilnehmer

    Kritik? Satzbau vor allem.

    Quote:
    Dann streckte er dem Mann seine Hand entgegen.

    Sein Gegenüber schien nun völlig aus der Fassung und ergriff sie aber zögerlich

    Manchmal darf es ruhig auch direkter sein:

    Diese Hillards würden sich sicher gut über den Winter bringen statt er schätze, dass…

    Kleines Beispiel. Schwierig ist außerdem, verschiedene Personen passend sprechen zu lassen. Das schafft auch so mancher bezahlte Autor nicht vernünftig. Einerseits nicht zu schematisch, andererseits schon irgendwie standesgemäß. Das klappt teilweise schon ganz gut.

    Ebenfalls immer etwas problematisch sind unzählige Rückgriffe auf vergangene Ereignisse. Die werden allzu gern mal eben in langweiligen Nebensätzen abgehandelt. Ganz besonders bei Reihen. Das kann man auch anders machen. Man kann einen Charakter auch prima einen (Alp-)Traum vergangener Ereignisse haben lassen, Dinge, die zumindest zwei Personen betreffen in einem Gespräch Revue passieren lassen usw.

    Warum von mir hier nix so schnell stehen wird? Weil meine bisherigen Ergüsse mir nie gut genug waren, um sie irgendwo zu veröffentlichen.

    #1102251
    AkiraVingardAkiraVingard
    Teilnehmer

    So ging es mir auch immer capitan carot, aber… irgendwann muss man den Mut aufbringen und der Welt seine Werke zeigen, auch wenn es nur zur übungen ist. Nur mit der (konstruktiven) Kritik kann man besser werden und seine Fehler die man ansonsten übersieht ausbessern.

    #1102252
    AkiraVingardAkiraVingard
    Teilnehmer

    Diese Geschichte ist so in der art passiert. Ich wollte einmal testen ob man auch aus der Sicht eines unbelebten Gegenstandes eine gute Geschichte schhreiben kann.
    Habt Spaß beim lesen.

    Erzählungen der Übungspuppe Vincent

    Wenn ich mich einmal vorstellen darf, Vincent, Sir Vincent, aber Sie können mich auch einfach Vinci nennen, vorausgesetzt wir können uns auf ein freundschaftliches „Du“ einigen.
    Ich will von einen Ereignis berichten das sich am 16. Mai zugetragen hatte.
    Es war kein Morgen wie jeder andere, das spürte ich gleich nachdem ich erwachte. Irgendetwas war anders…
    Aber ich will doch lieber erst einmal von mir selbst erzählen. Ich bin eine anatomisch korrekte Übungspuppe aus Kunststoff. Die Jahre sind nicht spurlos an mir vorübergegangen, mein Kopf fällt immer wieder ab und meine Gelenke werden auch immer steifer. Mit ein Meter achtzig bin ich nicht gerade klein, gut gebaut und … halt schon ein wenig älter, mit der einen oder anderen Schramme.
    Jahrelang haben die verschiedenen Gruppen mit mir geübt und trainiert. Mit meiner Hilfe konnte man lernen wie man einen echten Menschen pflegt, reinigt, ihn richtig ins Bett legt und ganz allgemein was man noch alles beachten muss. Diese Arbeit mit den Gruppen hat mir auch immer Spaß gemacht. Bis auf den Zwischenfall mit den zwei seltsamen Typen die Testen wollten ob… Nein dies ist eine andere Geschichte die ich nie, und ich meine damit auch niemals erzählen werde… Aber zurück zur eigentlichen Geschichte.
    Ich lag also wie immer in meinem Bett im Unterrichtsraum, entspannt und unbekümmert. Später als üblich hörte ich Schritte vor der Tür, dann wurde aufgesperrt. Die einzelnen Teilnehmer des Kurses kamen in den Raum, und mir wurde sofort bewusst dass keiner von ihnen etwas mit der Pflege am Hut hat. Jeder von ihnen suchte sich unter lauter Plaudern einen Platz als eine der Teilnehmerinnen mich bemerkte.
    So wie Sie mich ansah hatte ich kein gutes Gefühl. Sie kam auf mein Bett zu, betrachtete mich eingehend und fing an schelmisch zu Grinsen. Bevor ich mich versah wurde ich schon angehoben. Dabei fiel mein Kopf, der immer ein wenig locker saß, kullernd zurück ins Bett. Was geschieht mit mir, was hat diese unmögliche Person vor?
    Voller Panik bemerkte ich dass ich zu einem leeren Stuhl getragen wurde. Dort angekommen setzte man mich kurzerhand auf den Stuhl, brachte meine Gliedmaßen in Position und schob mich an den Tisch. Danach holte Sie noch meinen Kopf. Auf den Rückweg fiel Ihr eine Perücke auf, die Sie einfach mitnahm. Mit ein wenig hin und her wurde mein Kopf wieder auf meinen Körper gesetzt und als Krönung setzte man mir auch noch diese grässliche Perücke auf. Ich, auf einen Stuhl, mit einer Perücke auf den Kopf… unmöglich!
    Leider kann man sich als Übungspuppe nicht sonderlich zur Wehr setzen, weshalb ich noch heute so entwürdigend dasitze… Mal sehen was ich als nächstes erleben muss.

    #1102253
    Anonym
    Inaktiv

    Danke Euch Zweien für Eurer Feedback.

    Captain, Dialoge sind das, was mir die größten Sorgen bereiten. An sich sind sie einfach, nur sie lebendig klingen zu lassen, das ist dann der haarige Teil daran.
    Was meinen Satzbau anbelangt, so weiß ich, dass ich oft “betriebsblind” bin und oft fallen mir Ding nicht immer auf, weil ich für mich im Unterbewußten weiß, was ich sagen/schreiben will und es mir dann diesen Zustand vorgaukelt. Jeder Lektor hat an mir seine wahre Freude.
    Was dein Geschreibsel angeht, laß mal was lesen. So lange Du kein Geld von den Leuten verlangst oder sie zwingst deine Sachen zu lesen, sollten dich unsachliche Kritiken wenig scheren.


    @Akira
    :
    Ich finde deine zweite Gesichte hat Potential, das Du ausbauen solltest, gerne auch in längerer Form. Es würden sich diverse Kurzgeschichten über das menschliche Miteinander anbieten, wie es sie wohl in Gegenward einer solchen Schulungseinrichtung wohl viele geben dürfte. Vielleicht könnte die Puppe als naiver – es ist immerhin eine Puppe – Gegenstand und Erzähler fungieren, der die sozialen Interaktionen zwar schonungslos mitbekommt, aber nciht so recht versteht, warum Menschen so sind wie sie sind.

    Einige meiner Geschichten kann ich hier leider nicht posten, dann würde mich Ulrich wohl am Spieß rösten, aber hier etwas, was ich mal für ein nie weiterverfolgtes Shadowrun-Kurzgeschichtenprojekt geschrieben habe, was aber schon viele Jahre her ist, deshalb weiß ich nicht, wie und ob die folgende Fassung lektoriert wurde … ;)

    All Inclusive

    Berlin, ADL, 03. September 2062
    11:01 Uhr

    Der Kopfschmerz zerrte an meinen Nerven und so langsam begann ich mich zu fragen, ob die letzten fünf Whiskey nicht doch fünf zu viel gewesen waren.
    Ich kroch aus dem Bett und schleppte mich Richtung Dusche. Dreck, ich werde zu alt für diesen Scheiß!
    Der warme Regen war angenehm auf der Haut und brachte meine Lebensgeister wieder in Wallung. Nach der anschließenden Tasse ‚Herzinfarkt – Light’ war ich dann sogar in der Lage die ersten klaren Gedanken zu fassen und bemerkte endlich das eindringliche Blinken der ‚Anruf eingegangen – Leuchte’ des Anrufbeantworters.
    Der Druck auf den Abrufknopf ließ den Bildschirm zum Leben erwachen und ein mir nur zu bekanntes Gesicht erscheinen. Karmen sah umwerfend aus – wie immer. „Schönen guten Morgen Bishop!“ flötete sie mir entgegen. Um ehrlich zu sein, hasse ich es, wenn Leute schon am frühen Morgen gute Laune versprühen und sich genötigt fühlen ihre Umwelt damit malträtieren. „Gut geschlafen?“ fuhr sie munter fort. „Wenn Du Interesse an einem Job hast, komm heute 1400 ins Gateway. Wir seh’n uns dann!“ Ihr Bild verblasste und er Schirm wurde schwarz.
    14:00 Uhr hatte sie gesagt? Ich blickte auf meine Armbanduhr, die auf dem Nachtisch lag. Das LED zeigte 11:34, was mir noch die Zeit gab etwas zu essen zu besorgen, bevor ich mich im Gateway einfinden mußte.

    11:34 Uhr

    Die Straßen waren fast leer als ich aus dem Haus kam. Berlin Gatow mag nicht die feinste Adresse sein, aber hier kümmert sich keiner um die Angelegenheiten des Anderen, außer er verspricht sich davon einen Vorteil.
    Einige Autos säumten die Straße, der Großteil nicht mehr als Schrott. Die einzigsten fahrbaren Untersätze hier gehörten den Mercenaries, einer Straßengang, die dieses Gebiet dominierten. Mein Verhältnis zu ihnen ist momentan noch etwas angespannt, was zugegebener Maßen auch an mir gelegen hat – doch ich schweife ab.
    Man merkte, das es Herbst wurde, der Wind war eisig. Ich schlug den Kragen meines Trenchcoats hoch und zog den Hut tiefer ins Gesicht. Langsam bereute ich, dass ich meinen Jackrabbit zur Reparatur gegeben hatte, doch mit der fehlenden Beifahrertür – mein Problem mit den Mercenaries hatte ich ja bereits erwähnt – wäre diese Art der Fortbewegung sicherlich auch nicht wärmer gewesen.

    11:48 Uhr

    Nach einem Fußmarsch von zehn Minuten war ich an der ersten Station meines Tages angelangt, Biff Burgers Dinner.
    Als ich den Laden betrat, schlug mir gleich der Geruch von altem Frittierfett entgegen und nahm mir für einen Augenblick den Atem. Der Laden ist das letzte, aber seine Burger sind die Besten der Stadt, einer der Gründe, warum es mich immer wieder hierher zieht.
    Biff Hartmann, ein fetter Norm, mit glasig glänzender Glatze und ungefähr Mitte vierzig, stand hinter der Theke und unterbrach sein Gespräch mit einem der Gäste, um mich erfreut mit seinen Schweinsäuglein anzublicken. Ich schenkte ihm ein kurzes Begrüßungslächeln und tippte leicht mit der rechten Hand gegen die Hutkrempe.
    Ich lies meinen Blick durch den Raum wandern und stellte verwundert fest, dass mein Lieblingsplatz, ein Tisch in der hintersten Ecke, noch frei war. Ich lies mich in auf die Bank sinken, darauf bedacht, die Wand in meinem Rücken und den Laden vor mir zu haben.
    Kaum hatte ich meinen Hut abgesetzt, kam auch schon Jenny mit ihrem ‚Hi Süßer’ Lächeln. Sie ist der andere Grund, weshalb ich hier her komme. Obwohl sie Biffs Tochter ist, hat sie soviel Ähnlichkeit mit ihm, wie eine Rose mit einem Kürbis und entgegen ihrem Vater wußte sie auch, wie man – oder besser Frau – sich angebracht kleidet. Ihre graublaue Bluse und der gleichfarbige Rock betonten das, was man(n) gerne sah – und davon hatte sie genug.
    „Was kann ich heute für Dich tun?“ begann sie und lächelte, da sie wußte was ich antworten würde – unser altes Spiel.
    „Das weißt du doch ganz genau oder?“, mein Lächeln wurde breiter. „Aber fürs erste sollten zwei Cheeseburger Deluxe und großes Glas Milch ausreichen.“
    „Kommt sofort!“ gab sie zurück und notierte meine Bestellung auf ihrem Block. „Über den Rest reden wir ein andermal.“ zwinkerte sie mir zu und verschwand sie in Richtung Küche, nur um nach einigen Minuten mit zwei Cheeseburgern, einer riesen Portion Soya – Pommes Frittes und einem Glas Milch zurückzukommen.

    13:03 Uhr

    Als ich Biff‘s Dinner verließ war es 13:03 Uhr und ein Fußmarsch von einer halben Stunde lag noch vor mir. Ich hoffte nur es würde nicht regnen, doch denn Gefallen wollte der Himmel mir wohl nicht erweisen, gerade auf halber Strecke fing es an aus allen Eimern zu schütten. Fängt ja gut an – Super!

    13:36 Uhr

    Als ich das Gateway erreichte, war ich bereits gut durchgeweicht und fror. Meine erste Handlung würde wohl darin bestehen, mich von innen mit einem guten Cognac zu wärmen.
    Vor seiner ‚Restaurierung’ durch einen Politclub war das Gateway einer der angesagtesten Schuppen in Gatow gewesen, danach war es auch noch gut, aber die exklusiven Gäste waren ferngeblieben. Später hatte es sich zu einem Treffpunkt für geschäftliche Treffen entwickelt.

