M! Cast – Politik in Videospielen

17
1186

Dieses Mal packt der M! Cast ein ganz heißes Eisen an: Politik in Videospielen. Welche politischen Botschaften stecken in unseren Lieblingsgames? Und sollten Spiele politischer werden?

Um diese Fragen zu beantworten, hat Lennard zwei Polit-Profis eingeladen: Eugen Pfister ist Gameswissenschaftler und untersucht in seinem Blog Horror-Game-Politics die ideologischen Motive in Gruselspielen wie Alien: Isolation oder The Last of Us.

Wolfgang Walk ist Videospielentwickler und hat unter anderem an Titeln wie Die Siedler II und Battle Isle: The Andosia War gearbeitet. Außerdem war er lange Zeit Teil des Videospiel-Podcasts “The Pod”, wo er sich in seiner Kolumne “Wortreich” mit politischen Entwicklungen in der Spielebranche beschäftigt hat.

Gemeinsam plaudern die drei über Spiele wie The Division, Skyrim oder Watch Dogs: Legion und diskutieren woher die Abwehrhaltung gegenüber politischen Games kommt.

Hier ist der erwähnte Text von Wolfgang zu finden.

Und falls wer nicht sehen, sondern lieber nur hören möchte: Eine MP3-Fassung der Plauderei könnt Ihr hier herunterladen. Einen Feed gibt es noch nicht, denn gut Ding usw.

neuste älteste
MadMacs
I, MANIAC
MadMacs

Wenn ich zocke, will ich nur spielen und nicht auch noch unterschwellig mit Politik und Genderwahnsinn zugemüllt werden. Warum sollten gerade Designer und Programmierer geeignet sein so etwas anzustoßen? Auch will ich das keinesfalls aus amerikanischer oder chinesischer Sichtweise serviert bekommen.

Wenn ich mich über Politik informieren will, greife ich definitiv zu anderen Medien. Liegt vielleicht auch am Alter. Bin halt kein Millennial oder GenZ.

Ein Egoshooter aus deutscher Sichtweise würde mich da schon eher interessieren.

Gast

Die Frage, die sich mir stellt, ist eher: In Welcher Form dürfen politische Themen in Spielen vorkommen? In vielen Fällen tun sie das ja – also vorkommen -, weil man allein schon grundsätzliche Abläufe der Realität abbildet, auch in reinen Fantasy-Spielen gibt es so “Arme” und “Reiche”.

Grundsätzlich habe ich nichts dagegen, wenn es denn
a) nicht mit dem Holzhammer ist
b) im Setting sinnvoll eingebunden ist

a) erklärt sich ja von selbst. Wenn mir wer seine politische Agenda aufrücken möchte, dann bin ich ganz schnell raus, selbst wenn es dein meine eigenen Ansichten vertritt.

b) ist leider oft genug das große Problem. Da wird dann mal eine Figur eben z.B. als lesbisch/schwul erklärt, dieser Umstand/Fakt hat dann aber absolut keinen Einfluss im Spiel selbst. Das ist wie Ernie und Bert als Homusexuell erklären zu lassen, obwohl es Puppen einer Kinderserie sind, die keinerlei Bezug zu sexuellen Themen hat und bei dem der Charakter der Figuren eher kindlich angelegt ist.
Lassen die Entwickler jedoch das Spiel, meistens ist das dann ja erzählungsgetriebene Gameplay, um diese Themen kreisen, richten es auch themantisch darauf aus und vermeiden dann a), finde ich das sehr spannend und interessant.

