Akte BPjM – Soldier of Fortune

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Für viele Spieler ist Ravens Soldier of Fortune mit seiner Ghoul-Engine und 26 Trefferzonen pro Mensch der Inbegriff des brutalen Spiels. Die BPjM sah das genauso und indizierte sowohl die amerikanische als auch die angepasste deutsche Fassung, obwohl diese entschieden weniger Gewaltdarstellungen enthält. Warum, erfahrt Ihr hier.

Soldier of Fortune

Entwickler: Raven Software, USA
Hersteller: Activision
System: PC / Dreamcast
Veröffentlichung: 29. Februar 2000
Indizierungstermin: 6. Juli 2000
Indizierte Versionen: PC (US & DE)
Index-Liste: E

In der Haut des Einzelkämpfers John Mullins macht Ihr Euch auf die Suche nach gestohlenen ­Nuklearsprengköpfen und bringt auf dem Weg Dutzende Terroristen um die Ecke. Viel wichtiger als die Story ist in Soldier of Fortune das Schadensmodell der menschlichen Gegner. Diese bestehen aus 26 Trefferzonen und lassen sich detailreich in ihre Einzelstücke zerlegen. Weggesprengte Schädeldecken, abgeschossene Unterschenkel, freiliegende Gedärme – alles, was das Fleischerherz begehrt, war in Soldier of Fortune möglich und dank Tastatur und Maus des Dreamcast auch gut steuerbar. Kein Wunder, dass es die Aufmerksamkeit der BPjM erregte.

»Noch nie wurde Gewalt in einem Spiel derart realistisch umgesetzt und dargestellt. […] Das ganze Spiel besteht aus einer fortlaufenden Gewalt- und Schieß­orgie, in der der Spieler fortwährend dazu aufgefordert wird, spielerische Gewalt- und Tötungshandlungen vorzunehmen.«           

Auszüge aus der Indizierungs­entscheidung Nr. 5007 vom 06.07.2000

”Das Computerspiel liegt hier in zwei verschiedenen Versionen vor: zum einen in der amerikanischen Version, die alle Blut- und Splatterelemente enthält, zum anderen in der deutschen Version, deren Darstellung zwar die Blut- und Splattereinstellungen genommen sind, gleichwohl hat der Antragsteller auf ein weiteres Problem aufmerksam gemacht. Mithilfe von sogenannten ’Patches’, die frei zugänglich im Internet verfügbar sind, kann der Blutmodus der deutschen Version wieder hergestellt werden, sodass sich kein Unterschied zur amerikanischen Version ergibt.
(…)
Die Rivalen besitzen bis zu 26 Trefferzonen. Trifft man also einen am Arm, hält sich dieser schreiend die Schusswunde zu. […] Je nach Waffenwahl ist es möglich, seinem Gegner gezielt Körperteile abzuschießen.
(…)
Die amerikanische Version malt die Tötungsvorgänge in drastischer Form sehr blutig aus. […] Aber auch die deutsche Version ist so gestaltet, dass das Expertengremium letztendlich von einer verrohenden Wirkung ausgehen muss. Zwar sind besonders ­drastische Schilderungen von Tötungsvorgängen ausgespart (der Blutmodus ist deaktiviert), doch zeichnet sich Soldier of Fortune durch eine realitätsnahe Darstellung der Folgen von Erschießungsszenen aus.
(…)
In der bisherigen Spruchpraxis […] sind Inhalte, die dazu auffordern, Menschen zu vernichten und die gleichzeitig einen Spielspaß dahingehend vermitteln, dass eine solche Aufforderung zur Vernichtung Freude bereiten kann, als jugendgefährdend eingestuft worden. Das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften geht hierbei […] von einer Wirkungsvermutung aus. Das bedeutet, dass die begründete Vermutung für eine jugendgefährdende Wirkung zur Indizierung führen darf, solange die angenommene Gefährdung nicht durch neue Erkenntnisse widerlegt worden ist. Eine solche ­Widerlegung gibt es in der einschlägigen wissenschaftlichen Forschung nicht.”

Wenn ein Spiel im Jahr 2000 auf den Index gehörte, dann Soldier of Fortune. Die detailverliebte Gewaltdarstellung stellt sogar mühelos die Mortal Kombat-Fatalities in den Schatten und zog so natürlich die Aufmerksamkeit der BPjM auf sich – und das Interesse der skandalsüchtigen Zockergemeinde. Aber Ravens Ghoul-Engine, mit der sich vortrefflich Feinde quälen und zerstückeln lassen, war nicht der einzige Grund für den Abschuss durch die BPjM – sonst wäre die gewalttechnisch stark zurückgefahrene deutsche Version wohl kaum mit der amerikanischen in einen Topf geworfen worden. Schon das generelle Spielprinzip, das sich auf das Töten von menschlichen Feinden beschränkt, reichte den Prüfern aus. Erschwerend kam hinzu, dass Kollateralschäden (also erschossene Geiseln) nur geahndet werden, wenn sie in Massen auftreten. Irrelevant sollte allerdings der Hinweis sein, die deutsche Version lasse sich per Internet-Patch in die US-Fassung verwandeln, denn vom Hersteller kam diese Option sicherlich nicht und war damit auch keine offizielle Funktion des Produkts. Interessant sind die letzten Seiten des Indizierungsberichts, welche sich mit dem damaligen Forschungsstand hinsichtlich der Auswirkung virtueller Gewalt auf den Menschen beschäftigen und eigentlich deutlich machen, dass es weder für die eine noch die andere Forschungsmeinung stichhaltige Beweise gibt. Trotzdem gilt hier nicht die Unschuldsvermutung, sondern die Wirkungsvermutung.  

Du fragst Dich schon ewig, warum ein bestimmtes Spiel indiziert wurde? Dann schreib uns Deine Anregung an leserpost@maniac.de und wir gehen der Sache nach!

Kabukisan
I, MANIAC
Kabukisan

Das war eines der Spiele aus meiner kurzen PC-Ära, kurz bevor ich mir die Dreamcast zulegte. Ich erinnere mich an einen abgeschossenen Penis und ein Schlachthaus mit Kanälen voll Blut. Seltsamerweise kam mir das Spiel damals gar nicht so krass vor, einfach weil es spielerisch so gut war, aber rückblickend gehört’s doch zu den übelsten Sachen, die ich je gespielt habe…

BigBen
I, MANIAC
BigBen

Der zweite war sogar noch ganz ok,aber der dritte hatte mit der Serie nichts mehr gemeinsam (bis auf den Gewaltgrad).

greenwade
I, MANIAC
greenwade

es gibt einen zweiten teil auf der xbox und ein weiteren auf der 360.

Shoe Docker
I, MANIAC
Shoe Docker

Auf ein Remaster warte ich auch schon länger, war auf dem DC eines meiner Lieblinsgames…

BigBen
I, MANIAC
BigBen

Nach wie vor eines meiner Lieblingsspiele,das abseits der Gewaltdarstellung eine sehr gute Story und eine ausgiebige Singleplayer Kampagne bot,die durchaus neben guten Reflexen auch ein bisschen Hirn forderte und wirklich längst ein Remaster verdient hätte.