    Um diese Zeit war noch kein reger Betrieb hier und so waren die meisten Tische unbelegt. Little John der orkische Barkeeper mit den beiden polierten, verchromten Cyberarmen grinste mich schief an, während er die Gläser spülte. Ich staune immer wieder über die Sauberkeit hier – etwas, das man heute nur noch selten findet. Gemächlich schlenderte ich zu ihm herüber und zog dabei eine nasse Spur hinter mir her, während dreckige Tropfen von meiner Hutkrempe tropften.
    „Wenn das nicht mein alter Chummer Bishop ist? Sag an, was geht bei Dir so?“ grollte mir die Stimme des Bartenders entgegen, während er mir seine rechte Metallhand reichte. Man konnte hören, das seine Freude nicht, wie bei vielen anderen nur gespielt war. Little John hatte damals ebenfalls zeitweise für die Agentur gearbeitet. Mehr im verdeckten, da Hauer, wie er zu auffällig gewesen wären, aber er hatte mir oft genug den Arsch gerettet – und ich ihm seinen.
    Ich ergriff seine Hand und schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Karmen hat mich herbestellt. Wie es scheint hat sie Arbeit für mich.“
    Das Lächeln was ich erntete war mitleidig, ebenso wie die Worte, die ihm schnaufend folgten: „Man Alter, wann ziehst Du dich endlich aus dem Business zurück. Hey, ich mein, sieh mich an. Ich verdien‘ hier nich wirklich viel, aber zum Leben reicht‘s alle mal … und ich laufe nicht weiter Gefahr, daß irgend’n Dreckhead mir den Schädel runter ballert.“ Er sah auf seine Cyberprothesen, mit denen er grade die Theke wischte. „Die hier,“ und hob die Armprothesen, „die reichen mir schon.“
    Ich erwiderte sein Lächeln. „Weißt doch, ist eben unmöglich nem alten Hund neue Tricks beizubringen. Ist der hintere Tisch schon reserviert?“
    „Klar, Karmen denkt doch mit und kennt deine Paranoia.“
    „Du weißt doch, nur weil man paranoid ist, heißt das noch lange nicht, …“
    „… daß nicht doch jemand hinter Dir her ist. Ich weiß, ich weiß!“ beendete der Ork den Spruch grinsend.
    Bevor ich mich in Richtung Tisch begab, gab ich noch die Bestellung für den Cognac auf, die John mit einem „Kommt sofort“ quittierte.

    Auf dem Weg zu meinem Tisch lies ich meinen Blick durch den Raum wandern. Die Tische waren lehr, bis auf die Ecke, die gegenüber der Tür lag. An diesem Tisch saß ein Pärchen und ging dem nach, was ich auch mal wieder machen sollte – Spaß haben. Bei genauerer Betrachtung handelte es sich um einen Troll, der einer Norm seine Zunge in den Hals steckte, daß ich mich fragte mußte, warum bei ihr davon kein Kotzreiz ausgelöst wurde. Er funkelte mich mit an und sein Kopf ruckt mit fragenden Blick in meine Richtung. Die Frage, die damit verbunden war unmißverständlich: „Was bib‘sn zu glotzt’n?“ und während sie an seinem riesigen Ohrläppchen zu knabbern begann und ihre Hand in seiner Hose vergrub, beschrieb ich mit meinen Händen eine abwehrende Geste. Scheinbar beruhigt, widmete er sich wieder seiner eigentlichen Beschäftigung, wobei mir immer noch nicht klar war, ob durch mein bestechendes Wesen oder ihre Behandlung. Irgendwie drängte sich mir bei diesem Anblick die Frage nach dem ‚Warum‘ auf. Vielleicht ist ja doch etwas an dem Gerücht über die „Naturnoppen“ der Trolle. (Naturnoppen = Warzen, die sie (Trolle) angeblich am GANZEN Körper haben)
    Stumm vor mich hin grinsend erreichte ich den Tisch.

    Das Mobiliar des Gateway war nicht wirklich extravagant. Die meisten Tische boten Platz und Stühle für vier bis fünf Personen. Obwohl es natürlich auch größere Sitzgelegenheiten für ausgedehnte Geschäftstreffen in den zwei Hinterzimmern gab.
    Um den einfachen Holztisch gruppierten sich vier gleichartige Stühle, von denen ich zwei in Beschlag nahm. Einen für meinen Hut und Mantel und einen für mich selbst.

    Mit dem Wissen, Wände links und hinter sich zu haben, stützte ich mit beiden Ellenbogen auf den Tisch und behielt den Eingang im Auge.
    Little John kam gerade von Richtung Bar, um mir meinen Drink zu bringen, als die Person in der Tür erschien, auf die ich gewartet hatte.

    14:00 Uhr

    Karmen wirkte mal wieder unwiderstehlich auf mich, was ja nicht weiter ungewöhnlich ist. Eine große Frau, Mitte zwanzig mit sportlicher Figur und feinem, femininen Gesicht. Abgerundet wurde die äußere Erscheinung durch ihre milchkaffeefarbene Haut und die kurzen, stachelig gegelten Haare.
    Wie einem vielleicht nicht gleich klar wird, habe ich eine gewisse Schwäche für sie entwickelt, doch bevor ich hier wieder Abschweife, kommen wir zum Geschäftlichen: Schutzperson, weiblich, sicher vom Flughafen zum Hotel bringen und sie am nächsten Tag wohlbehalten ihrem Vater abzuliefern. Da diese leider geschäftlich außerhalb verhindert war und deshalb später nach kommen mußte.
    – So weit so gut, die ‚All Inclusive Tour‘ war also gebucht, einfach verdiente Kohle!

    *****

    Seattle, 5.September 2062

    14:07

    Ich blickte geistesabwesend durch die verspiegelten Scheiben der Limousine und beobachtete das muntere Treiben, als wir den Flughafen verließen.
    Bisher war alles sauber verlaufen und wenn es nach mir ging, sollte das ruhig so bleiben.
    Ich tippte leicht gegen den Stecker in meinem linken Ohr und die Funkverbindung zu unserem Fahrer erwachte mit leisen Rauschen zum Leben.
    „Jupp!“ quäkte es mir entgegen.
    „Cross, Status?“, flüsterte ich zurück, um unsere Schutzperson nicht zu wecken. Der Flug von New York hatte sie wohl ziemlich mitgenommen und so war sie kurz nach unserer Abfahrt eingeschlafen, was mir nur recht war, mußte ich nicht jetzt schon ihren banalen Auswüchsen lauschen.
    „Chrome und ich sind gut drauf, kein Ärger in Sicht.“ Chrome ist Cross‘s Töle, die mit ihrem Aufgebot an Cyberware jeden Streetsam hätte neidisch machen können. Ich hab zwar nichts gegen das Vieh, doch ganz geheuer ist es mir auch nicht, aber wem wäre ein Hund mit Stahlgliedmaßen nicht unheimlich?
    „Mußtest Du ihn mitschleppen?“ fragte ich und lies dabei eine gute Portion Mißfallen mitschwingen.
    „Bishop, Du weißt doch, wir sind unzertrennlich und wenn ich in zwei Wochen nach Seattle gehe, dann kann ich ihn nicht mitnehmen. Ich versuch nur so viel Zeit, wie möglich mit ihn zu verbringen.“ war, was ich als Antwort erhielt.
    „Ja schon gut, paß aber auf, das er nicht die Polster ruiniert.“ Ich lies es damit auf sich beruhen und schloß die Verbindung, da ich keine Lust eine Diskussion hatte, von der ich wußte, das ich keinen Blumentopf gewinnen würde, zumal der Cyberkläffer eine zusätzliche Lebensversicherung bot.
    Der Wagen schaukelte gemächlich durch die Straßen und ich zollte den Fähigkeiten, die der Junge an den Tag legte von Mal zu Mal mehr Respekt.
    Cross ist mit seinen achtzehn Jahren noch neu im Schattengeschäft, doch obwohl er weder vercybert ist, noch offensichtlich Magie wirkt, schlägt er sich wacker. Wobei ich immer noch vermute, daß er wohl so eine Art von Adept sein mußte, denn in Punkto Reaktionsvermögen war er mir haushoch überlegen. Wenn man dabei meine Cyberware, die fast ausschließlich auf Reaktionsverbesserung ausgelegt ist, in die Rechnung mit einbezieht, bringt mich er mich immer wieder zum Staunen.

    15:19

    Die Limousine kam leicht schaukelnd vor dem Eingang des Hotels zum halten und nachdem mir Cross ein „OK“ per Funk gegeben hatte öffnete ich die Tür und stieg langsam hinaus. Unsere Schutzperson begann langsam aus ihrem Schlaf zu erwachen und begann ebenfalls Anstalten zu machen das Fahrzeug verlassen zu wollen, wovon ich sie aber mittels kurzer Handgeste abhielt. Ich wollte mir zuerst ein Bild der Lage machen. Cross schloß sich mir auf der anderen Seite des Fahrzeugs an.
    Die Umgebung wirkte ruhig – etwas zu ruhig für mich – aber es gab vorerst keinen offensichtlichen Grund für Ärger. Einzig ein Biker auf der anderen Straßenseite erweckte meine Aufmerksamkeit. Er war groß und komplett in schwarz gekleidet. Sein kahler Schädel reflektierte das Licht der Laterne unter der er und seine Streetfighter standen. Doch er schien in ein Gespräch mit einer jungen Frau vertieft und stand mit dem Rücken zu mir.
    Nachdem ich die Lage sondiert hatte und reichte ich ihr meine Hand, um ihr beim Ausstieg behilflich zu sein. Erst jetzt viel mir auf wie jung, aber auch hübsch sie war.
    Während wir das Hotel betraten, wies Cross den Portier an das Gepäck auszuladen.

    Das Innere des Hotels gehörte nicht unbedingt zum obersten Luxus, doch war ansprechend und Geschmackvoll gestaltet – obere Upperclass eben! Goldverzierungen und schwarzer, weißgeäderter Marmor wohin das Auge reichte.
    Die Rezeption lag direkt gegenüber des Eingangs. Auf beiden Seiten führten Treppen in die obere Etage, in welcher sich, laut meinen Informationen, das hauseigene Restaurant befand.
    Links und Rechts vom Weg standen, entlang den Wänden Couchecken aus rotem Leder. Fünf an der Zahl, zwei links, drei rechts, doch nur zwei waren belegt. In der hinteren Linken saß ein altes Paar und unterhielt sich lautstark über Gott und die Welt – im wahrsten Sinne des Wortes. Die vordere rechte Sitzgelegenheit wurde von einem Latino eingenommen, dessen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, über die linke Schulter auf den zum Sitzleder passenden Anzug lagen. Ein vornehmer Zwirn, darunter ein schwarzes Hemd – dem Glanz nach zu urteilen Seide. Er qualmte einen Zigarillo – eine dieser superdünnen Zigarren, die leider den selben üblen Geruch verbreiten, wie ihre großen Brüder. Er schien sich um seine eigenen Sachen zu kümmern und ich hoffte, daß es so blieb.

    Zwischenspiel:

    Ich lehnte mich wieder in meine Ausgangsposition zurück und zog genüßlich an meinem Zigarillo. Bones hatte mir grade das Zeichen gegeben, daß das Schmuckstück eingetroffen war.
    Grade als ich genüßlich ausatmete betraten es mit ein kompetent wirkender Bodyguard im Schlepptau das Gebäude. Exelend, es beginnt!
    Mit einem leichten Handstreich fegte ich etwas Asche von meinem Hosenbein und lächelte vor mich hin.

    17:00

    Nachdem sie sich etwas frisch gemacht hatte saßen wir zusammen im Wohnbereich der Penthouse Suite – wo wohl auch sonst?
    Entgegen meiner ersten Meinung mußte ich feststellen, daß Elisa – so war ihr Name – nicht dem gängigen Bild einer verzogenen Exec Tochter entsprach und für eine 22–jährige erstaunlich ernst sein konnte.
    Wir hatten uns schon etwas unterhalten und daher wußte ich, daß Ihre Eltern sich getrennt hatten und sie eigentlich bei ihrer Mutter in New York lebte und studierte, doch für einige Wochenenden im Jahr ihren Vater in Berlin besuchte.
    Voller Stolz hatte sie mir auch die Brosche gezeigt, die er ihr dieses Mal als Geschenk hatte zukommen lassen. Eins mußte ich dem Mann lassen, Geld hatte er, leider kam dafür der Geschmack etwas zu kurz. Das Stück bestand aus einem großen, blauen Stein, der von einer goldenen Fassung gehalten wurde. Meiner Oma hätte das sicher gut gestanden, doch für eine Frau in ihrem Alter war es eindeutig ungeeignet.
    Zu ihrem Glück konnte ihre übrige elfische Erscheinung diesen Fehltritt vergessen lassen. Eine schwarze, enge Hose und ein dazu passender blauer Pullover. Das etwas mehr als schulterlange Haar fiel offen über ihre Schultern und rahmte das schöne Gesicht mit den ausdrucksstarken, braungrünen Augen dunkelblond ein. Sie war etwas kleiner als ich, ungefähr 1,75 und hatte eine schlanke, durch ihren Kleidungsstil unterstrichene, weibliche Figur.
    Wenn unser Status nicht so entgegensätzlich und sie nicht eine meiner Klienten gewesen wäre, so hätte ich gegen eine nähere Bekanntschaft mit ihr nichts einzuwenden, aber … Geschäft ist eben Geschäft!

    23:21 Uhr

    Der Abend war gut verlaufen, Elisa – und zugegebener Maßen auch ich – hatte sich gut amüsiert.
    Das Villago war eines der noblen Restaurants, also ein Ort, den ich mir normaler Weise nicht leisten konnte. Um mich der breiten Masse anzupassen hatte ich mich sogar in Schale geworfen, obwohl Cross im Nachhinein behauptete, ich hätte es wegen ihr getan – elender Quatschkopf!

    Wir hatten uns gut unterhalten und verließen den Freßtempel so gegen 23:21. Ich kam nicht umher ihren grazilen Gang zu bewundern, bevor ich mein Augenmerk wieder auf meine eigentliche Beschäftigung richtete. Ich mahnte mich selbst zur Wachsamkeit, doch wer konnte einem kleinen Schwarzen schon wiederstehen? Dieses Mal konnte nicht einmal die klobige Brosche, die sie vorn am Ausschnitt trug das Gesamtbild stören.
    Ich blieb einige Schritte hinter ihr und lies meine Sinne wieder dem eigentlichen Geschäft nachgehen, was sich auch als gut herausstellte. Eine schwarze Streetfigher bannte meinen Blick und wenn ich mich nicht ganz täuschte, dann würde der Glatzkopf von vorhin nicht weit sein. BINGO! – der Schein seiner Glatze hatte ihn verraten, er versuchte zwar so gut wie nur möglich in der dunklen Seitenstraße unterzutauchen, aber vergebens.
    Schnell schloß ich zu Elisa auf und bugsierte sie dezent zum und in den Wagen. Cross öffnete uns die Tür und während sie im Inneren der Limousine verschwand, gab ich Cross das vereinbarte Zeichen, für den Fall das es Ärger geben sollte. Er quittierte es mit einem unmerklichen Kopfnicken und schloß die Tür hinter mir.

