Valiant Hearts: The Great War – im Test (PS4)

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Es ist kein Zufall, dass Ubisoft Valiant Hearts: The Great War genau jetzt veröffentlicht: Vor 100 Jahren fiel der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand am 28. Juni einem Attentat in Sarajevo zum Opfer, die Folgen gipfelten einen Monat später in der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien und damit im Beginn des Ersten Weltkriegs. Dieser forderte mit seinen zähen Stellungsgefechten bis 1918 10 Millionen Soldatenleben sowie 20 Millionen Verwundete und markierte die ersten Einsätze von Panzern und Massenvernichtungswaffen. Das Ego-Shooter-Genre meidet dieses Schreckensszenario bis auf wenige Ausnahmen, die Kämpfe waren einfach zu undynamisch. Valiant Hearts nähert sich dem Stoff mit Rätseln, verschiedenen ans Herz gehenden Charakteren und großartiger audiovisueller Präsentation. Kriegsspiele müssen eben nicht immer den Finger am Abzug haben, um zu begeistern.

Im Mittelpunkt steht das Schicksal Eurer Heldentruppe: Der alte Franzose Emile wird einberufen, sein Land zu verteidigen, sein Schwiegersohn Karl aus Frankreich ausgewiesen, weil er Deutscher ist und damit automatisch zum Feind avanciert. Der Amerikaner Freddie sinnt auf Rache an einem deutschen Offizier und meldet sich freiwillig, die Belgierin Anna sucht als Sanitäterin nach ihrem entführten Vater. Ihr begleitet die Charaktere auf ihren verschlungenen Pfaden durch das Chaos und erlebt sowohl heitere als auch traurige Momente, welche die Sinnlosigkeit des Kriegs geradezu fühlbar machen. Mehr wollen wir nicht verraten.

Die UbiArt-Framework-Engine zaubert derzeit mit Rayman Legends und Child of Light die schönsten Spiele der Branche auf die Mattscheibe und Valiant Hearts ist da keine Ausnahme. Fein gezeichnete Hintergründe, klobige Charaktere mit klischeebeladenen, landestypischen Merkmalen und stets verdeckter Augenpartie sowie eine angenehme Farbpalette machen den Ersten Weltkrieg zu einem Augenschmaus, dem man sich nicht entziehen kann. Anfangs dominieren noch frische Grün- und Blautöne: Der Krieg hat gerade erst begonnen und jede Nation ist sich sicher, ihn in kurzer Zeit siegreich beenden zu können. Nach und nach nehmen die Toten auf den Schlachtfeldern jedoch zu, die Jahre ziehen vorbei und schlammig braun-gelbe Erdtöne und das Giftgrün der Gasgranaten halten Einzug. Infoblätter zum Verlauf des Kriegs und Sammelgegenstände, deren jeweiliger Sinn auf den Schlachtfeldern textlich erläutert wird, laden immer wieder zum Unterbechen des Geschehens auf dem Bildschirm ein.

Auch im Sound steckt eine Menge Liebe zum Detail: Der Erzähler klingt sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch hervorragend, während die Charaktere selbst ein paar unzusammenhängende Sprachfetzen in der jeweiligen Landessprache von sich geben und Orchesterklänge die jeweilige Level-Stimmung untermalen. Toll gelungen ist die musikalische Unterstützung bei einer Handvoll Fahrpassagen, in denen klassische Stücke wie der Cancan von Jaques Offenbach oder der Hummelflug von Nikolai Rimski-Korsakow erklingen und den Takt der flott erscheinenden Hindernisse vorgeben, denen Ihr nach rechts und links ausweichen müsst. Eine gelungene Abwechslung zu den immer gleichen Hans-Zimmer-Schlachthymnen, welche normalerweise Kriegsspiele auszeichnen.

Wer Story und Präsentation keine Bedeutung in puncto Spielspaß beimisst, sollte von Valiant Hearts die Finger lassen. Nicht ohne Grund setzen wir in diesem Test die Beschreibung von Grafik und Sound vor die Spielmechanik. In jedem Level übernehmt Ihr die Kontrolle über einen festgelegten Helden, mal mit und mal ohne Sanitätshund Walt, der an für Menschen unzugänglichen Orten Gegenstände sucht und Hebel bewegt. Anna heilt Verwundete in simplen Rhythmus-Spielchen, Emile gräbt sich durch lockeres Erdreich, Freddie hantiert mit Sprengstoff und Karls Passagen zeichnen sich durch Schleicheinlagen aus. Jeder Level besteht aus einer Reihe von leichten bis moderaten Geschicklichkeits- und Rätseleinlagen, bei denen Ihr Gegenstände sammelt, Rohrleitungen schließt und Feindfeuer ausweicht. Das klappt alles problemlos, erfordert aber bis auf wenige Ausnahmen weder Geschick noch Hirnschmalz. Wer trotzdem festhängt, greift auf eine Spielhilfe zurück.

Rollen irgendwann die Credits über den Bildschirm, werdet Ihr Euch aber nicht an ein spezielles Puzzle erinnern, sondern an die Schicksale von Anna, Emile, Karl, Freddie und Walt, an tolle Kulissen und gute Musik, und hoffentlich ein bisschen mehr über ein Ereignis wissen, das im Geschichtsunterricht oft unterschlagen wird.

