Sniper: Ghost Warrior – im Test (360)

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Scharfschützen sind in Online-Shootern oftmals verpönt, weil sie sich auf die Lauer legen und aus großer Entfernung schießen, statt dem Feind Angesicht in Angesicht gegenüberzutreten – ’Camper’ schimpft man solche Spieler! Was in anderen Spielen als feige Nummer gilt, ist in Sniper Ghost Warrior Programm: Hier müsst Ihr taktisch kluge Schusspositionen erschleichen und die Gegner mit gezielten Treffern möglichst unauffällig überwältigen. Schauplatz Eures Einsatzes sind Dschungel, Bohrinsel und Industriekomplexe, in denen Drogendealer und Milizen ihr Unwesen treiben. Zusammen mit Eurem Späher schickt Ihr Euch an, ihre Pläne zu durchkreuzen. Natürlich läuft die Mission nicht glatt: Euer Kamerad wird gefangen genommen und verschleppt, Ihr heftet Euch an seine Fersen und dringt immer tiefer ins Reich des Kartells vor.

Die Ausrüstung Eures Scharfschützen ist auf Schleicheinsätze optimiert: Neben dem Sniper-Rifle habt Ihr immer Schalldämpferpistole und Wurfmesser zur Hand, um nahe Ziele lautlos zu beseitigen. Wird es eng, greift Ihr zur Handgranaten, Claymore und Medikits, die Ihr vielerorts findet. Zudem erhangelt Ihr gelegentlich ausgefallene Positionen: Schleudert den Kletterhaken an Balken und Äste, um Euch hochzuziehen oder abzuseilen – so entdeckt Ihr alternative Pfade, überrascht Wachposten von hinten und bergt versteckte Laptops. Bevorzugte Positionen sind Aussichtspunkte wie Leuchtturm oder Felsklippe, von denen Ihr weite Teile der Landschaft überblickt.

Von hier aus plant Ihr Eure Aktionen: Mal sollt Ihr alle Feinde aus dem Weg räumen, mal bestimmte Ziele ins Visier nehmen oder unbemerkt zu einer Positionen gelangen. Dabei ist die dichte Vegetation ein zweischneidiges Schwert: Einerseits bietet sie prima Deckung, andererseits sind auch die Gegner schwer zu erspähen. Trotz Radar könnt Ihr eine Siedlung 20 Minuten mit dem Zielfernrohr absuchen und habt trotzdem nicht alle Zeile entdeckt – man muss höllisch aufpassen und darf sich zu keiner übereilten Aktion hinreißen lassen! Zum Glück zeigt der Radar die Blickrichtung der Soldaten, in ihrem Rücken könnt Ihr Euch frei bewegen. Oft spielt der Schall eine Rolle, denn nahe Gegner könnt Ihr teilweise nur anhand ihrer Schritte orten.

Beim Schuss kommt zudem das Ballistik-System ins Spiel: Schwerkraft, Wind oder Regen beeinflussen die Flugbahn der Kugel – auf Knopfdruck konzentriert Ihr Euch, was im Spiel mittels Zeitlupe wiedergegeben wird. Hier spielt der Herzschlag eine Rolle: Erholt Euch kurz, bevor Ihr den Abzug drückt, damit Ihr länger von der Zeitlupe profitiert. Ihr müsst aber keine Ballistiktabelle studieren, ein roter Marker zeigt den genauen Einschlag der Kugel an. Trotzdem sind die Schüsse alles andere als leicht, weil dieser Zielpunkt wegen der wechselnden Bedingungen ständig hin- und herspringt. Außerdem hören die Gegner den Knall und schwärmen dann in Scharen aus weil sie gleichzeitig ziemlich blöde sind, schießen sie lieber aus der Distanz statt Euch aktiv zu jagen. Leider ist die Story an vielen Stellen gescripted – das schränkt Eure Handlungsfähigkeit schon mal ein: Da werden bei wichtigen Schüssen die Haltung des Schützen vorgegeben oder Pfade durch unsichtbare Mauern versperrt, damit Ihr der Mission kein schnelles Ende bereiten könnt – von einem Sniperspiel hätten wir mehr Freiraum erwartet. Nur in den ordentlichen Mehrspielerkämpfen darf man sich richtig frei im Gelände bewegen.

+ hübsche Umgebungsgrafik
+ spannendes Schleichen
+ coole Zeitlupen-Kills
+ trotz einiger Bugs meist motivierend

– viel zu weitsichtige Gegner
– Schleichen oft fast unmöglich
– viele frustige und schlecht designte Stellen
– Karte im Mehrspieler-Modus unsinnig
– schlechte räumliche Soundabmischung
– ideenlose 08/15-Story

Matthias Schmid meint: Obwohl ich glühender Sniper-Fan bin, war der Großteil des Spiels eine Qual für mich. Aber: Ich habe durchgehalten – bis zum bitteren Ende. Im Verlauf des Abenteuers ohne Story wechselte dann mein Urteil über das Spiel: Aus ’Das Schleichen funktioniert einfach nicht, weil die Gegner mich dauernd sehen’ wurde ein ’Ich verwende die Fehler des Titels gegen ihn und habe hier und da sogar Spaߒ. Als ich mich mit der absurden Sehstärke der Feinde arrangiert hatte, konnte ich die tolle Weitsicht, die launigen Headshots und das Sniper-Feeling genießen – der Reiz des tödlichen Weitschusses zieht auch in einem so fehlerbehafteten Spiel. Nebenbei bemerkt: Die Abmischung der Sprachausgabe ist mies, die Run-and-Gun-Einsätze überflüssig und die Einbeziehung der Ballistik blödsinnig, wenn dann ein roter Punkt doch den Einschlagspunkt markiert.

Oliver Ehrle meint: Endlich mal wieder eine Ballerei, die mich wirklich fordert: Wer in Sniper Ghost Warrior nicht mit Köpfchen kämpft, versagt schon beim ersten Gegner! Die extreme Aufmerksamkeit der KI-Gegner ist für mich eine willkommene Herausforderung: Hier muss man jeden Schuss penibel vorbereiten und stets die Blickwinkel checken – wer sich diese Zeit nimmt, kommt auch im höheren Schwierigkeitsgrad gut voran, schließlich sind die Levels überschaubar und mit Checkpoints gespickt. Die Ausrüstung meiner Spielfigur ist zwar nicht besonders umfangreich, ermöglicht aber einige taktische Kniffe. Zwischendurch lockern Feuergefechte mit dem Sturmgewehr die Schleichaction zudem auf. Etwas unglücklich gelöst ist der Mehrspieler-Modus, in dem der Radar alle Spieler anzeigt – Schallortung z.B. würde die Matches spannender gestalten.

Für bedächtige wie nachsichtige Soldaten: Scharfschützenabenteuer, bei dem Eure Taktik über Frust oder Lust entscheidet.

Singleplayer65
Multiplayer
Grafik
Sound