    Wir bogen grade auf eine der dichter befahrenen Hauptstraßen, als Cross mir per Funk mitteilte, daß wir verfolgt wurden. Ich brauchte nicht viel zu rätseln, um wen es sich dabei handelt konnte. Die Schwarze Maschine schob sich immer dichter an uns heran, immer darauf bedacht, diverse Fahrzeuge als Sichtschutz zu nutzen.
    Ich gab Cross die Order langsam, aber sicher, Abstand zwischen uns und unseren Verfolger zu bringen. Scheinbar hatte auch sie bemerkt, daß etwas nicht stimmte und blickte mich mit besorgter Miene an. Mit einem „Alles Ok!“, verpackt in meinem vertrauenserweckernsten Lächeln versuchte ich sie zu beruhigen, mit Erfolg. Dumm war nur, daß der Glatzenmann uns unsere Aktion wohl übel nahm, denn ein peitschender Geschoßhagel prasselte von hinten gegen die Scheibe und hinterließ ein feines Netz aus Rissen.
    Noch als die erste Schrecksekunde andauerte, erlaubte mir meine Cyberware zu handeln. Ich riß Elisa in den Fußraum und warf meinem Kevlar gefütterten Mantel über sie. Sicherlich kein umfassender Schutz, aber falls sich doch eine Kugel verirren sollte, besser als nichts.
    Kurz nach dem ersten Schauer erwachte mein Funkgerät mit statischen Knacken: „Hey Bishop, der schießt auf uns!“ – Ja, unser Cross is ein schlauer Junge! – „Die Heckkamera zeigt, daß es eine kleine MP oder etwas in der Art ist. Scheinbar nicht geeignet, um bei uns viel Schaden anzurichten.“ Aber ausreichend uns zu erschrecken, fügte ich in Gedanken hinzu.
    „Bring uns hier weg … und schaff uns diese Schmeißfliege vom Arsch!“, brabbelte ich zurück.
    Das war das Signal, auf daß er gewartet hatte. Der Wagen begann kontrolliert zu schlingern und somit mit den nötigen Ausweichmanövern.
    Draußen heulte die Turbine des Motorrads und ich sah es auf in meinem Seitenfenster auftauchen. Der Fahrer war wirklich gut, im fahren warf er das leere Magazin aus und stieß einen neues in das Griffstück. Kaum hatte er sein Kunsttückchen vollendet, dämmerte es mir, was er vorhatte – der rechte Vorderreifen.
    Der Wagen begann immer mehr zu schlingern, während unser Verfolger an Fahrt verlor. Cross ließ den Wagen in eine Seitengasse abdriften in der Hoffnung, ihn dort besser kontrollieren zu können. Mit Erflog und verdammt viel Glück gelang es ihm, auch wenn sich der Lack der rechten Seite mit der Hauswand paarte. Funken schlagend, streiften wir die Gasse, als ein Van die nahende Ausfahrt versperrte.
    Die Seitetür wurde bei Seite gestoßen und noch während unser Fahrzeug schlitternd zum stehen kam, eröffnete eine große, massige Gestalt – ein Troll – das Feuer auf uns. Scheinbar aber nicht auf uns direkt, sondern auf den Motorblock. Die Geschosse seiner Roomsweeper bahnten sich ihren Weg und ließen ihn ersterben.
    Wir kamen grade zum stehen, als ich das Schiebedach aufstieß und meinem Revolver zur Antwort bellen ließ. Die Schüsse waren ungelenkt, brachten aber unseren Schützen dazu das Feuer kurz einzustellen. Diese Gelegenheit nutzend, sprang Cross aus dem Fahrzeug und lud seine Winschester durch. Grade zur richtige Zeit, denn auch Freund Glatzkopf bog zur selben Zeit um die Ecke. Er wich den ersten zwei Schüssen geschickt aus, doch der dritte erwischte ihn direkt und hob ihn aus dem Sattel. Die Streetfighter schoß ohne ihn weiter, gradewegs mit lautem Getöse in einen nahen Müllcontainer. Zusammen nahmen wir nun den Schützen unter Feuer, der rund zehn Meter vor uns, hinter einem anderem Container, in Deckung gehechten war, nachdem er, im Schutz der Ablenkung, den Van verlassen hatte.
    Mit haaresbreite verfehlte eine Salve meinen Kopf. Unser Verfolger war wieder da. Ich deutete Cross sich den Troll vor zunehmen und Elisa im Inneren des Wagens zu bleiben.
    Mit einem beherzten Sprung rutschte ich das Heck hinunter und gab zwei weitere Schüsse auf den Fahrer ab. Zeit zum Nachladen. Ich sprang weiter, diesmal hinter den, mir am nächsten gelegnen Müllcontainer.
    Aus dem Augenwinkel erkannte ich eine weitere Gestalt, kleiner als der Troll, nicht viel und weiblich – ein Ork. Ihr Partner hielt Cross mit gezielten Schüssen unten, während sie tiefer in die Gasse und damit zur Limousine vordrang. Dumm für sie nur, daß ein Hund, schwerer vercybert als sie selbst wohl je seinen würde, erst vor und dann plötzlich auf ihr stand, die Zähne in ihren Schußarm versenkt. Cross‘s Winschester brüllte zurück und scheuchte nun den verdutzen Troll in Deckung.
    Mehr als rechtzeitig richte ich mein Augenmerk wieder auf die Glatze, die plötzlich neben mir stand und versuchte mir mit seinen Spornen das Gesicht zu veredeln. Ich tauchte knapp unter dem Schlag weg und die Krallen streiften Metall. Als Antwort stieß ich ihm meinen Revolver in die Rippen und drückte den Abzug durch. Sein ungläubiger Blick und die zwei am Rücken austretenden Kugeln zeigten mir auf, daß er seine Sorgen wohl hinter sich gelassen hatte.

    Zwischenspiel:

    „Ich sah mir das Gerangel in der Gasse unter mir genauer an. Die Typen waren gut, verdammt gut. Die Dreckheads, die ich angeheuert hatte, hatten aber ihre Schuldigkeit getan. Zeit für mich einzugreifen!“

    Hinter mir hörte ich das lautes Platschen von Stiefeln auf nassem Beton. Ich nahm schemenhaft die Gestalt eines Mannes wahr. Er lief von der Feuertreppe der gegenüberliegenden Seite zum Wagen und zog eine weitere Gestalt aus dem Fahrzeug. „Elisa!“
    Durch meinen Schrei alarmiert, wählt mich unser neuer Gegner als Zielscheibe. Drei Schuß, zwei in Wand und Container, einer davon streifte meinen linken Arm – Dreck!
    Vom Druck zurückgeworfen prallte ich gegen die meinen vorherigen Schutz. Diesen Augenblick nutzte der Unbekannte, um eine im Dunklen verborgene Tür aufzuschießen und durch sie ins innere des Gebäudes zu verschwinden, Elisa schreiend im Schlepptau.
    Ich zwang mich wieder auf die Füße und rief Cross zu, daß er und Chrome sich um die beiden Anderen kümmern sollten und folgte dem Entführer.

    Bei dem Gebäude handelte es sich um ein altes Theater, der Staubschicht nach zu urteilen, die überall zu finden war, schon lange nicht mehr offiziell benutzt. Diese Tatsache sollte mir die Verfolgung um einiges erleichtern – und richtig, ich fand eine Spur von Kampfstiefel, gefolgt von leichten Schuhwerk, so wie sie es trug. Ich rannte durch die Kulissen und stellte den Fremden – wie sollte es auch anders sein, der Latino aus dem Hotel… .
    Der Typ war schnell, genau wie ich, andernfalls wäre es mir aber auch nicht gelungen seiner ersten Attacke, in Form eines Trittes auf meinen Kopf, auszuweichen, obwohl ich dabei meine Waffe einbüßte. Ich duckte mich unter seinem Angriff weg und versuchte zu kontern, doch meinen Hieb mit der Faust in den Magen steckte er ohne Schwierigkeiten weg. Sein linker Ellenbogen traf mich dafür um so härter im Rücken und trieb mir die Luft aus der Lunge. Sein Knie folgte und brach mir mit kurzem Knirschen die Nase. Ich taumelte und viel nach hinten.
    Mein Gegner dachte scheinbar schon, ich wäre schon ausgeknockt und wandte sich wieder seinem Opfer zu – Fehler Fuckface! Ich stieß mich vom Boden hoch und sprang ihm mit meinem Knie in den Rücken. Jetzt taumelte er und ich zog nach, bekam diese Aktion jedoch mit einem Rückhandschlag seiner Rechten quittiert. Die ausgefahrenen Sporne zogen drei blutig rote Streifen durch mein weißes Hemd und die darunter liegende, dünne Schutzweste. Geistesgegenwärtig trat ich mit rechts auf sein linkes Knie ein und brachte ihn somit aus dem Gleichgewicht. Meine linke Grade traf ihn demzufolge unvorbereitet am Kopf und verformte seine Nase, wie sein Knie zuvor meine. Diesmal fiel er, nicht aber ohne sich dafür zu revanchieren. Kurz nach dem Aufprall zuckte sein Bein vor und sichelte mich um.
    Wir beide lagen nun, doch ich fühlte etwas vertrautes mit meiner linken – mein Revolver, Zeit die Sache zu beenden.
    Der Latino erkannte, was ich vor hatte und griff in der selben Zeit nach Elisa und benutzte sie als Schutzschild. Es war eine Pattsituation, ich hatte die Kanone, er das Mädchen.
    Sein Kopf zucke fordernd nach oben und mit kratziger, nasaler Stimme warf er mir erst ein „Ola Gringo!“ und dann Elisa zu. Meine Bemuhungen ihren Fall zu bremsen und mich schützend vor sie zu drehen, nutze er, um die Bühne zu verlassen.
    Ich hatte aber nicht das Bedürfnis ihm zu folgen, sondern begann mich zu vergewissern, daß mit ihr alles OK war.
    Sie war unversehrt – verschreckt, aber glücklich, daß es wohl vorbei war. Von draußen war kein Geräusch mehr zu vernehmen. Zu meinem Erstaunen hatte mein Kommunikatohr den Abend gut überstanden und ich bekam von Cross das Zeichen, daß die Luft rein war.

    Die Gasse glich einem Schlachtfeld. Cross stützte sich auf seine Winschester, auch er hatte etwas abbekommen und blutete an der Hüfte. Chrom hatte es weniger schwer erwischt, obwohl seine linke Pfote wohl eine Generalüberholung brauchen würde.
    Der Troll und die Ork Messerklaue waren fort, ebenso ihr Van. An seiner Stelle wartete bereits ein ähnliches Model, nur das dieses Mal ein mit uns verbündeter Rigger am Steuer saß, während eine kleine Beobachtungsdrohne die Gegend nach Gefahren absuchte. Cross hatte seinen Partner Stable gleich nach dem vereinbarten Zeichen kontaktiert, doch unser Signal war durch die Gasse nur schwer zu orten gewesen, sonst wäre er wohl schon früher eingetroffen.
    Es war Zeit zu verschwinden!

    *****

    ‚Ihr glaubt doch nicht, daß ich nach den Geschehnissen noch auf die Uhr schaue?‘:00

    Wir saßen in Heck des Wagens. Cross war damit beschäftigt sich zu verbinden, Chrome lag neben ihm und schlief grunzend.
    Ich blickte wieder hinaus auf die Straße und lies die Dinge, die heute Abend geschehen waren nochmals Revue passieren. Was wollte dieser Clown nur?
    Meine linke Schulter brannte, ich hatte sie nur notdürftig versorgt, um mich dann wieder um Elisa kümmern zu können. Sie saß zu meiner Rechten und kuschelte sich an mich, ihren Kopf auf meiner Schulter, meinen Mantel als Decke benutzend. Sie war trotz aller Strapazen wunderschön … aber etwas war anders – die Brosche, sie fehlte! Sie mußte sie wohl in all dem Durcheinander verloren haben?

    Und so endete wieder ein Tag und ein Job – eben ein Ticket mit ‚All Inclusive‘ Garantie.

    #1102254
    Anonym
    Inaktiv

    So um Weihnachten stell ich hier gern mal ein oder zwei Kapitel meines Bravestarr-Realdrehbuches rein,wenn Interesse besteht…brauch aber noch etwas Zeit,um die Geschichte nochmal gegenzulesen und allzu grosse Schnitzer zu entfernen…

    #1102255
    Anonym
    Inaktiv

    Lass rüberwachsen, Pferdchen!

    #1102256
    AkiraVingardAkiraVingard
    Teilnehmer

    Und hier kommt etwas das wir alle kennen. Ein neues und lang ersehntes Game kommt auf den Markt. Was passiert und wie fühlt man sich, einige dieser eindrücke habe ich einmal festgehalten. Ich habe extra auf benennung der Konsole und des Games verzichtet, so das jeder sich hineinversetzen kann. Mal sehen ob der eine oder andere sich erkennt.