Kerstin Mayer meint: Valiant Hearts hat einige richtig starke Szenen: Zum Beispiel, wie Ihr als Kriegsgefangener bei völliger Finsternis aus einem Lager fliehen müsst, während die Umgebung nur alle paar Sekunden durch eine Leuchtkugel in fahles Licht getaucht wird. Oder wie Ihr beim Versuch, eine feindliche Stellung einzunehmen, von Graben zu Graben huscht gleichzeitig müsst Ihr MG-Salven ausweichen und mit ansehen, wie Kameraden rechts und links zu Boden gehen. Ich hätte lieber mehr solche Szenen und mehr vom Perspektivwechsel zwischen ”Freund“ und ”Feind“ erlebt und dafür auf die naive Nebengeschichte der Belgierin und Freddies konstruierte Fehde mit dem deutschen Baron verzichtet. Schön jedoch, mal wieder ein Kriegsspiel zu sehen, das sich dem Thema anders nähert, als ”Töte die bösen Nazis“ oder ”Töte die bösen Terroristen“. P.S.: Der Hund ist super.

Tobias Kujawa meint: Lasse ich mich bei Valiant Hearts von Grafik, Sound und Atmosphäre blenden? Vielleicht. Die Rätsel und die Gegenstände-Sucherei haben mich sicher nicht an den Bildschirm gefesselt. Aber ich wollte wissen, ob es Emile und Karl wieder nach Hause schaffen, ob Freddie seine Rache bekommt, ob Anna ihren Vater wiedersieht und ob Hund Walt überlebt. Mit Bildgewalt und sonorer Erzählstimme hat mich Valiant Hearts in den Bann des Ersten Weltkriegs geschlagen. Einerseits kein Wunder, schließlich schrieb ich meine Magisterarbeit über Erich Maria Remarques ”Im Westen nichts Neues”. Andererseits ist es einfach generell erfrischend, ein im Videospiele-Sektor unterrepräsentiertes Szenario zu erleben. Wer ein komplexes Spiel sucht, ist hier falsch. Wer ein Erlebnis sucht, schlägt zu.

Thomas Nickel meint: Als einfaches Adventure ist Valiant Hearts brauchbar, unterhaltsam und kurzweilig – hier ein Schalterrätsel lösen, dort einen Gegenstand benutzen, das geht schnell von der Hand und ist stets nachvollziehbar. Doch es ist der Inhalt, der Valiant Hearts zu etwas ganz Besonderem macht. Bisher hat kein Spiel so eindringlich die Sinnlosigkeit und Idiotie des Kriegs dargestellt. Der Weg von der wahnwitzigen Euphorie bei der Mobilmachung zur grausamen Realität des Grabenkampfs ist eindringlich dargestellt, die realen Fakten sind hervorragend mit der fiktionalen Handlung des Spiels verwoben. Das alles macht Valiant Hearts zur besten interaktiven Geschichtsstunde, die man sich vorstellen kann – spannend, nachdenklich und kein bisschen dröge.

+ inhaltlich guter und tiefsinniger Umgang mit dem Thema Krieg
+ audiovisuelle Präsentation top
+ frisches Szenario

– Rätsel und Geschicklichkeitseinlagen erfordern kaum Können
– manche Hol-und-Bringaufgaben ziehen sich zu sehr in die Länge

Wunderschönes Adventure mit Rätseln, das von der Atmosphäre lebt.

Singleplayer9
Multiplayer
Grafik
Sound
Tommo
I, MANIAC
Tommo

[quote=GaiusZero]

Hab das Spiel heute runtergeladen. Ein einfacher Puzzler mit viel Herz, sympatischen Charakteren und ner tollen Präsentation. 15€ sind da aber echt die Schmerzgrenze.

[/quote]Dafür stimmt der Umfang. Das mit dem viel Herz kann ich nur bestätigen. Besonders wenn man mit Anna spielt und die Gegner versorgt.

John Spartan
I, MANIAC
John Spartan

Darauf bin ich extrem gespannt.Die Rätsel sind mir ehrlich gesagt vollkommen egal. The Walking Dead beweist ja auch, dass eine gute Geschichte allein ausreichen kann, um einen bei der Stange zu halten.

GaiusZero
I, MANIAC
GaiusZero

Hab das Spiel heute runtergeladen. Ein einfacher Puzzler mit viel Herz, sympatischen Charakteren und ner tollen Präsentation. 15€ sind da aber echt die Schmerzgrenze.

Seifenfilter
I, MANIAC
Seifenfilter

[quote=Seska1973]

Wer kann sich an diese Serie erinnern, wo es unseren Körper darstellt als Zeichentrick?

[/quote]“”Das Leben”” aus der Reihe “”Es war einmal…””http://vimeo.com/75742261

Grossmeister B
I, MANIAC
Grossmeister B

Ich hatte mich schon gefreut, weil ich aus Versehen “”Vandal Hearts”” gelesen hatte…

Seska1973
I, MANIAC
Seska1973

Ich sage einfach mal, die Franzosen haben den Europäischen Markt sein einigen Manga und Anime Stil aufgedrückt, und ich fand oder finde es Super. Die beliefern nicht nur die Kinder (Wer kann sich an diese Serie erinnern, wo es unseren Körper darstellt als Zeichentrick? und das MMO Wafu) sondern auch Erwachsende (Vallerie und Valleriqe oder so, Zeitagenten)Bitte mehr davon. Europa kennt Naruto und co., wird Zeit das es auch die Französischen Helden kennenlernt