Akte BPjM – Bushido Blade

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Ein Entwicklerhaus, das für seine prächtigen Rollenspiele bekannt ist, wagt sich an ein Beat’em-Up, das sich Realismus auf die Fahnen schreibt. Weshalb taktischer Schwertkampf Bushido Blade mehr als fünf Jahre nach Erscheinen auf den Index beförderte und was fehlende Bildanzeigen damit zu tun haben, erfahrt Ihr in der Akte BPjM.

Bushido Blade

Entwickler: Square, Japan
Hersteller: Sony
System: PSone
Termin: 1997
Indizierungstermin: 31.01.2003
Indizierte Versionen: PSone
Index-Liste: A

Mit Bushido Blade wagt Square nach Tobal No. 1 einen weiteren ungewöhnlichen Ausflug ins Prügelgenre. Es gibt weder Lebensenergie noch aufladbare Leisten für Spezialattacken, dafür vielmehr drei Grundstellungen, die eine Vielzahl von Angriffen erlauben. Ziel ist es, dem Widersacher im richtigen Moment einen tödlichen Stoß zu versetzen, um den Kampf zu beenden. Angriffe gegen Gliedmaßen erleichtern das – ein versehrter Arm führt Waffen ungeschickt, ein angeschlagenes Bein ist träger. Ebenfalls nützlich in den acht gro­ßen Arealen sind Finessen wie Sand, um ihn Feinden ins Gesicht zu schleudern. Optional: Kämpfen in Ego-Perspektive.

»Die Eignung zur verrohenden Wirkung liege dabei in der Tatsache begründet, dass das Spielziel nur durch ständiges Töten von Menschen zu erreichen sei.« 

Auszüge aus der Indizierungs­entscheidung Nr. 6411 vom 7.1.2003

”Die Spielhandlung (…) hat die Tötung der (…) menschlichen Zweikampfgegner zum ­Mittelpunkt und Ziel, da ein Weiterkommen im Spiel zwingend das Anbringen eines finalen Todesstoßes voraussetzt. Der Einsatz der (…) Waffen und die Folgen (…) werden wirklichkeitsnah und detailliert in ­Szene gesetzt; die Anwendung der ­jeweiligen Waffe und die dazugehörigen Körper­reaktionen sind exakt aufeinander abgestimmt. Zuckende oder bewegungsunfähige Extremitäten, strauchelnde ­Körper, aus getroffenen Adern pulsierendes Blut und begleitende martialische Schreie sind die Folge. Der spielentscheidende Körpertreffer (…) wird in Zeit­lupe und aus einer anderen Kameraperspektive ­rekapituliert, was zu einer zusätzlichen Ästhetisierung des vermeintlichen ­’Gnadenstoßes’ führt. (…) Eine derartige Inszenierung brutaler und menschenvernich­tender Gewalt, die keinerlei Einhakpunkte zur ­Distanzierung bietet, sondern vielmehr zur bejahenden Anteilnahme am Gewalt­geschehen anhält, wirkt der Ausbildung von Empathie ­entgegen, einer emotionalen Fähigkeit, die im Kindes- und Jugendalter ausgebildet werden muss und eine ­wesentliche Grundlage für moralische Entscheidungen ­darstellt.
(…)
Eine Tatbestandserfüllung im Sinne des § 131 StGB ist nach Einschätzung der USK-Gutachter letztlich allein deshalb nicht gegeben, weil die Gewaltinszenierung auf eine detaillierte Schilderung von Einzelheiten der Gewaltauswirkung verzichte. So relativiere etwa die Pixelgröße den dargestellten Blutfluss, der Kopf werde nicht vom Rumpf­körper getrennt, obwohl dies Folge des Schlags sein müsste. Das 3er-Gremium der Bundesprüfstelle hat sich den Einschätzungen der USK-Gutachter uneingeschränkt ­angeschlossen.
(…)
Die Simulation von Gewaltfolgen durch ’Energiebalken’, der Einsatz realitäts­ferner ­’Feuerbälle’ und vergleichbarer fiktiver ’Super Specials’ (…) bieten aus Sicht des ­Jugendschutzes Einhakpunkte für eine Distanzierung vom Spielgeschehen, an denen es Bushido Blade so gut wie vollständig mangelt. Hieran ändert auch die ’Verbindlichkeit des (Bushido-)Ehrenkodex’ nichts, (…) zumal dieser in krassem Widerspruch zu einem Gros der Spielabläufe steht. So wird etwa das Hinterrücks-Angreifen (…), das in der Spielanleitung als unehrenhaft ausgewiesen wird, im weitaus überwiegenden Teil der Kampf-Modi nicht negativ sanktioniert.”

Als Bushido Blade erschien, war es ein äußerst innovativer Vertreter des Beat’em-Up-Genres und bis heute ist es der spielerisch wohl realistischste. Die Geschichte um die Ehre der Samurai verlangt, dass der Tod des Opponenten im Gegensatz zu den meisten Prügelspielen erstrebenswert ist. Gezieltes Töten von Menschen ist alleiniges Spielziel und wird durch den intimen Zweikampf noch personalisiert. Stehen geschlagene Widersacher in Street Fighter II schon in der nächsten Runde wieder auf oder zeigen nach dem Match ihre geschundenen Visagen, signalisieren hier Blutspritzer das Ende des Matches. Die Bundesprüfstelle stellt die Inszenierung als besonders gewaltgeprägt und wirklichkeitsnah heraus, relativiert diese Aussage aber schon im nächsten Absatz, wo es allerdings nur um die Voraussetzung zur Beschlagnahmung nach § 131 StGB geht, die Bushido Blade nicht erfüllt. Grafisch spektakulär und zeitgemäß war das Spiel schon damals nicht, das zwei Jahre ältere Soul Blade bot die hübscheren Schwertkämpfe, aber auch klassische Bildanzeigen und Energieleisten. Deren Abwesenheit wird ­Bushido Blade angekreidet, da so keine Distanzierung vom Spielgeschehen möglich sei. Erfahrungsgemäß könnten die Prüfer auch umgekehrt argumentieren und gerade solche Elemente als verharmlosend einstufen. Immerhin wird der Bushido-Ehrenkodex aus Anleitung und Story vom Prüfgremium bedacht – wenngleich es sich von dessen Umsetzung unbeeindruckt zeigt.

Du fragst Dich schon ewig, warum ein bestimmtes Spiel indiziert wurde? Dann schreib uns Deine Anregung an leserpost@maniac.de und wir gehen der Sache nach!

Takeda44
I, MANIAC
Takeda44

Bis heute mein Lieblings-Kampfspiel. Realismus geht einfach über alles beim Kampf! Hoffentlich gibt es irgendeinmal einen Nachfolger (auf PSOne gab’s ja einen 2. Teil).

Marc29101971
I, MANIAC
Marc29101971

Mir hat es Spaß gemacht trotz Verletzungen den Kampf mit nur einem Schwertstreich im richtigen Moment doch noch zu gewinnen.

AkiraTheMessiah
Gast

Soul Blade war damals eh das bessere Spiel .. somit habe ­Bushido Blade damals nicht vermisst.