    (Spiele)Glück

    Heute war es endlich soweit, das Game auf das die Fans schon über sieben Jahre warten kam endlich auf den Markt. Natürlich habe ich mir das Spiel sofort geholt. Schon allein die Hülle verspricht dass dieses Game absolut gut wird. Die Bilder haben eine gute Auflösung und der Text klingt vielversprechend. Auch in der Fachpresse wurde das Spiel gelobt und bekam Höchstwertungen.
    Also, erst einmal vorsichtig die Klarsichthülle öffnen und die Spielehülle daraus befreien. Dann ist es soweit, ich öffne die Hülle und nehme die Disc heraus. Ganz vorsichtig lege ich die Disc in das Laufwerk und schließe sie… ja, es ist wohl besser ich installiere das Game erst. Während die Disc im Laufwerk rotiert kann ich mir noch kurz die Anleitung ansehen.
    Ja, so gehört es sich. Die Anleitung ist übersichtlich und vor allem ansprechend gestaltet, so will man es sehen. Vor allem das hochwertige Papier und der farbige Druck erfreuen das Auge. Wenn das Game nur annähernd das hält was Hülle und Anleitung vorgelegt haben, kann nichts mehr schiefgehen.
    Da, die Konsole ist mit den Installieren fertig.
    Fange ich jetzt an zu zocken? Natürlich. Ich drücke auf die Taste und bestätige das dasd Spiel gestartet werden soll. Das Spiel wird geladen und die ersten Bilder erscheinen auf meiner neuen HD-Glotze. Ein neues Abenteuer geht los…

    #1102257
    Anonym
    Inaktiv

    Eine Idee, die ich vor gut zwei Jahren hatte … ich habs bisher noch nciht weiter verfolgt:

    Es nieselte schon den ganzen Tag, doch dank des Windes, der Wien stetig mit seiner Anwesenheit beehrte prasselten die winzigen Tropfen stakatogleich gegen die zur Straße weisenden Fenster des zweiten Stocks der Altbauwohnung in der Konstantingasse 12. Ebenso monoton wie das seit Tagen nasskalte Wetter mit seinem grauen Himmel war auch Janines Verfassung. Hatte sie wirklich acht Jahre studiert, erfolgreich die Doktorwürde angestrebt, um jetzt mit einer mehr schlecht als recht laufenden psychiatrischen Praxis dazu stehen? Würde sie nicht mit ihren 31 Jahren noch mit Ihrer Mutter wohnen und hin und wieder Profile für die Wiener Kriminalpolizei erstellen, müsste sie ihren Traum von Selbstständigkeit aufgeben und sich nach einer Stelle in einer Heil- und Pflegeanstalt oder in der Forschung umsehen. Die besten Plätze dort waren aber schon vergeben, dass wusste sie. Es war nicht das erste Mal, dass sie sich diesen deprimierenden Gedankengängen hingab und so hatte sie schon versucht während diverser Seminare und Veranstaltungen, zu dessen Besuch ihre Mutter sie permanent drängte, Kontakte in diese Richtung zu knüpfen. Natürlich nur als „Plan-B“.
    Es war erst elf Uhr am Morgen, aber sie hatte bereits ihre fünfte Tasse Kaffee – schwarz, ohne Milch und Zucker – zu sich genommen und Anne, ihre Sprechstundenhilfe hätte sie sicher bereits wieder mit einem ihrer mahnenden Blicke gestraft, mit denen die schwergewichtige Mitvierzigerin so gerne ihre Umwelt drangsalierte. Zum Glück war sie im Urlaub, genau wie der Großteil der Bevölkerung. Daran, wann sie das letzte Mal wirklichen Urlaub gemacht hatte, konnte sie sich nicht mehr wirklich erinnern. Italien, 1992 müsste das gewesen sein, natürlich mit Ihrer Mutter.
    Ja, ihre Mutter war wohl die größte Konstante in ihrem Leben. Janines Vater war Arzt gewesen, was auch sie ermuntert hatte sich für Medizin und schlussendlich auch Psychologie zu interessieren. Es ist müßig zu erwähnen, dass er, im Gegensatz zu seiner Tochter eine äußerst erfolgreiche Praxis geführt hatte. „Was aber nicht heißt, dass Du das Ruder nicht noch herum reißen kannst!“, ermahnte Sie selbst. „Du musst nur …“ Ja, was genau musste sie denn tun? Genau das war die Frage und wie die vielen Male zuvor kannte sie die Antwort darauf nicht.
    Vielleicht wäre es einfacher, wenn sie mehr wie ihre Mutter wäre. Trotz ihrer 66 Jahre war Evelin Aton das blühende Leben. Dank des finanziellen Polsters, dass ihr Mann aufgebaut hatte, war sie schnell in die Rolle der Hausfrau und Mutter hinüber gewechselt. Dank drei Kindern, zwei Mädchen und einem Sohn war sie damit auch genügend beschäftigt gewesen. Sowohl ihre ältere Schwester, als auch ihr jüngerer Bruder waren schon seit einigen Jahren aus Wien fort gezogen. Sabine lebte mit Ihrem Mann Peter, einem Bänker und den zwei Kindern in einer geräumigen Eigentumswohnung in Salzburg. Ihr Bruder Gustav hingegen war als Architekt im mittleren Osten unterwegs, um die Umsetzung seiner neusten Projekte zu koordinieren.
    Als ihr Vater dann überraschend starb und sie als Einzige in Wien geblieben war, hatte sie es als ihre Pflicht angesehen sich um sie zu kümmern. Zumindest redete sie sich das gerne ein. In Wahrheit kam ihre Mutter ganz gut allein zu Recht. Selbstverständlich hatte sie nichts gegen die Gesellschaft ihrer Tochter einzuwenden, aber oft genug äußerte sie laut die Frage, wer hier Mutter und wer Tochter sei?
    Neben ihren diversen Kaffeekränzchen und Damenabenden vertrieb sie sich die Zeit mit Gartenarbeit oder versuchte ihre Tochter an eine gute Partie zu verschachern, mit denen ihre Freundinnen immer wieder aufwarteten.
    Während sie gedankenverloren aus dem Fenster in den grauen Himmel sah, nahm sie einen kräftigen Schluck aus ihrer Tasse, nur um die kalte Flüssigkeit gleich wieder zurück zu spucken. Gerade als sie sich auf den Weg in die Küche machen wollte, klingelte das Telefon. Wenn sie allein war legte sie alle eingehenden Anrufe auf den Apparat in das kleine Zimmer, das sie als Büro nutzte.
    „Praxis Dr. Janine Aton. Dr. Aton am Apparat, wie darf ich ihnen helfen?“ Ihre Stimme klang abweisender als beabsichtigt.
    „Janine, bist Du es?“ Eine vertraute männliche Stimme.
    „Michi?“ Eigentlich Dr. Michael Westphal, ein alter Freund aus der Studienzeit. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wäre es nicht nur dabei geblieben. Er hatte es zig Mal versucht und sie hatte ihn jedes Mal eine Abfuhr erteilt. Das Ganze hatte sich über die Jahre zu so einer Art Spiel entwickelt. Sie trafen sich seitdem ein oder zwei Mal im Jahr, was immer wieder damit endete, dass er ihr scherzhafte Avancen machte, die sie ablehnte.
    „Ja, ich bins.“ Kam die prompte Antwort.
    „Ist es nicht ein bisschen früh für diesen Anruf?“, stichelte sie. „Immerhin ist unser letztes Treffen erst drei Wochen her.“
    Als er antwortet, klang er merklich beleidigt. „Äh … ja, aber … aber das ist nicht der Grund meines Anrufs.“ Nun klang er bemüht heiter. „Ich habe da vielleicht einen Patienten, der dich interessieren könnte.“
    „Schau an. Wieder ein Triebtäter, der sich für den neuen Jack The Ripper hält?“ Auch wenn sie wusste, dass Michi nichts für ihre miese Laune konnte, schaffte sie es nicht einen etwas versöhnlicheren Tonfall an den Tag zu legen.
    Er ignorierte ihren sarkastischen Unterton und fuhr fort: „Falsche Identität, aber mit der Zeit liegst Du schon mal recht gut.“
    Sie seufzte hörbar. „Michi, komm zum Punkt, ich bin heute nicht in der Stimmung für ein solches Quiz.“
    „Na gut, alte Spielverderberin. Derzeit logiert in meinen heiligen Hallen Mr. Sherlock Holmes, höchst selbst. Mehr verrate ich dir aber nicht. Wenn es dich interessiert, dann komm vorbei und sieh ihn dir an.“
    „Hör mal, nimm es mir nicht übel, aber ich hab noch viel zu viel zu tun, um keine Zeit um sie mit einem simplen Spinner zu verplempern, der sich für irgend einen fiktiven Romanhelden hält.“
    „Genau das ist es doch aber.“, jetzt klang er verärgert. „Meinst Du etwa ich würde Dich wegen so etwas Banalen anrufen?“
    „Nein, eigentlich nicht.“, musste sie kleinlaut einräumen.
    „Na siehst Du. Der Typ hält sich nicht nur für Sherlock Holmes, er ist es. Sein Verhalten, seine Art zu Sprechen und nicht zuletzt seine Persönlichkeit.“ Er wurde immer aufgeregter, während er weiter sprach. „Doch nicht nur das, sein Wissen scheint auf das eines Mannes aus dem neunzehnten Jahrhunderts begrenzt zu sein. Er kennt keine Auto, keine Computer und keine Handys. Komm vorbei und sieh ihn Dir an. Ich verspreche Dir, Du wirst nicht enttäuscht sein.“ Jetzt klang seine Stimme schon fast flehend.
    „Na gut, ich setze mich gleich ins Auto und komme. Zufrieden?“ Innerlich war sie erleichtert der drückenden Enge zu entkommen, die sie aus dem miesen Wetter, der Einsamkeit ihrer Praxis und ihrem Gemütszustand konstruiert hatte.
    „Ok, bis gleich. Baba!“
    „Baba!“

    Wieso sie nicht lieber die U-Bahn genommen hatte, um zum >>NAME EINSETZEN<< zu gelangen war ihr wirklich schleierhaft. Dank der stetig, wie Pilze aus dem Boden schießenden Baustellen, fühlte sich die Fahrt mit dem Auto selbst jetzt zur Mittagszeit an, als versuche man mit nasser Kleidung und Gummistiefeln voller Wasser einen Berg zu erklimmen. Die rote Welle auf der sie sich gerade befand, tat ihr Übriges und so blieb ihr nichts weiter als fluchend auf den Verkehrsbericht im Radio zu lauschen, der ihr immer neue Baustellen, Unfälle und Umleitungen in den Weg warf.
    Nach enervierenden drei Stunden – mit der Bahn hätte sie die Strecke bequem in einer dreiviertel Stunde geschafft –, war sie endlich an ihrem Ziel angelangt. Wie es Zufall wollte, hörte es just in dem Moment auf zu nieseln, als sie die Erste der beiden automatischen Schiebetüren passierte. Natürlich war sie zwischenzeitlich, während des fünf minütigen Fußweges vom Parkplatz zum Eingang nicht komplett durchnässt worden, aber ihre Kleidung und ihre Haare fühlten sich unangenehm feucht an. Und so etwas nannte sich Sommer.
    Zielstrebig steuerte sie den Empfang an und ignorierte dabei den allgegenwärtigen Geruch nach Krankenhaus, eine Mischung aus vielerlei Gerüchen übertüncht von Desinfektionsmitteln.
    Einzelne Patienten, die sich auf Grund ihrer halbwegs stabilen Verfassung oder aber ihrem harmlosen Verhalten halber frei im Gebäude und den dahinter liegenden Parkanlagen bewegen durften, saßen hier und dort, unterhielten sich, spielten Karten oder Brettspiele oder spazierten in Gesellschaft von Besuchern an ihr vorbei.
    „Dr. Aton für Dr. Wesphal.“, sagte sie und schenkte der Schwester dabei ein freundliches Lächeln. Die sah nur kurz auf, bevor sie sich wieder ihrem Block widmete und dem sie auch die Antwort gab. „3. Etage, Zimmer 34 – vom Aufzug einfach links weg.“
    Mit einem knappen „Danke!“ überließ sie die Frau ihrer Arbeit und schaffte es gerade so sich zwischen die Türen des Aufzugs hindurch zu quetschen, bevor diese sich schlossen. Der einzige andere Fahrgast war ein kleiner, älterer Mann, untersetzt, wahrscheinlich zwischen sechzig und siebzig. Eines der kleinen wässrig blauen Augen blickte starr nach vorn, während sie das Andere interessiert musterte. Ein Speichelfaden floss ihm aus dem linken Mundwinkel, während der andere durch die Neigung seines Kopfes ein Stück höher lag. Sie ignorierte ihn bewusst, wohl wissend, dass er ihr wahrscheinlich für die Dauer ihres Aufenthaltes folgen würde, wenn sie ihm mehr Aufmerksamkeit schenken würde.
    Gerade als die Anzeige für das zweite Stockwerk erlosch, fühlte sie durch den Stoff ihrer Kostümhose eine krummfingerige Hand an ihrem Hintern, die unangenehm fest zupackte. Reflexartig drehte sie sich um und ihre Hand landete mit einem lauten Klatschen im Gesicht des Mannes. Sofort zog er seine Hand zurück und hielt sich mit der Anderen die Wange, die nun ein roter Handabdruck zierte. Ängstlich zog er sich in die nahe Ecke der Kabine zurück und begann leise zu wimmern. Janines schlechtes Gewissen meldete sich nun in ihrem Hinterkopf, als sich dann erlösend die Türen öffneten.
    Eine Schwester kam vorbei, blieb auf Grund des Schluchzens des Mannes stehen und musterte sie.
    „Er … ich …“, begann sie und fühlte, wie ihr Gesicht immer wärmer wurde.
    „Keine Sorge, das ist Herr Baumeister. Er kann einfach nicht seine Hände bei sich lassen, nicht wahr Herr Baumeister?“ Sie warf ihm einen strengen Blick zu und er griente dreizähnig zurück. „Und wenn man ihn dann erwischt, dann tut er so, als wenn er das Opfer wäre.“ Darauf hin stieg sie selbst in den Fahrstuhl und und nahm ihm beim Arm. „Ich bringe ihn mal besser wieder auf sein Zimmer.“
    Als sie sich umblickte, sah sie noch Herrn Baumeisters schiefes Lächeln durch den immer kleiner werdenden Spalt zwischen den sich schließenden Aufzugtüren. Sicherlich war der Mann nur ein harmloser Spinner, vielleicht litt er an Demenz, trotzdem machte er ihr irgendwie Angst.
    Während sie so auf Zimmer 34 zu hielt, blickte sie sich immer wieder zum Aufzug um, so dass sie den großen schlanken Mann im weißen Kittel eines Arztes nicht sah und in ihn hinein lief.
    „Das nenne ich mal eine stürmische Begrüßung!“, witzelte dieser und drückte sie herzlich an sich.
    Wieder schlich sich unangenehme Röte in ihr Gesicht und in der Hoffnung, das er es nicht bemerkt hatte, erwiderte sie die Umarmung und küsste sie ihn auf beide Wangen.
    „Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte.“
    „Bestimmt mit dem Auto? Du lernst es auch nie.“ Auch seine Augen lächelten und verrieten, dass er sich wirklich freute sie zu sehen.
    „Du kennst mich doch.“, grinste sie zurück. „Wo ist denn unser Meisterdetektiv?“
    „In seinem Zimmer. Er hat die letzte Woche damit verbracht Pfeife- und Zigarettenrauchend unseren Brockhaus zu lesen und währenddessen fern zu sehen.“
    „Du meinst den 26-Teile-Brockhaus?“ Sie war verblüfft.
    „Genau von dem spreche ich.“
    „Er hat ihn in einer Woche gelesen?“
    „Ja, zwei Mal um genau zu sein. Sein Wissenshunger ist erstaunlich.“
    „Aber wenn er angeblich Holmes ist, wie kommt es dann, dass er Deutsch lesen kann?“, fragte sie misstrauisch.
    „Er spricht sogar Deutsch.“
    „Na toll und dafür lockst Du mich her?“, ihr kritischer Blick sagte mehr als tausend Worte.
    „Nein … nein, natürlich nicht.“, er war sichtlich empört. „Er spricht akzentfreies Deutsch, aber auch ebenso perfektes Englisch, Französisch und Latein.“
    Ihr Kinn sackte ein Stück herunter. „Du willst mir erzählen, dass er vier Sprachen spricht und das fließend?“
    „Nun ja, beim Latein bin ich mir nicht so sicher. Mein kleines Latinum ist etwas eingerostet,“ gab er kleinlaut zu, „aber was die anderen drei Sprachen betrifft, sind wir uns sicher.“
    „Beeindruckend.“, musste sie zugeben. „Dann führe mich mal zu Mr. Holmes.“ Sie betonte den Namen künstlich, um ihre Skepsis zu unterstreichen.
    „Folge mir einfach, er ist im Zimmer 39 untergebracht.“ Er drehte sich zu ihr um: „Eh Du dich wunderst, er darf rauchen. Da er sonst sehr umgänglich ist und auch beim Personal sehr beliebt ist, hat er sie dazu bekommen ihm das durchgehen zu lassen, sofern er niemanden damit belästigt.“
    Sie zog eine Augebraue hoch. „Du lässt hier ganz schön was einreißen …“
    „Ja, ich weiß, aber was soll ich denn machen?“, seufzte er.

