Normalerweise ist der Fall klar: Ihr schiebt ein Spiel in Eure Konsole und erlebt als Beobachter vor dem Bildschirm eine in sich geschlossene Welt, in der mehr oder weniger spannende Dinge passieren. Nicht so Tearaway, das sich Elemente aus Bertolt Brechts Theorie des Epischen Theaters leiht. Ihr werdet in Media Molecules Werk von den Charakteren und Erzählern der papierenen Welt wahrgenommen und konkret angesprochen. Das Ziel des Spiels besteht sogar im Durchdringen der vierten Wand (welche imaginär im Theater das Publikum vom Geschehen auf der Bühne trennt): Ein kleiner Botschafter soll Euch nämlich eine persönliche Nachricht überbringen. Ihr müsst ihm helfen, aus der Papierwelt in die Realität durchzubrechen.
Iota oder Atoi (je nachdem, ob Ihr mit einem männlichen oder weiblichen Helden spielt) hat einen langen Weg vor sich: Ihr lenkt ihn bzw. sie unter anderem durch hügelige Wälder, eine Sandwüste, einen schneebedeckten Berg und die felsige Unterwelt. Anfangs kann der Knirps nur laufen und Dinge tragen. Später lernt er, zu springen, sich zu einer Kugel zusammenzurollen und Dinge mit einem Akkordeon anzusaugen und wegzupusten. Schon früh bekommt Ihr es mit Schnippseln, den knuffigen Bösewichten von Tearaway, zu tun.
Und da kommt Ihr ins Spiel: An vielen Stellen greift Ihr selbst in die Welt ein und helft Eurem Boten. Tummeln sich Feinde auf einer weißen Fläche, berührt Ihr das rückwärtige Touchpad der Vita. Schon stoßen Eure Finger durch den Papierboden, schleudern die Schnippsel gegen den Screen und lassen sie in einem Konfettiregen verpuffen. Auch abseits der leichten Kämpfe unterstützt Ihr den Postboten: Durch Wischer auf dem Touchscreen dreht Ihr Objekte und blättert Papierschichten ab, später kommt auch die Neigungssteuerung zum Einsatz. Fordernd ist Tearaway nie, die späteren Levels verlangen aber immerhin etwas Geschick und Umsicht. Die Einbindung der Vita-Funktionen wirkt nicht aufgesetzt, im Gegenteil: Sie passt in dieses Spiel wie die Faust aufs Auge, denn es vermittelt zu jeder Zeit das Gefühl, dass Ihr die Spielwelt wirklich in Händen haltet und als eine Art göttliche Instanz agiert. Euer Gesicht wird ständig abgefilmt und ist in der Sonne am Himmel zu sehen, worüber sich die Bewohner des Papierkosmos natürlich wundern. Sie fordern Euch zu Grimassen auf und wollen Eure Stimme hören.
Die Grafik von Tearaway bezaubert mit konsequenter Umsetzung des Papierthemas. Selbst die Animationen halten sich an die Möglichkeiten, die das Material mit sich bringt. Der Soundtrack mit seinem Gemisch aus traditionellen Instrumenten, dem Kauderwelsch der Spielfiguren und den klaren Stimmen der Erzähler trifft dagegen nicht jedermanns Geschmack.
Tobias Kujawa meint: Die Idee von Tearaway finde ich super. Eine ganze Welt in meiner Hand, die sich meiner bewusst ist und mich aktiv ins Geschehen einbindet toll! Wäre die spielerische Herausforderung noch größer, wäre ich vollends begeistert. Hüpf- und Geschicklichkeitspassagen stehen aber hinter dem famosen Design, den witzigen Minimissionen und dem großen Ziel, die Nachricht zu überbringen, zurück. Enttäuscht bin ich vom Soundtrack: Als ich im Januar Media Molecule besuchte, wollte ich unbedingt eine CD der Folksongs von denen blieb aber im fertigen Spiel nichts mehr übrig. Auch die Slowdowns und Ruckler an Stellen, wo viel auf dem Bildschirm los ist, stören. Nichtsdestotrotz: Wer ein herzerwärmendes Abenteuer erleben möchte, sollte hier zugreifen!
- fotografiert in den Levels weiße Objekte, um sie einzufärben und ihre Bauanleitung zu bekommen
- Baupläne auf tearaway.me verfügbar
- nutzt alle Vita-Features
Ein herrlich nettes JumpnRun für Kreative und Aufgeschlossene, das die Funktionen der Vita sinnvoll einbindet und Euch direkt anspricht. Putzig!
Singleplayer |  | 75 |
Multiplayer |  |
Grafik |  |
Sound |  |