Ubisoft ist übrigens einer der Hauptschuldigen, die gerne zwar “vouge” Trends mitmachen wollen, dabei aber den wEg des geringsten Wiederstandes wählen. Auftritt: Assassins Creed!
Die Serie spielt hauptsächlich in historischen Settings, schert sich aber oft genug einen Dreck darum, was das für bestimmte Personengruppen bedeuten würde. Dass man Piraten als Helden darstellt ist da noch ein ganz anderes Kapitel. Es geht mir hier eher um die weiblichen Protragonistinnen. Ab Syndicate hat das Geschlecht und Orientierung aller Figuren KEINERLEI Auswirkung auf die Geschichte. Jeder kann alles machen und auch bei den Gegnern sind Frauen genauso gleichberechtigt vertreten, wie Männer. Das ist nicht nur Geschichtsverfälschung sondern nimmt auch enormes Potential aus dem Gameplay. Evy in Syndicate kann sich überall in London genauso frei bewegen, wie ihr Bruder Jacob. Cassandra in Odyssey ist eine Kriegerin und von denen wimmelt es in der griechischen Antike … ähm … ja … NEIN!!!
In dem massiv übersehenen Liberation spielt man nicht nur eine Frau, sondern gleich noch eine gemischtrassige Person in den Südstaaten während des Siebenjährigen Krieges. Auch hier geht man den leichten Weg, aber zumindest gibt es bestimmte Abschnitte, in denen man auf die Besonderheit des Charakters eingeht, so dass man sich als Sklavin unentdeckt bewegen kann … das konnten Skalven doch … oder?

Kurzgefasst: Das politische Potential eines Spiels sollte neutral ohne Beschönigungen oder Verteufelungen dargestellt werden.

RYU
I, MANIAC
RYU

Kommt drauf an wieviel Stellung man als Spieler beziehen darf, und wieviel vom Entwickler gewollt und im Bereich des möglichen umzusetzen ist.

Ganz klassich sind hier Shooter, wo man sich bspw im WW2-Szenario für eine Seite eines Landes entscheiden kann. Natürlich befindet sich hier ganz klassisch der Spieler fast immer auf der nicht-deutschen Seite wieder, wo man endlich den Naziz das geben was sie verdienen. Und doch spielen viele im MP gerne die Deutschen. Auch höre ich in Foren das man auch im SP gerne auf eben dieser Seite mal spielen würde – denn der einfache Soldat hat damals ja auch nur gemacht was ihm gesagt wurde, wieso dies also nicht in einer Story mal erzählen? Tja, schwieriges Thema, soll ja nicht verharmlost werden.

Auch ein Cyberpunk hätte hier alle drei Schichten der Bevölkerung den Spieler hätte erleben, und ihn dort mit all den getroffenen Entscheidungen hätte leben lassen können. Wie sie es ja eigentlich vorhatten, statt das (wie dort auch die anderen Themen) nur (anfangs) kurz anzukratzen. Könnte halt auch polarisieren.

Entscheidungen in Spielen treffen ist, wenn sie gut gemacht sind (und du ja auch ansprichst), schon die beste Form mit diesem Thema sich wirklich auseinander zu setzen – wohlgemerkt als Entwickler. Wenn dieser aber nur eine Story wiedergeben will, ohne daraus vielleicht gar ein Mammutprojekt hochzuzüchten, wird eben genau das schwer. Doch wenn man sich eben nicht entscheiden kann, man mitten im Spiel aber eben mit der Story-Sicht des Entwicklers konfrontiert wird, aber sich eben nicht so entschieden hätte,… dann ist es doch zumindest klar das Spieler sowas in einem Videospiel weniger begrüßen (sollte man es vor dem Spiel bspw. nicht einmal wissen).

Le_Fuldo_X
Gast

Brutal sensibles Thema.

Ich werde dabei immer wieder selbst hinterfragt, wenn ich was entscheiden muss.
Im Spiel ist es einfach, da es keine realen Konsequenzen hat. Gleichzeitig wird mir aber bewusst, was es für Folgen hat.
Bei Spielen, die von meiner Entscheidung abhängig sind, entscheide ich mich automatisch für humanistische Werte, die mir wichtig sind. Aber ich weiss, dass diese von der Erziehung geprägt sind. Ist das gut? Wie sähe es aus, wenn ich andere Werte erfahren hätte?

Vorteil: Ich mache mir Gedanken darüber.
Fazit: Grossartig, ich kann unterscheiden.

Hinterkopf-Sorgenschublade: Tencit! Was bleibt übrig vom differenzierten Bewusstsein?