    Vor der Tür von Zimmer 39 angekommen, blieb Dr. Westphal stehen. „Vielleicht willst Du ja erst einmal einen kurzen Blick auf den Patienten werfen?“ Dabei schob er die Abdeckung des Türspions zur Seite.
    Sie blickte hinein und sah einen großen schlanken Mann vor dem Fenster stehen. Dank des Gegenlichts erkannte sie nicht mehr als eine Silhouette. Die Umrisse seines Gesichts zeichneten sich scharf ab und sie erkannte eine hohe Stirn und eine, wie man sie früher vielleicht genannt hätte aristokratische Nase, die markant aus den Gesicht stand.
    In der Rechten hielt er ein Buch, doch er lass nicht, sondern schaute hinauf zu dem in der Ecke des Zimmers angebrachten Fernsehers. Die linke Hand führte eine Pfeife zum Mund, aus der sich weißer Rauch kräuselte.
    Sie schloss die Abdeckung und klopfte vorsichtig, aber merklich an.

    #1102258
    Anonym
    Inaktiv

    Ok, Zeit auch diese Leiche wieder einmal zu “beleben” … mit einem (Mach-)Werk, dass ich vor vielen Jahren mal für eine Frau geschrieben habe … ach ja, ich glaub da ist noch eine Logiklücke irgendwo …

    Der Traum einer Nacht

    Das verwitterte Tor stand offen. Der linke Flügel hing nur noch an einer Angel und es war nur eine Frage der Zeit, bis das rostige Metall unter seinem eigenen Gewicht nachgeben würde.
    Er bahnte sich seinen Weg durch die Äste der Büsche, die einst sauber gestutzt den schmalen Weg säumten, nun aber durch die, in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigte Pflege wild wucherten. Beinahe wäre er über eines der Grasbüschel gestolpert, die sich aus den Fugen des Pflasters schoben und mit ihrem Grün das Grau der glatten Steine verdeckten. Der Schein seiner Laterne reichte nur wenige Schritte ins Dunkel, denn die Nacht war wolkenverhangen und so kam er nur langsam voran. Den Kragen seines Mantels schlug er hoch, denn der vom Meer kommende feucht kalte Wind ließ ihn frösteln.
    Fast schien es als würde die dichte Vegetation kein Ende nehmen und er glaubte sich den ganzen Weg zum Haus freikämpfen zu müssen. Grade, als er diesen Gedanken und einen weiteren Schlag zu Ende gebracht hatte, gaben die letzten Zweige den Blick auf einen wilden Obstgarten frei.

    In Viererreihen zu je zehn standen Kirschbäume in voller Blüte, denn es war grade Saison. Just, als hätte er auf das Ende seines Kampfes mit den nun wilden Büschen gewartet, schob sich der beinahe volle Mond hinter den Wolken hervor und tauchte das Areal unter sich in kaltes, silbriges Licht. Die weißen Blüten wogen sanft mit dem Wind, der von der See herüber getragen wurde. Er hatte den Garten von der einen Längsseite betreten. Die gegenüberliegende fiel steil hinab zum raunenden Meer.
    Zu seiner Linken erhob sich stumm und dunkel die Silhouette des alten Herrenhauses. Majestätisch reckte es sich in die Nacht und starrte aus toten Fenstern hinaus in den wie verzaubert daliegenden Garten.
    Zu seiner Rechten endete der Garten in einem Halbrund, an dessen Scheitelpunkt ein überwachsener Pavillon thronte, bevor auch hier die Felsen steil hinab in die See fielen.
    Obwohl ihn der Pavillon, sowie das Haus auf eine magische Art anzogen, obsiegte doch die Neugier und seine Begeisterung für alte Gemäuer, weshalb er sich in Richtung Haus wandte.
    Das dichte, üppige Gras war weich und obwohl es abwegig schien – wußte er doch, daß schon seit Jahren niemand mehr hier gewesen war –, sah es doch gepflegt aus. So legte er die gut siebzig Meter zur Terrasse mit Leichtigkeit zurück, immer den leichten Duft der Kirschblüten in der Nase und das leise Rauschen der Blätter in den Ohren.

    Schlagartig, ganz als würde der Schatten des Hauses jedes Geräusch verschlingen, verstummte das leise Murmeln des Windes und bedrückende Stille legte sich über alles. Kein Blatt regte sich mehr. Der Duft von Blüten war dem modrigem Geruch von aufgequollenem Holz gewichen, der kalt und schwer, wie Morgennebel in der Luft lag. Seine Stiefel klickten leise auf den Marmorfliesen der Terrasse, die er über eine Treppe erreichte, die sich über deren gesamte Breite hinzog und das Haus mit dem Garten verband.
    Der Fuß der Treppe wurde auf beiden Seiten von steinernen Löwen bewacht, die vom Zahn der Zeit wenig pfleglich behandelt worden waren und stur zu den blühenden Bäumen starrten. Details waren vom feuchten Seewind hinfort geleckt worden und konnten deswegen und auch wegen des bescheidenen Lichts seiner Lampe nur erahnt werden.
    Den Kopf der Treppe hatten einst zwei schwere Blumentöpfe gesäumt, von denen aber nur noch der rechte, ähnlich behandelt, wie die Löwenfiguren, übrig geblieben war. Der Linke lag zerschlagen auf dem schmutzigen Fliesen der Terrasse, in deren Fugen verschiedene Kräuter wucherten.
    Das Haus selbst präsentierte sich ihm durch die scheibenlosen Gerippe großer Terrassentüren, die ihn, weit offen, zum Eintreten einluden.

    Graue Scherben knirschten unter seinen Füßen, als er das Haus durch den Ballsaal betrat. Durch die wenigen vom Schmutz blinden Scheiben und die sich in der Überzahl befindlichen Löcher drang gedämpftes Mondlicht. Bei weitem nicht genug Helligkeit, um viel zu erkennen, wohl aber genug die ungefähren Dimensionen der Räumlichkeit erahnen zu können. Er hielt die Lampe am ausgestreckten Arm in die Luft und drehte sich langsam um die eigene Achse.
    Rund dreißig Meter lagen zwischen den Terrassentüren und der gegenüberliegenden Wand, die die Verbindung zum restlichen Haus war. Eine Doppeltür, von der die ehemals weiße Farbe schon fast gänzlich abgeblättert war führte in die Empfangshalle. Eine kleinere Einzeltür verband den Saal mit der Küche.
    Die Längsseiten, rund zwanzig Meter von einander entfernt, wurden von einer Reihe schmaler, hoher Fenster flankiert, von denen meist nur noch die inneren Gitter übrig waren. Zwischen jedem Fenster fand ein Wandleuchter, der in Form einer Halbschale in die Wand eingearbeitet war, Platz.
    Die hohe Decke ruhte auf schlichten, gut vier Meter hohen Säulen, in genügend Abstand zueinander, so das zwischen ihnen Platz für zwei Fenster war. Sie trugen eine flache Bogendecke und hielten gut drei Meter Abstand von den Fensterwänden, die mit ihnen durch eine kleinere Version der Hauptdecke verbunden waren.
    Fünf große, fünfstrahlige Kronleuchter dominierten den Mittelgang. Ihr kunstvolles Metall war über die Jahre schwarz korrodiert und die Spinnweben zwischen den Streben und den Winkeln des Saales hingen ebenso reglos, wie die fadenscheinigen Überreste der wenigen, verbliebenen Gardinen.
    Es war kalt und eine bedrückende Stille lag auf allem, deswegen zog er es vor, den Raum schnell zu durchqueren. Der Bodenbelag aus Staub, Dreck, Schutt und Glasscherben quittierte jeden Schritt mit lautem Knirschen und wies damit auf die Abwesenheit von jedweden anderen Geräuschquellen hin.

    Die Eingangshalle und das damit verbundene Treppenhaus waren in einem ähnlich desolatem Zustand. Jahrelang und ohne Pflege der feuchtem Seeluft ausgesetzt, waren die Eingangstüren aufgequollen und so sehr er sich auch abmühte, sie blieben verschlossen.
    Der breiten, hölzernen Treppe, die sich auf halber Höhe teilte und in die obere Etage führte, war es nicht anders ergangen und er verzichtete darauf sich ihrer Tragfähigkeit anzuvertrauen. In großen Flocken schälte sich der vormals weiße Anstrich von der welligen, aufgedunsenen Oberfläche. Ein aufwendig gearbeiteter, leerer Rahmen, in dem noch die letzten Fetzen von Leinwand zu sehen waren, thronte über dem Ende des ersten Treppenabschnitts und erzählten von der prunkvollen Vergangenheit dieses Ortes.
    Auf beiden Seiten der Treppe führten Türen in den Bereich des Hauses, der vorrangig von den Bediensteten genutzt worden war. Das eigentliche Ziel seines Besuchs lag aber jenseits der vor ihm liegenden dunklen Doppeltür, auf der gegenüberliegenden Seite der Tür, durch die er gekommen war.

    Er hatte befürchtet, daß sich die Türen zur Bibliothek ebenso klemmen würden, wie die des Haupteingangs, doch zu seinem Glück hatten sie offen gestanden, so dass sie jetzt nicht mehr richtig schlossen, ihm aber den Zugang ermöglichten. Der Gestank von Fäulnis schlug über ihm zusammen.
    Die Bibliothek als solches war genauso proportioniert, wie der Saal, durch den er das Haus betreten hatte. Doch gab es weder Fenster auf der Giebelseite, noch auf der zum Meer hin zugewandten.
    Der Giebel wurde von einem wuchtigen Kamin dominiert, welcher aus grob behauenen Blöcken zusammengesetzt war. Davor lagen die Überreste eines schweren Schreibtischs, von dem einzig schwammige Beinstümpfe und die dicke Schreibplatte übrig geblieben waren.
    Regale voll mit verfaulten Büchern drängten sich an der fensterlosen Wand zusammen und wurden nur in der Mitte von einem großen Spiegel getrennt. Als sein Blick auf diesen Spiegel fiel, vergaß er das restliche Haus um sich herum und wie ein mondsüchtiger Schlafwandler hielt er darauf zu.
    Größer und breiter als ein gut gebauter Mann war das an den Rändern erblindete, rechteckige Glas in ebenholzschwarzes Holz gefaßt, welches zu seiner Verwunderung kaum Spuren von Verwitterung aufwies. Der hölzerne Rahmen des Spielgels war kunstvoll den Dornenranken, die man bei Kletterrosen finden kann, nachempfunden und es schien beinahe, als wäre er vom Fuß bis zum Kopf von selbst gewachsen und nicht von Künstlerhand geschaffen.
    Gedankenverloren spielten seine Finger über die glatte, harte Oberfläche und nur ein kurzes, leises Klicken verriet, daß dabei etwas in Gang gesetzt worden war.
    Vielleicht war es die Aura des Hauses, vielleicht war es aber auch der perfekt gearbeitete, verborgenen Mechanismus, doch als der Spiegel aufschwang und den Blick auf eine gewundene Treppe frei gab, war nicht das geringste Geräusch zu hören.

    Die Treppe wand sich tief in den Fels der Klippe, auf dem das Anwesen gebaut worden war und mündete in einen rechteckigen Raum. Schwarzer Marmor, weiß geädert, schien jede der quadratischen Fliesen, mit denen er ausgekleidet war das Bild eines Blitzes in sich zu tragen.
    Das Flackern zweier Flammenschalen links und rechts tauchte den Wächter des Ortes in ein bedrohliches Licht: Ein aus rein schwarzem Marmor gearbeiteter Engel, gekleidet in die schlichten Kutte eines Mönches, deren Kapuze ihn jeglicher Gesichtszüge beraubte. Mit der linken Hand preßte er, in Nachahmung eines Predigers ein Buch an den Leib, während die Rechte bedrohlich ein, mit der Spitze zum Boden gerichtetes Schwert präsentierte. Sein Blick, dass ließ die Kapuze erkennen, war aber auf das Objekt seines Schutzes gerichtet.
    Vor ihm, gleich einem weißem Gegenstück zu ihm befand sich ein Sarkophag. Ebenso schlicht und zierlos in der Form, wie der Raum gehalten war. Nur Deckel zeigte ein meisterhaft gearbeitetes Relief einer einzelnen Rose. Wie schon beim Spiegel zuvor fühlte er sich von dieser letzten Ruhestätte angezogen und legte, wie in Trance die wenigen Schritte zum Sarkophag zurück.

    Als seine Finger den glatten, weißen Marmor berührten, durchfuhr es ihn wie ein elektischer Schlag. Die Lampe entglitt seinen tauben Fingern und er fiel auf die Knie.
    Gefühle – nie endende Liebe und endloser Schmerz – stürzten gleichermaßen auf ihn ein, wie Fetzen von Erinnerungen.
    Gesichter konnte er nicht ausmachen, doch konnte er die maßlose Freude und das brustsprengende Herzklopfen während des ersten Treffens, so wie das Leid und die Verzweiflung des darauf folgenden Abschieds fühlen.
    Der Duft von fremdem Haar, das sanft über Haut strich, Lippen die einander fanden und geflüsterte Worte.
    Verzweiflung über das was war und nicht sein konnte und die Hoffnung auf das Unmögliche kämpften in ihm ihre Schlachten, raubten ihm den Atem. Ihm wurde Schwarz vor Augen.
    Liebe rang mit Leiden, immer in dem Bewußtsein, dass das Eine nie ohne das Andere existieren würde – ein Krieg ohne Ende, dann brach er bewußtlos auf dem Deckel des Sarkophags zusammen, glücklich in die schwarze Leere fliehend.

    #1102259
    RonynRonyn
    Teilnehmer

    M

    Es beginnt mit der Titelmelodie.
    Es sind Töne aus einer anderen Welt.
    Fremd und schön. Abstrakt und melodiös. Anders aber vertraut.
    Wie eine Botschaft.
    Sie lockt. Fordert auf ihr nachzugehen.
    Tut man es, wird sie zum Klang der ersten Schritte in eine unbekannte Umgebung.
    Wir folgen ihr weiter und steigen hinab.
    Von hier an lassen wir alles zurück.
    Wir sind jetzt Samus Aran.

    Wer ist diese Person mit dem exotisch klingenden Namen?
    Gekleidet in die Rüstung eines Hi-Tech Raumanzugs gibt sie nur wenig optische Rückschlüsse auf ihre Persönlichkeit.
    Einzig der doch etwas feminine Schnitt um die Taille macht stutzig.
    Arans Profession ist die Kopfgeldjagd.
    Ein schon allein vom Hörensagen raues und gefährliches Gewerbe, das neben Durchsetzungsvermögen auch nicht zuletzt Körpereinsatz voraussetzt .
    Alles Merkmale einer heroisch-verklärten männlichen Figur.
    Und wenn man jetzt noch vorgreift und verrät das Samus Aran nicht nur untergegangene Zivilisationen entdecken und das gesamte Universum vor der Auslöschung bewahren wird,
    formt sich vor dem geistigen Auge ein archaisches Männerbild.
    Aber Samus Aran ist eine Frau.

    Anders als all die anderen Videospielheldinnen zu ihrer Zeit, muss Samus Aran weder beschützt noch gerettet und damit erobert werden.
    Sie ist nicht beschränkt auf die Opferrolle, sondern ist die Hauptfigur im Spiel „Metroid“.
    Das ist etwas neues. in einer noch jungen Branche, die gerade erst die Entwicklung vom gesichtslosem austauschbarem Pixel, zu den optisch-relevanten Merkmalen des eigenständigen Individuums vollzogen hat.

    Natürlich hat sie im ersten Metroid noch nicht die charakterlichen Tiefe einer großen Heldin.
    Auch oder gerade weil die Spielanleitung den Umstand verschweigt, dass es sich bei
    „Samus Aran“ um keinen Mann handelt, trägt noch seinen Teil dazu bei.
    Dort wird sie noch als männlicher „Er“ bezeichnet.
    Nur der Spieler, der Ausdauer und Nervenstärke bewiesen hatte und das Spiel erfolgreich beendete erfuhr die Wahrheit.
    Mit ihrer Enthüllung als Protagonistin wurden aber auch nicht gerade die Werte des subtiler agierenden weiblichen Geschlechts in Videospielen begründet.
    Ihre Handlungen als Figur in einem Plattformer, unterschieden sich nicht von dem eines gewöhnlich-männlichen Helden. Wie diese setzt sie sich auch mit dem aggressiv-antizipierenden Verhalten durch.

    Überhaupt scheint sie nur wenig zu besitzen was sie als Charakter sympathisch macht.
    Ihre Vergangenheit ist nur bruchstückhaft bekannt und sie besitzt allenfalls ein kühles Temperament, das sie zu keinerlei menschlich-übereiltem Verhalten verleitet.
    Dabei sticht besonders hervor das sie nicht spricht.
    Das Kommentieren von Situationen, wird im Allgemeinen dazu verwendet, um Einblicke in die Person zu geben.
    Bis auf die einzige Ausnahme von „Metroid Fusion“, in der sie, neben mehreren inneren Monologen, an bestimmter Stelle, einige Worte der protestierenden Vernunft von sich gibt, bleibt sie stumm.

    Bis zu diesem Punkt war Aran eine simple Empfängerin, die Befehle ausführt statt sie in Frage zu stellen.
    Da wurde sie von der parierenden Rüstung zur selbstbestimmenden Person.
    Ein überraschender Schritt.
    Denn das tiefste Element ihrer Person ist die Hingabe zur Mission.
    Obwohl sie als Kopfgeldjägerin keiner höheren Autorität dient als sich selbst,
    verhält sie sich in er Erfüllung ihrer Aufgabe im höchsten Maße loyal.
    Statt bei der Verschärfung der Gesamtsituation ihr Raumschiff zu besteigen und die Mission als gescheitert anzusehen, bleibt sie, überwindet die Hindernisse und führt alles zu einem erfolgreichen Ende.
    Es gibt keine Option zur Flucht.
    Das ist ihr offensichtlichtes Charakteristikum.

    Sie ist keine Heldin die durch reine Weiblichkeit ihre Aufgabe bewältigt.
    Ihre Präsenz ist kühl. Ihre Rüstung verbirgt ihren Körper.
    Sie spricht mit ihren Handlungen, ihrem Durchsetzungsvermögen und nicht mit ihrer Stimme.
    Das wird von ihr mit Präzision dargestellt.
    Und die braucht sie.
    Denn zwischen ihr und dem Abschluss ihrer Mission liegt ein Labyrinth.

    Ein Irrgarten voller Fallen, vermeintlicher Sackgassen und feindseliger Kreaturen.
    Sie wird sich verlaufen, der Boden wird unter ihr nachgeben und sie wird sich gegen ihre Gegner wehren müssen.
    Die Schlüssel zu ihrem Vorankommen liegen in den Gängen selbst verborgen.
    Mal einfach zu entdecken, mal schwer zu erreichen, statten sie Aran mit neuen Fähigkeiten aus und öffnen damit neue Möglichkeiten zu ihrem Voranschreiten.

    Und so bahnt sie sich, ihre Fertigkeiten dabei stetig verbessernd, ihren Weg durch ihre gefährliche Umgebung.
    Untermalt wird ihre Odyssee von der Hintergrundmusik, die untrennbar ist von den dunklen Korridoren, unterirdischen Höhlensystemen und hellen Tempelanlagen.
    Die Klänge erzeugen eine eigene Tiefe und Räumlichkeit.
    Sie geben den Bildern ihre eigene Glaubwürdigkeit.
    Sie zeigen die majestätische Glorie längst untergegangener fremder Kulturen auf.
    Sie machen mit kurzen aufeinanderfolgenden Abständen auf das aufmerksam, was noch vor einem liegt.
    Sie bewegen sich schwermütig auf und nieder, um die eigene Verlorenheit in der Fremde wiederzugeben.

    Das Gefühl der Einsamkeit, das man haben muss, wenn man weiß, das man der einzige Mensch ist.
    Wenn uralte Zivilisationen, gegen die die Menschheit nur ein flüchtiges Aufblitzen am Rande der Wahrnehmung darstellt, schon untergegangen waren, was zählt da ein einzelner Mensch?

    Und was hat zum Untergang dieser Kulturen geführt?
    Kosmische Katastrophen?
    Oder etwa eine aggressivere Spezies?

    Die Space Pirates sind so eine Art.
    Die vagabundierende, insektoide Rasse stellt mit ihrem Machthunger ein ständiges Feindbild für Aran dar.
    Angeführt von Mother Brain plündern und verwüsten sie ganze Welten.
    Dabei ist kein genaues Muster erkennbar.
    Einzig ihre Aggression scheint ihr Antrieb zu sein.
    Auf einem ihrer Raubzüge fiel ihnen das in die Hände was dem Spiel seinen Namen gibt:
    das Metroid-Wesen.

    Dessen Eigenschaft seinem Ziel die Lebenskraft zu stehlen, ist es was es für die Space Pirates so begehrlich macht.
    Als Waffe eingesetzt, ist es ein schwer zu überwindender Gegner.
    Das Metroid ist das Zentrum aller Anstrengungen.
    Es ist der Preis den es zu ergattern gilt und gleichzeitig dass Ziel das vernichtet werden muss.
    Mit seinem Potenzial ist es, in den falschen Händen, eine Bedrohung für das ganze Universum.

    Ist das Metroid vernichtet und die, die es für ihre Zwecke missbrauchen wollten, beginnt die Flucht unter Zeitdruck.
    Dabei wird alles zurückgelassen.
    Räumlichkeit, Umgebung, der Ort und seine Bewohner.

    Das Ziel, Metroid, neutralisiert.
    Die Mission, unter Einsatz des eigenen Lebens, erfüllt.

    Samus Aran hat es geschafft.

    See you next mission!

    #1102260
    Anonym
    Inaktiv

    Mal ein bisschen was Hintergründiges zu meiner Battletech Clan Einheit, den Silver Fangs … ja ich bin Coyoten Crusader! ;)