Brutal sensibel das Ganze…

In meiner Realität sehe ich die Unterschiede, gleichzeitig habe ich Angst um deren Beschränkung durch gegenwärtige Medien.

Bearbeiteter Nachtrag:
Solange man sich dem bewusst ist, kann man auch verständnisvoll versuchen, die anderen Seiten zu verstehen. Traurig aber, dass aus ökonomischer Sicht die soziale Komponente keine Bedeutung hat.

ChrisKong
I, MANIAC
ChrisKong

Far Cry 6 nicht gespielt. Kann dazu also nichts sagen. Far Cry 4 ist hingegen ein gutes Beispiel für sowas, da man da tatsächlich politische Entscheidungen trifft und auch dem Dilemma ausgesetzt ist, das kleinere von beiden Übeln wählen zu müssen.

Was the Last of Us angeht, würde es der Narration nicht entsprechen, dass man zu viel entscheidet, weil die ganze Inszenierung darauf ausgelegt ist, in der gewünschten Erkenntnis zu kulminieren. Und die Dramaturgie gibt das dort nicht wirklich her. Hat mich zu anfangs auch gestört, aber schlussendlich will ND eine Geschichte so erzählen und dem Spieler gar nicht die Entscheidung überlassen, nur vorführen, wohin eine Entscheidung führen kann.

Um noch ein drittes Beispiel für ein Spiel mit politischen Dimensionen zu bringen, wo Entscheidung massgebend ist, wäre Fallout 4 ein geeigneter Kandidat. Die einzelnen Parteien verfolgen eigene Ziele auf ihre eigene Weise und man kann sehr lange allen Seiten zudienen, entscheidet sich dann aber für eine und die Entscheidung ist dann dauerhaft.

Der Rezipient ist hierbei nicht aus der Gleichung zu nehmen, da es eine Sache ist, politische Dimensionen einzubauen, aber eine andere, ob diese einen Einfluss darauf haben, wie man den Spielablauf gestaltet. Das wiederum erfordert auch ein Stück weit Selbstreflexion und eine Form spielerischer Konsequenz. In Spielen, in denen man klar ambivalent mit der Umwelt agiert, versuche ich da meist schon recht konsequent zu sein. Infamous forciert das z.B., indem der Spielfortschritt oder der der Figur davon abhängt, wie stark man sich welcher Seite zuwendet.

Lennard Willms
Autor

@chriskong “Definiere mal Politik in Spielen.”

Politik ist alles, was die öffentliche Meinung und den Zeitgeist beeinflusst. Deswegen ist nicht nur ein Politik-Simulator wie das von mir erwähnte “Suzerain” politisch, sondern auch “Far Cry”, “Call of Duty” und Co.

“Geht es nur darum, politische Themen zu streifen [oder] politische Entscheidungen in einem Spiel zu treffen?”

Ich würde sagen, sowohl als auch. Ein Beispiel: “The Last of Us II” behandelt politische Themen wie Homosexualität und Transidentität in seiner Story, genauso ist aber auch das generelle Szenario politisch.

Es folgen SPOILER:

Ellies und Joels Gemeinde von Überlebenden zu Beginn des Spiels ist ein Abbild unserer Gesellschaft. Die Entscheidung, das Ellie auf diesen Selbstjustiz-Rache-Trip loszieht ist eine politische. Da stecken Themen drin wie die Legitimität von Todesstrafe, gesellschaftliche Machtverteilung, wer darf richten etc. Wir sehen eine Gesellschaft, die nicht in der Lage war, Joel zu schützen oder die Täter zu bestrafen – deswegen muss Ellie es selber tun. Das ist ein ohnmächtiger “Staat”.

Jetzt die politische Entscheidung: Erstmal muss man TLOU da loben, weil es ja sogar beide Seiten spielbar macht und auf diese Weise zwei Positionen zum selben Mord erfahrbar. Es gibt auch Joels Entscheidung aus Teil eins, die Gesellschaft für Ellie zu opfern, einen neuen Kontext, weil wir nun mit Abby sehen, welches Leid so ein Egoismus anderswo auslöst. In dieser Hinsicht kann ich politische Auswirkungen hier durchaus erfahren.

Meine Entscheidungsfreiheit ist am Ende des Spiels aber z. B. eingeschränkt: Im finalen Kampf zwischen Abby und Ellie kann ich mich nicht entscheiden. Da sagt das Spiel mir, dass Ellie einen Sinneswandel hatte, und Abby im letzten Messerkampf nicht umbringt. Da wäre es z. B. politisch mutiger gewesen mich hier selbst eine Position einnehmen zu lassen. Hat Ellies Verhalten auch in mir einen Sinneswandel ausgelöst? Kann ich das, was sie das Spiel über getan hat noch gutheißen? Ihre politische Überzeugung noch gutheißen? Will ich Abby (immer noch) umbringen? Hier nimmt mir das Spiel die Entscheidung ab.

Das ist jetzt Meckern auf hohem Niveau, weil ich mir ja trotzdem all diese Fragen stelle. In TLOU kann ich schon viele davon ausspielen und mich politisch-moralisch zu ihnen positionieren. Das ist in den meisten anderen Spielen nicht so. “Far Cry 6” beginnt mit dem Szenario von Flüchtlingen die von der Regierung verfolgt werden, bietet danach aber nur dieselbe Schießbude wie immer. Da ist das politische Szenario eher Fassade.

D00M82
Moderator
D00M82

Zuletzt sind mir politische Themen eher bei Tales of Arise ins Auge gesprungen.

ChrisKong
I, MANIAC
ChrisKong

Was das Treffen von Entscheidungen geht mit spielrelevanter Konsequenz, da fällt mir Terranigma auf dem SNES ein. In der einen Stadt kann man sich entscheiden, welchen Bürgermeister unterstützt und wird im Vorfeld auf die unterschiedlichen Denkweisen hingewiesen, konservativ oder eher neoliberal. Je nach Entscheidung wächst die Stadt oder auch nicht.

ChrisKong
I, MANIAC
ChrisKong

Definiere mal Politik in Spielen. Bezw. wie soll Politik spielbar gemacht werden? Geht es nur darum, politische Themen zu streifen, politische Entscheidungen in einem Spiel zu treffen? Die Frage ist, ob da überhaupt mehr als Oberflächlichkeit möglich ist, denn Politik wird je nach Land total unterschiedlich gelebt und auch verstanden. Insofern würde so ein Spiel vermutlich eher regional funktionieren, wenn es um reine Politmechanismen des Alltags geht. Ist es generell und allgemeingehalten, bleibt es höchstwahrscheinlich oberflächlich.

captain carot
I, MANIAC
captain carot

Es gibt Titel, die ‘verstecken’ Politik ja durchaus. Wenn man sich z.B. Halo anguckt, dann ist die UN schon längst ein militaristisches Regime, die Covenant religiöse Fanatiker, es gibt Kindersoldaten (trifft auf Spartans zweiter und dritter Generation zu) und so einiges mehr.

Völkermord, Rassismus, Sklaverei… haben schon diverse RPG’s unter anderem von Bioware und Bethesda thematisiert und The Outer Worlds präsentiert uns, wenn auch mit viel schwarzem Humor, den Ausbeutungskapitalismus des 19. Jahrhunderts im SciFi Gewand.

Lennard Willms
Autor

Ich für meinen Teil würde mir mehr politische Spiele wünschen. Wir kommen ja während des Podcasts immer wieder darauf, dass diese scharfe Trennung “Ich möchte nicht, dass Politik in meinen Spielen auftaucht.” eigentlich nicht möglich ist, sofern wir nicht gerade von Tetris oder Super Mario reden (und selbst die lassen sich ja noch politisch lesen). Mich verärgert es vor allem, dass Spiele sich im Marketing immer so gerne politische Relevanz andichten, oder sich von echten politischen Szenarien inspirieren lassen (Watch Dogs Legion, The Division, Call of Duty), Dann aber so wenig Interesse daran haben, diese Szenarien dann auch wirklich mal zu untersuchen. Es bleibt alles immer sehr oberflächlich. Damit will ich nicht sagen, dass es reinen Eskapismus nicht auch geben sollte – man kann ja sowohl Rambo als auch Full Metal Jacket machen -, aber aktuell überwiegt die Rambo-Fraktion stark. Mir stößt vor allem auf, dass “Politik in Spielen” immer gleich gelesen wird als “weniger Spaß in Spielen”, weil ich glaube, dass es durchaus spaßig sein kann, politische Ideen spielbar zu machen. Diese Angst vor dem Politischen macht Spiele teilweise sogar langweiliger und es freut mich, dass sie langsam weniger wird.