    Clan Coyote
    Planet Tamaron
    3. April, 2067

    Der Regen fiel in großen, schweren Tropfen auf das Fensterbrett und trommelte seinen Rhythmus in die Stille des kalten, grauwändigen Raumes. Das weiße, harte Licht der Deckenlampen flutete durch die Spindreihe und spiegelte sich im naß glänzenden Körper des dunkelhäutigen Mannes, der allein auf der Bank in der Mitte des Raumes saß. Der Schweiß lief ihm in Strömen von seinem glatt rasierten Kopf und ließ die, ohnehin schon großen dunklen Flecken seines verwaschenen, grünen T-Shirts sich noch weiter ausbreiten. Der Atem des Mannes war trotz des zuvor durchgeführten Trainings ruhig und gleichmäßig, doch sie wußte, er hatte Schmerzen. Schmerzen, die er nicht zeigte – nicht er!
    Doktor Svetlana Dorjan kannte die Geschichte des Mannes nur zu gut. Sie behandelte ihn bereits seit einem Jahr – seit seiner Verwundung, durch die er in den Rang eines Stern-Captains erhoben worden war.
    Sein Name war Anubis, 24 Jahre alt. Einst war er einer der besten Mechkrieger des Clans, doch in einem Gefecht mit den Jadefalken waren er und seine Einheit von den Falken überrannt worden, als sie den Rückzug der restlichen Einheiten deckten. Seine Sternkameraden waren gefallen und er war der einzige Überlebende des Gefechts. Doch wahrscheinlich hätte er es vorgezogen zusammen mit ihnen zu sterben, zu schwerwiegend waren seine Verletzungen. Ein Geschoß des Gegners hatte seine Cockpitpanzerung durchschlagen und ihm den linken Arm an der Schulter abgetrennt. Splitter der Sichtscheibe waren wie Schrapnelle durch das Cockpit geschleudert worden und er hatte mehrere Schnittverletzungen erlitten, wovon eine ihm das linke Auge gekostet hatte. Als sie ihn das erste Mal gesehen hatte, hätte sie niemals geglaubt, daß er sich jemals wieder vernünftig bewegen könnte, geschweige denn einen Mech steuern.
    Irgend jemand, hoch oben in der Regierung ihres Clans hatte aber entschieden sein Leben zu retten und sie hatte Anweisung erhalten, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um ihn wieder kampftauglich zu bekommen.
    Seinen linken Arm und sein Auge konnte sie mechanisch ersetzten, doch sie würden ewig fremd sein und die Fähigkeit des Stern-Captains einen Mech zu steuern, wäre stark eingeschränkt gewesen. Hätte man nicht vom Enhanced Imaging – Neural Implantat gewußt, wäre dies ein unabwendbares Schicksal gewesen. Dieses Interface erlaubt es einem Krieger seine Waffe, sei es ein Battlemech oder eine Gefechtsrüstung so zu kontrollieren, als wäre sie ein teil des eigentlichen Körpers oder vielleicht der Körper selbst. Der Preis dafür war hoch und nur wenige Krieger waren bereit ihn zu zahlen. Als sie ihm aber den Vorschlag unterbreitet hatte, war er sofort einverstanden gewesen und hatte ihr erklärt er würde durch die Hölle gehen, um wieder einen Mech steuern zu können. Er wollte zurück auf das Schlachtfeld, den die Zeit arbeitete gegen ihn – jetzt sogar in zweierlei Hinsicht. Erstens wäre er in wenigen Jahren Teil der Solahama geworden oder auf Grund seiner Verletzungen jetzt schon. Aber Zweitens verkürzte die Implantate das Leben ihrer Trägers rapide. Zudem war der psychische Schaden, den die meisten Nutzer über die Zeit davon trugen nicht unerheblich.
    Während sie darüber nachdachte, was aus dem einst stolzen Krieger geworden war, starrte sie geistesabwesend hinaus in den Regen und sah wie die Tropfen kleine Krater in den Sand des Hofes sprengten. Beinahe hätte sie auf seine Frage nicht reagiert, so vertieft war sie in ihren Gedanken. „Entschuldige Star-Captain, was hast Du gesagt?“
    „Ich habe Dich gefragt, wie lange es noch dauert, bis ich wieder voll einsatzfähig sein werde?“, antwortete er langsam und ohne überheblichen Unterton in der Stimme, den so viele Krieger den Mitgliedern niederer Kasten entgegenbrachten.
    „Wie ich Dir schon gesagt habe, ich weiß es nicht genau.“, sie musterte ihr Gegenüber. Auf seiner dunklen Haut waren die Implantate kaum zu erkennen. „Deine Einsatzeffizienz betragt 90%, selbst damit bist Du den meisten Kriegern unseres Clans überlegen.“
    „Ich weiß, aber das genügt noch nicht …“, er ließ den Kopf sinken und ein Tropfenschauer fiel zu Boden.
    „Es schient den Oberkommando zu genügen.“
    „Was meinst Du damit?“ Seinen Kopf leicht zu ihr gedreht, sah er sie aus den Augenwinkeln an.
    „Ich habe heute Morgen ein Kommunikey erhalten. Du sollst Dich im Anschluß bei Galaxis-Kommander Gerret melden!“
    Sein Kopf flog herum und seine dunkelbraunen Augen durchbohrten sie fast, als er sie nach einer Spur einer möglichen Lüge abtastete. „Ist das dein Ernst?“ Er schien in ihren Augen beinahe wie ein Kind, dem man einen lange gehegten Wunsch erfüllt hatte.
    „Es ist die Wahrheit …Du solltest langsam wissen, daß ich Dich nie angelogen habe, oder es jemals tun werde, frapos?“
    „Pos!“
    In seiner knappen Antwort schwang tiefe Überzeugung, was sie mit großem Stolz erfüllte – Stolz und Verlegenheit. „Wie geht es deinem Arm, macht er Dir immer noch Probleme?“

    Er sah wie sie errötete und versuchte mit ihrer Frage vom Thema abzulenken. Er mochte sie, deshalb tat er ihr den Gefallen und spielte ihr Spiel mit. „Es geht, die Mittel, die Du mir gegeben hast, lassen den Phantomschmerz nur unterschwellig durchklingen. Ansonsten funktioniert er hervorragend. Du hast meinen Kampf gegen Vulorgato gesehen frapos?“
    „Pos! Sei Dir aber bewußt, der Arm mag aus Endo-Stahl bestehen, aber er ist kein Schild, um die Schläge eines, in Rage geratenen Elementars zu blocken!“
    „Ich weiß … ich weiß!“ Blockte er lächelnd ab, um sich nicht schon wieder mit ihr auf ein Wortgefecht einzulassen. „Entschuldige mich jetzt bitte, ich muß mich noch etwas frisch machen.“ Er konnte ihre Enttäuschung sehen und fügte hinzu: „Wir sehen uns beim Essen, Pos?“
    „Pos!“, lächelte sie zurück und verließ den Raum.
    Er schaute der schlanken Frau, mit dem dunkelblonden, schulterlangen Haaren hinterher und fragte sich, weshalb er sich so sonderbar fühlte, wenn sie in seiner Nähe war. Müßig darüber nachzudenken schüttelte er den Kopf und entledigte sich seiner Kleidung. Warf sie in den Wäschekorb neben der Tür und griff sich das weiße, weiche Handtuch, das neben ihm auf der Bank gelegen hatte und verließ den Raum in Richtung Dusche.

    ******

    Der muffige Geruch in Hauptquartier des Stützpunktes roch noch genauso wie damals, als er Tamaron verlassen hatte. Die Luft war geschwängert vom Duft der Papiere, den letzten Spuren Zigarettenrauchs und dem Staub, der sich hartnäckig in jedem Büro breit machte.
    Der lange Flur hatte fünf Türen auf der rechten Seite und große Fenster, die den Blick in den Innenhof freigaben auf der linken Seite. Der Gang bildete das Gebäude selbst. Eigentlich war er ein Karree und führte auf der anderen Seite wieder zu Eingang zurück. Der kleine Garten, der die Mitte ausfüllte lenkte ihn etwas von seinem Weg ab. Man hatte seit damals ein kleines Feuchtbiotop angelegt und Frösche quakten im Sommerregen, wo sich noch wenige Jahre zuvor eine staubige Sandfläche befunden hatte. Es war wirklich schon und Anubis genoß den Ausblick. Den Ausblick den das Ende des Flurs bot, war weniger verlockend.
    Hinter der braunen Holztür, vor der ein Elementar Wache hielt, lag das Büro des Galaxis-Kommanders. Er kannte Gerret nicht wirklich, nur vom Hörensagen. Er war in einer Getschko nach ihm ausgebildet worden und war zudem Pilot. Anubis mochte Piloten nicht besonders. Sie hielten sich meist für etwas besseres und viele von ihnen dachten, sie wären unbesiegbar – zumindest im Kampf gegen einen Battlemech.

    Gerret saß zurückgelehnt, mit dem Rücken zur Tür, in seinem Stuhl und sah aus dem Fenster den Regentropfen zu. Er hätte jetzt lieber in seiner Dschengis gesessen und den Himmel unsicher gemacht, diese unbeschreibliche Freiheit des Fliegens gefühlt, als hier auf die Ankunft des Stern-Captains zu warten. Er kannte Anubis nur von seiner Akte her. Eigentlich ein beeindruckender Mann, mit beträchtlichen Leistungen für den Clan – bevor er verletzt worden war. Danach war er, in seinen Augen ein Verschwendung von Ressourcen geworden und es war schade, daß er damals nicht mit dem Rest seiner Einheit untergegangen war.
    Doch er war zurückgekehrt, ein verkrüppeltes Wrack, nur um von einem, sehr bekannten, unbekannten Förderer in den oberen Rängen des Clans wieder zusammengeflickt zu werden. Vor allem aber der Einsatz des Enhanced Imaging – Neural Implantates, was einen Krieger nach und nach ausbrannte, war für ihn ein Schlag ins Gesicht. Erstens stand der Träger kurz vor der Schwelle zum Solahama und zweitens war der Auftrag, mit dem dieser Krüppel beehrt wurde eine Beleidigung eines jeden Kriegers. Würde sein Kampf auf einen Blutnamen nicht so nah sein, würde er dieses Ding, was Anubis in seinen Augen war, herausfordern. Er würde seinen Mech, den er bisher noch nicht einmal besaß, zu einem Klumpen Schlacke zerschmelzen und selbst diese Mission leiten.
    Das Klopfen an der Tür durchbrach diese Gedanken und ließ ihn, in seinem Stuhl herumfahren. „Ja, herein!“, stieß er mit widerwilliger Stimme hervor. Dieses Nachdenken über den Stern-Captain hatte seine Meinung über diesen Mann nur noch mehr bestärkt und er konnte es nicht erwarten, dieses Geschmeiß seine Clans aus seinem Büro zu bekommen.
    Mit einen exakten militärischen Gruß trat der großgewachsene, dunkelhäutige Mann ein. „Galaxis-Kommander, Stern-Captain Anubis meldet sich wie befohlen!“

    Das Erste, was Anubis wahrnahm, war die ablehnende Haltung des kleineren Mannes, mit dem übergroßen Kopf, die ihn als Piloten auswies. Er verharrte still in der strengen Grußhaltung, bis sich der Galaxis-Kommander widerwillig erhoben hatte und einen, mehr als lapidaren Gruß erwiderte. Dann nahm er eine zackige Grundhaltung ein.
    „Steh‘ bequem Stern-Captain!“, entgegnete sein Gegenüber und Anubis ließ sich in die weniger Anstrengende Position fallen, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. „Sie wissen weshalb ich Sie hierher befohlen habe, franeg?“, fuhr der Kommander fort, als er sich setzte.
    „Franeg, Galaxis-Kommander!“, entgegnete er knapp, aber den Formen entsprechend.
    Kommander Gerret reichte ihm einige Akten, die mit einem großen ‚Geheimsache‘-Siegel zusammengehalten wurden. „Hier wirst Du alles weitere finden, was Du für die Erfüllung deiner Mission benötigst, beziehungsweise das, was Du wissen mußt.
    „Danke Galaxis-Kommander. Ich werde mich gleich an das Studium der Dokumente machen.“
    „Gut gut, wegtreten Stern-Captain!“, warf ihm der Kommander knapp zu und erhob sich zu einem hastigen Gruß. Er erinnerte in dieser, zwar widerwilligen, aber dennoch stolzen Pose an einen der Krieger, der vor einigen Tausend Jahren in den Steppen des nordamerikanischen Kontinents gelebt hatte.
    Mit dem korrekten „Zu Befehl, Galaxis-Kommander, Stern-Captain Anubis, melde mich ab!“, erwiderte Anubis den Gruß und wandte sich zu gehen. Das leise „Verdammte Freigeburt!“, das ihm der Kommander nach zischte, ignoriertent.

    ******

    Er genoß das Gefühl für den Mech, auch wenn es nur eine Simulation war.
    Als er mit den Dokumenten in die Unterkunft zurückgekehrt war, fand er ein Memo von Chief-Tech Maximus vor, der ihn daran erinnerte, daß er heute noch eine Simulatorübung absolvieren mußte – auch wenn er sich nicht erinnern konnte sich für eine solche Übung angemeldet zu haben.
    Auch wenn Anubis mehr als neugierig und gespannt war, worin seinen Mission bestand, freute er sich auf die Übung. Zudem hatte der Mechkrieger, der die Stube neben ihm belegte seine Vorliebe für eine seiner Sternkameradin entdeckt, die sie scheinbar auch erwiderte. Wenn es nicht abwegig für einen Krieger des Clans war, könnte man meinen, die beiden wollten auf biologischem Wege Nachwuchs zeugen. Anubis mußte bei dem Gedanken schmunzeln. Das Eugenik-Programm der Clans war die beste Methode hochklassige Krieger zu züchten und kein Krieger, der noch klar bei Verstand war, würde auf derartig dumme Gedanken kommen.
    Wie dem auch sei, trotzdem war Sex unter den Kriegern nicht ausgeschlossen, diente er doch zum Streßabbau und zur Unterhaltung – und seinen beiden Kammeraden hatten scheinbar viel Spaß, zumindest an ihrem Lautstärke Pegel gemessen.

    Als er im Hangar mit den Simulatorkokons ankam hatte ihn Maximus bereits erwartet und ihn mit einem verschwörerischen Lächeln zu einer offenen Kapsel geführt.
    Der Raum barg insgesamt zwanzig solcher Kokons, jeweils zehn, die den Einsatz in einem Mech simulierten und wieder zehn, um den Luft-Raumjägerpiloten die Möglichkeit der Übung zu bieten. Keiner der anderen Kokons war belegt, aber einer der Jägersimulatoren warte auch mit offener Kanzel auf einen Übenden.
    Also steht mir ein Kampf gegen einen Luftkämpfer bevor, dachte er still bei sich, als er sich in den Kokon zwängte.
    Immer noch lächelnd, zwinkerte der Chief-Tech ihm verschwörerisch zu und durch die, sich schließende Kanzel hörte er ein leises „Viel Spaß!“.
    Normaler weise hätten sich Mitglieder der Technikerkaste nie so vertraulich zu einem Krieger verhalten, doch bei Maximus machte Anubis eine Ausnahme. Den alten Tech kannter er schon seit seinen Geschkozeiten und er hatte ihm immer mit seinem umfangreichen Wissen über die riesigen Battlemech zur Seite gestanden und ihm so einige gewaltige Vorteile verschaft.