Max Snake
I, MANIAC
Max Snake

Ist eine schmale Grat. Bei Fantasy und Sci – Fi Szenarien wird es ja funktionieren, da solche Themen aufgreifen kann. Beim Ego – Shooter wie Medal of Honor (2010) in eine reale Konflikt mit reinste Propaganda geht es zu zweit.

Für mich ist Politik eine schwierig Thema und ungern im Forum zu schreiben.

Es darf keine Botschaft von Rassismus, Antisemitismus zeigen.

The-Boy-Who-Lived
I, MANIAC
The-Boy-Who-Lived

@daddler ?

Daddler
I, MANIAC
Daddler

Ich stimme dem “lebenden Jungen” 😉 in vielen Punkten zu und kann mir daher einen längeren Kommentar sparen. Generell finde ich eben auch, dass Politik in Spielen nichts zu suchen haben sollte. Tagesschau, Tageszeitungen und Internet “bombardieren” uns schon genug mit Politik. Da brauche ich sowas nicht auch in Videospielen. Ich will dort in Fantasy Welten eintauchen, mehr nicht.

The-Boy-Who-Lived
I, MANIAC
The-Boy-Who-Lived

Ich habe bereits vor ein paar Tagen überlegt, wie ich zu diesem Thema stehe und ob ich es gutheiße, wenn Entwickler eine Art politische Agenda einbauen.
Generell sage ich, das Politik oder politische Ansichten in Videospielen möglichst vermieden werden sollten. Ich zocke einfach nicht, damit mir irgendjemand offensichtlich oder unterschwellig Botschaften vermittelt oder zeigen will, was richtig und falsch ist (zumal jeder, egal ob der kleine Verbraucher, der das Spiel am Ende zockt, oder großes Studio, denkt, er würde wissen, wie es abzulaufen hat).
Ja, mit Politik sollte man sich beschäftigen und sich auch damit auseinandersetzen, gerade weil man doch auch im Optimalfall mitreden und -entscheiden möchte.
Jedoch neigen die einen Ansichten einer Politik eines Landes, oftmals politische Systeme anderer Länder als schlecht, veraltet oder undemokratisch darzustellen.
Dadurch, dass auf der ganzen Welt politische Werte und deren Umsetzungen überall anders priorisiert werden, meint jedes Land für sich, es wüsste es besser als andere und sowieso schaut man gerne auf die Fehler derer.
Da ist der Westen der Welt mit Amerika und großen Teilen Europas ein Paradebeispiel an “auf andere herabsehen und verurteilen”.
Für mich ist das Thema zu groß, weitreichend und zieht sowieso einen zu langen Schwanz nach sich, der beachtet werden möchte.

Wo ich ganz klar dagegen bin, ist der Standpunkt, der ganz am Anfang auch bei euch erwähnt wird: Politik ist zwar allgegenwertig, jedoch sollte sich ein Mensch nicht non-stop damit beschäftigen, noch konfrontiert werden (müssen). So etwas kann auf längere Hinsicht eine psychische Belastung werden oder zu Frustration, Resignation führen. Ich erlebe das selbst regelmäßig und habe das schon oft genug mitbekommen, dass Mitmenschen im besten Fall unzufrieden und wütend wurden, sei es, weil sie das Gefühl haben, nichts erzielen zu können, oder das weltpolitische Geschehen, bspw. beim Umweltschutz, der Verteilung von Ressourcen oder der Geichberechtigung von Ethnien, düster aussieht.
Gerade Glasgow war erst wieder durchwachsen und an einigen Stellen ein Reinfall.
Im schlimmsten Fall zerrt diese Unzufriedenheit und Konfrontation so sehr an den Nerven, dass man einfach nur noch müde und deprimiert ist, wenn man sich damit zu lange beschäftigt. Ich räum mir dafür vielleicht zwei Stunden am Tag ein, was mir immer mal wieder reicht.
Ja, Politik ist allgegenwärtig, sollte jedoch nicht die Lebensaufgabe des Menschen sein. Es gibt Wege und Mittel, mit denen kann ein einzelner Mensch maximal die Welt verbessern und alles andere eher in einem Kollektiv oder in einer anderen Stellung.
Zwar gibt es auch gute Dinge, die auf der Welt passieren, entweder jedoch weniger in den Bereichen, die wirklich Handlungsbedarf sehen, oder doch in den Bereichen, aber mit einem Schritt vor und zwei zurück.

Man sieht, das Ganze ist so facettenreich und hängt von so vielen menschengemachten/menschlichen Faktoren ab. Um jetzt den Bogen zurück zur Videospielwelt zu bekommen: Politik ist ja auch stark von Werten geprägt, bei denen man sich einig ist, dass diese den Großteil der Menschheit betreffen und vertreten. Miteinander fördern, Leben schützen und achten, Chancengleichheiten und das Anrecht auf so etwas banales wie geliebt zu werden oder zu lieben, sind Dinge, nach denen jeder Mensch streben sollte, ganz egal, in welchem Land er sitzt. Diese liegen zu großen Teilen in der Natur des Menschen und sind unabhängig von der Politik mit Hampelmännern an vorderster Front, von denen jeder sich immer mal wieder aufspielt wie ein Pavian, Ziele eines jeden Einzelnen.

Dementsprechend sind das Motive, die in irgendeiner Art und Weise schon längst Einzug in die Videospielgeschichte erhalten haben und bei denen ich das wünschenswert finde.

Wovon ich Abstand nehme, ist direkte Parallelen zur Realität zu schaffen oder diese so zu verändern, bis sie mir passt. Beispielsweise der Ami, der Angst vor dem großen bösen China hat, nicht mehr der Platzhirsch sein kann und jedes Mal erwähnen muss: It is never a good bet to bet against America.
2011 war Homefront ja auch so ein Kandidat, nur eben mit Nordkorea, wobei dort die Fragwürdigkeit Jong-un’s – nun ja – außer Frage stand.

Letztendlich tauche ich zu einem gewissen Maß auch in Videospielwelten ein, um Abstand zur Realität zu gewinnen und diese für einen Moment zu vergessen. Dystopien und Utopien arbeiten zwar mit momentanen Befürchtungen/Wünschen, stellen jedoch eher ein “Was wäre wenn?”-Konstrukt dar mit manchmal bitterem Beigeschmack, und solange sie nicht mit den stereotypischen “realen” Bösen arbeiten und die Möglichkeit zu einer recht freien Interpretation wahren, spricht da für mich grundsätzlich nichts dagegen.

Wie man sehen kann, fließt in dieses Thema zu viel ein, was beachtet werden will und das Alles kann wiederum so unterschiedlich gewertet werden, dass ich mich jetzt schon frage, ob ich dieses Mammut-Thema überhaupt hätte anreißen sollen. Und wenn ich schon selbst den Nutzen dahinter missbillige und teilweise gutheiße und mit dadurch klar wird, wie zweischneidig das Schwert ist, bin ich nicht davon überzeugt, dass die Videospielwelt das in diesem Maß vermitteln sollte.

Mehr gibt’s von mir nicht, ich lass’ das mal so (wenig überzeugt) stehen.

HansTest
Mitglied
HansTest

an der extrem zwiegespaltenen (US-)Politik-Diskussion möchte ich eigentlich beim entspannten Zocken nicht unbedingt teilnehmen

Lennard Willms
Autor

Hattet Ihr schon mal das Gefühl, das ein Titel politische Themen umschifft oder Euch nicht die Möglichkeit gibt in der Story Stellung zu beziehen? Sind Euch Spiele zu (un)politisch?