    Anubis war überrascht. Die Maschine die er heute steuerte war nicht der übliche Waldwolf in der D-Konfiguration. Mechs dieses Typs kannte er gut, zumindest von Gefechtsholos aus vergangenen Zeiten. Es war ein Marodeur, noch dazu ein Model aus Zeiten des Sternenbunds. So wie es aussah, hatte Chief-Tech Maximus ihn mit Clanwaffen umkonfiguriert. Die beiden PPK’s, die normalerweise in den schweren Unterarmmanschetten die Hauptbewaffnung der Maschine bildeten, waren durch zwei extremreichweiten PPK’s der Clans ersetzt worden. Die dazugehörigen mittelschweren Laser waren zu zwei, ebenfalls extremreichweiten Gegenstücke getauscht worden. Die größte Veränderung aber war der Wechsel der üblichen, großkalibrigen Autokanone zu einem Gaussgeschütz. Um diese Masse an Waffen tragen zu können war die, aus Sternenbundzeiten stammende Panzerung durch leichteres Ferrofibrit ersetzt worden, ebenfalls wie die alten Wärmetauscher.
    So überraschend dieses Model auch für ihn war, er fühlte sich sofort heimisch hinter den Kontrollen. Nicht nur das Neuralimplantat trug seinen Teil dazu bei, sondern auch die Maschine an sich und das Wissen, eine der ältesten und vor allem besten Konstruktionen aus den Zeiten des Sternenbunds steuern zu dürfen.
    Das Terrain, das als Übungsfeld ausgesucht worden war, war flach. Rote Felsformationen ragten vereinzelt aus dem festen Sand, der vom künstlichen Wind gegen das virtuelle Cockpit geschleudert wurde. Seit einigen Minuten schon war nichts geschehen. Das Radar hatte keine Meldung über eine feindliche Maschine, egal welchen Typs, gemacht.
    Anubis hatte diese Zeit genutzt, sich weiter mit denn Kontrollen des neuen, alten Battlemechs vertraut zu machen. Schlagartig veränderte sich die Situation aber, als ein Stakato aus vier, grünen Lichtlanzen eine der Felsformationen neben seinem Mech zum bersten brachte.
    Durch das Implantat brauchte er keinen schnellen Blick auf die taktische Anzeige werfen, sondern ihm wurden die Daten per Interface direkt auf die Netzhaut projiziert. Diese Projektion deklarierte seinen Gegner als Luft-Raumjäger der Dschengis-Klasse. Den vier Laserschüssen nach zu urteilen in der Alternativkonfiguration A. Der 80 Tonnen schwere Jäger würde ein nicht zu unterschätzender Gegner sein, zumal er einen Gewichtsvorteil von fünf zusätzlichen Tonnen aufweisen konnte.
    Den Vorteil des Implanates nutzend, ließ er dem Mech seinen, grade über ihn hinweg donnernden Gegner folgen. Und als dieser Grade in 200 Meter Entfernung eine scharfe Kehrtwende vollzog, feuerte er die beiden mittelschweren Lichtwerfer auf ihn ab. Beide Schüsse verfehlten knapp ihr Ziel, gaben aber eine gute Einschätzung über die Kallibrierung der Waffen. Der Luft-Raumjäger schoß wieder auf ihn zu und zwei der vier schweren Impulselaser blitzen, gefolgt von einem blauweißen Lichtblitz einer der extremreichweiten Partikelprojetorkanonen. Der erste Laser verfehlte Anubis Mech, während der zweite eine tiefe Spur in den linken Arm brannte. Die Wucht dieses Treffers wurde durch den Einschlag der PPK im rechten Teil des Torsos schmerzhaft ausgeglichen.
    Mit der getroffen Maschine kämpfend bestand Anubis Antwort aus zwei parallelen Blitzschägen, denen der Jäger durch eine Rolle auszuweichen versuchte. Leider ohne Erfolg, wie auch der Pilot erfahren mußte, als der eine Blitz direkt in den vorderen Rumpfteil der Maschine einschlug und einen Trümmerregen hervorrief. Scheinbar hatte er einen, oder mit etwas Glück beide der vorstehenden Läufe der beiden ER PPK’s seines Gegner unbrauchbar gemacht. Der zweite Treffer streifte nur die linke Tragfläche, gab der Rolle aber zusätzlichen Schwung und warf den Dschengis aus seiner Bahn und gefährlich nahe an eine der aufragenden Steine. Der Pilot aber fing die Maschine aber noch vorher ab, scheinbar ohne größere Probleme. Anschließend zündete er allerdings den Nachbrenner und vergrößerte so den Abstand zu seinem Gegner.
    Die Innentemperatur des Cockpits war durch die doppelten Wärmetauscher noch erträglich und innerlich bedankte er sich dafür, daß das Gaussgeschütz nur so eine verschwindend geringe Abwärme aufwies. Der lange Lauf der Waffe fuhr herum und folgte der Bahn seines Gegeners. Mit einem amüsierten Lächeln zög er den Feuerknopf durch und die Magneten im Inneren des Laufes beschleunigten das massive Nickel-Eisengeschoß auf Überschallgeschwindigkeit, mit der es das Heck seines Gegners traf, der beinahe außerhalb seiner Reichweite war. Der Pilot, der nicht mit dieser Schlagkraft gerechnet hatte, wurde ordentlich durchgeschüttelt und zog dieses Mal in einem noch wilderem Manöver zu seinem Bodenziel herum.
    Es wurde Zeit sich etwas zu bewegen, um nicht wie auf dem Präsentierteller zu sitzen. Die Deckung einer großen Felsformation suchend, ließ er den Marodeur in einen Trab verfallen und lauerte mit Anspannung darauf, daß sich die Transistoren des Gaussgeschützes wieder aufluden.
    Scheinbar hatte er die beiden ER PPK’s seines Gegners beschädigt, denn bei seinem Angriffsflug setzte er nur seine vier Impulslaser ein, die entweder dort einschlugen, wo sein Mech zuvor noch gestanden hatte oder dicht neben ihm in die Felsformation, die aber den Lichtlanzen stand hielt. Die Anwort der Geschütze des Marodeurs bestand wieder aus zwei der künstlichen Blitzen der PPK’s, denen sein Gegner wieder mit einer Rolle versuchte auszuweichen und damit auch Erfolg hatte. Beide Blitze flogen in den hellen, virtuellen Himmel und verloren sich dort.
    Sein Gegner schien dieses kurze Katz- und Mausspielchen aber bei weitem nicht so zu genießen wie Anubis. Nicht, daß er die Übung auf die leichte Schulter nahm, doch nach seiner langen Auszeit war er über jeden Kampf glücklich, auch wenn es nur eine Simulation war. Der Pilot des Dschengis nahm dieses Duell aber scheinbar weitaus wichtiger, denn als er erneut zu einem Angriffsflug ansetzte, flog er noch dichter und tiefer an die Felsformationen, als es eigentlich die Sicherheit und der gesunde Menschenverstand erlaubten. Er wurde zwar mit drei von vier möglichen Treffern belohnt, die sowohl in die Panzerung des rechten Beins und der rechten Schulter schnitten, aber keine schwerwiegenden Schäden hinterließen, wohl aber den Schutz an diesen Stellen stark verringerten.
    Auf Grund des Verlustes einer solchen Menge an Panzerung hatte Anubis sehr mit den Kontrollen des Mechs zu kämpfen, um ihn aufrecht zu halten. Da der steile Einschlagswinkel aber auf der rechten Seite lag, war es weniger schwieriger als Vergleichstreffer in die Frontseite.
    Wieder warf der Pilot seine Maschine herum und schoß auf den Mech zu, der grade von einem schützenden Hindernis zu nächsten sprintete. Der gedrungene Torso des Marodeurs bewahrte ihn dieses Mal aber vor Treffern und so erreichte er sein Ziel hinter einem weiteren Felsen unbeschadet.
    Den Kapriolen, die der Pilot in der Luft vollführte, konnte man entnehmen, daß er der Sache überdrüssig wurde und langsam die Beherrschung über sich, aber nicht seinen Jäger verlor.
    Auch Anubis war dieses Ausweichen satt, zumal sein Gegner eine unglaubliche Geschwindigkeit und Beweglichkeit besaß, die einen Sieg, unter den bisher gegebenen Bedingungen, nur zäh ermöglichten. So entschloß er sich, die Sache ein für alle Mal zu beenden. Der Marodeur schwenkte hinter seinem Schutz hervor und nutze die Wende seines Gegners dazu sich im offenen Gelände zu positionieren.
    Der Pilot erkannte seine Absicht scheinbar und bereitete sich auf seinen direkten, tiefen Angriffslug vor. Alle vier Impulslaser blitzen auf, doch zu einem zu frühen Zeitpunkt und senkten sich in einer parallelen Bahn in den Boden vor die Füße des Marodeurs, der noch immer seelenruhig, ohne jegliche Regung da stand. Scheinbar frustriert feuerte der Dschengis erneut, dieses Mal zwei Treffer verzeichnend, die den Marodeur aber immer noch nicht zu einer Bewegung veranlaßten.
    Anubis vermutete, daß die Hitze im Cockpit des Jägers bereits über den normalen Maß lag und aktivierte den akustischen Entfernungsmesser in seines Mechs. „200 Meter und näherkommend“, verkündete eine metallisch klingende, weibliche Stimme. Mit einer Gelassenheit, die ihn selbst überraschte zog legte er alle Waffen auf einen Feuerleitkreis und visierte die linke Tragfläche an, die er zuvor bereits gestreift hatte. „150 Meter und näherkommend!“, ermahnte ihn die Stimme. Als sie „100 Meter und näherkommend!“ vermeldete, drückte Anubis den Feuerknopf durch. Alle Waffensysteme des Marodeur spien ihre tödliche Ladung in Richtung des Gegners, der direkt in sie hinein flog. Seine niedrige Flugbahn erlaubte ihm nur wenig Spielraum für Ausweichmanöver und so fanden alle Geschütze, bis auf die PPK im rechten Arm ihr Ziel – die linke Tragfläche des Dschengis. Fast hätte Anubis gemeint, er häbe, als er den Feuerknopf gedrückt, ein entferntes Heulen gehört, schrieb dieses Geräusch aber einer der Waffen zu.
    Unter dem Ansturm des Blitzes und Lichtlanzen verdampfte erst der Großteil der Panzerung des Flügel, dessen Reste anschließend komplett, von dem massiv Geschoß des Gaussgeschützes abgerissen wurden.
    Augenblicklich kippte der Luft-Raumjäger nach rechts weg und die verbliebene Tragfläche bohrte sich tief, hohe Fontänen roten Sands aufschleudernd in den harten Boden, den Rumpf der Maschine gegen einen nahen Felsen schleudernd, an dem er dann zerbarst.
    „Game Over!“, verkündete die Stimme in seinem Cockpit ohne jegliche Emotion.

    Die Wärmetauscher hatten sich bemüht, die Abwärme der Waffen abzuleiten, waren aber nur bedingt erfolgreich und so fröstelte Anubis, aufgrund der Schweißschicht, die sich auf seiner Haut gebildet hatte, als er aus dem Kokon kletterte.
    „Guter Kampf Captain!“, vernahm er die Stimme des Chief-Techs hinter ihm.
    „Gute Maschine Chief-Tech!“, erwiderte er als er sich umdrehte und sich mit einem Handtuch den Schweiß aus dem Gesicht wischte.
    Grade als er nach dem Name seines Gegners fragen wollte, vernahm er eine, ihm leider seit heute bekannte Stimme: „Verdammter Surrat! Welche Freigeburt hat es gewagt …“ Die Stimme verstummte augenblicklich, als der vollkommen durchgeschwitzte Galaxis-Kommander seinen Gegner ausmachte.
    „Galaxis-Kommander Gerret, ich wußte nicht das Du …“, war das Einzige, was Anubis zusammen mit dem militärischen Gruß herausbrachte, bevor ihm der Kommander das Wort abschnitt.
    „Ich hätte es mir ja denken können, daß nur ein solcher zweitklassiger Krüppel wie Du mit einer solchen eines Kriegers unwürdigen Maschine kämpfen würde!“, er schrie die Worte so laut, daß sich seine Stimme überschlug. Dicke pulsierende Venen traten an seinen Schläfen hervor, als er weiter schrie: „Wer hat diese Konfiguration genehmigt? Welche verdammte Freigeburt …“
    „Galaxis-Kommander, ich möchte Sie bitten sich zu mäßigen!“, Anubis war nicht weniger überrascht als der Kommander, daß Maximus so offen das Wort ergriff, doch bevor die beiden Krieger reagieren konnten, hatte er bereits einen schriftlichen Befehl aus seinem Blaumann gezogen, den er Galaxis-Kommander Gerret entgegen hielt.
    „Was soll das Freigeburt, was soll ich damit!“, echauffierte sich der Pilot und sein Gesicht lief noch roter an als zuvor.
    Scheinbar unbeeindruckt davon, antwortete der Tech in einem völlig ruhigen, geschäftsmäßigen Ton. „Das, Galaxis-Kommander,“ er betonte dabei den Rang seines Gegenübers ganz besonders, „ist ein Befehl der Khanin selbst, die diese Konfiguration auf Antrag von Ratsmitglied Dagda genehmigt hat!“

    Gerret riß den Befehl förmlich aus der Hand des älteren Mannes und laß ihn sorgsam bis zu Ende. Die Unterschrifft Khanin Kogas schloß das Schreiben ab und seinen Puls zum Rasen. Dagda, dieses alte Reptil, das schon lange jemand von seinem feigen Leben hätte befreien sollen. Er hatte bestimmt auch seine Finger mit im Spiel, damit Anubis diesen Auftrag erhielt, den er ihm erst vor weniger als zwei Stunden ausgehändigt hatte.
    Mit so viel Zurückhaltung, wie er noch aufbieten konnte, warf er dem großmäuligem Tech den Befehl an die Brust und sah dem verkrüppelten Ster-Captain haßerfüllt an. „Dieses Mal kommst Du damit noch davon Stern-Captain … dieses Mal!“, preßte er zwischen seinen Zähnen hervor. Den Gruß, als er sich zum gehen abwandte, ignorierte er.

    „Der Schakal ist wieder da!“, dachte Maximus und lächelte in sich hinein, als er den verdutzten Captain allein in der Halle zurückließ, in dem Wissen, daß er seinem Gegner wohl noch eine Weile geistesabwesend nachstarren würde.

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